Essen lehnt medizinische Untersuchung junger Flüchtlinge ab
Essens Sozialdezernent Peter Renzel lehnt medizinische Untersuchungen zur Altersfeststellung junger Flüchtlinge ab. Die Tests seien nicht exakt.
Land trägt die Kosten für die minderjährigen Flüchtlinge

Herr Renzel, wie hoch sind die Gesamtkosten für die derzeit 420 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Essen, wer trägt sie?



Die Durchschnittskosten lagen im Dezember bei 150 Euro pro Tag [also 4500 Euro im Monat], inklusive Bekleidung, Taschengeld etc. 2017 wurden insgesamt 22,9 Millionen Euro ausgegeben. Vom Land erhalten wir für die Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge volle Kostenerstattung. Grundsätzlich fallen für einen jungen Flüchtling die gleichen Kosten an wie für einen deutschen Jugendlichen, der in einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe lebt. Einziger Unterschied ist die Sprachbarriere, die Dolmetscher nötig macht. Diese Kosten trägt der Landschaftsverband Rheinland.
Sozialarbeiter befragen die Neuankömmlinge

Wie läuft die Altersfeststellung durch das Essener Jugendamt?


Die Inaugenscheinnahme durch die Fachgruppe erfolgt stets durch zwei erfahrene Fachkräfte (Sozialarbeiter) unter Hinzuziehung eines Dolmetschers. Neben den Personalien fragen wir nach Herkunftsfamilie, Lebenssituation im Heimatland, schulischem und beruflichem Werdegang sowie nach dem gesundheitlichen Zustand. Bei der Fluchtgeschichte fragen wir nach dem jeweiligen Alter und Jahr etwa bei der Einschulung, beim Schulabschluss und zu Beginn der Flucht. Sowie nach der Dauer des Aufenthalts in Transitländern.
Die Flucht lässt manchen Jugendlichen äußerlich altern

Welche Rolle spielt das Äußere?


Neben möglichen Stirnfalten, Bartwuchs und Körperbau ist auch das Aussehen der Hände ausschlaggebend. Auch graue Haare und Geheimratsecken werden berücksichtigt: Es kam in der Vergangenheit jedoch vor, dass selbst Minderjährige, die sich durch eine Geburtsurkunde ausweisen konnten, nach einer langen, traumatischen Flucht leicht ergraut waren. Auch Gesichtszüge waren teils verhärtet.
Wie geht es dann weiter?


Eine qualifizierte Inaugenscheinnahme dauert etwa eine Stunde. Der Befragte unterschreibt dann auf dem Dokumentationsbogen, dass die von ihm getätigten Angaben der Wahrheit entsprechen.

Und:

... seit November 2015 hatten wir fünf Zweifelsfälle.
Außerdem:

Zudem ist jede der Untersuchungen wegen der Röntgenstrahlen ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der jungen Menschen, für die keine medizinische Indikation vorliegt.
Deswegen überprüfen (in Zweifelsfällen) Sozialarbeiter der Behörde Sozialarbeiter der Behörde ....

Wir haben darum bei den Zweifelsfällen eine zweite Inaugenscheinnahme von zwei anderen Kolleginnen machen lassen – diese bestätigte in diesen Fällen die erste Einschätzung.
als Ersatz für eine medizinische Altersfeststellung ....und...
kommen natürlich zum gleichen Ergebnis.

Es läuft sehr gut:

Die Integration läuft nach hiesiger Einschätzung sehr gut. Es gibt Einzelfälle, in denen Jugendliche straffällig geworden sind, wobei es sich in der Regel um kleinere Diebstähle und Schwarzfahren handelte. Einzelne Jugendliche wurden in Bezug auf Drogendelikte auffällig; hier wird eng mit der Jugendgerichtshilfe kooperiert. Intensivstraftäter gibt es bei den von uns betreuten Jugendlichen bisher nicht.
Mehrere Kapitel übersprungen liest man dieses:

Nur wenige werden straffällig - meist als Schwarzfahrer

Geändert habe sich in jüngster Zeit die Zusammensetzung der Bewohner: Kamen anfangs die meisten aus Afghanistan und Syrien, stammen nun viele aus afrikanischen Ländern wie Guinea oder Somalia
...Auch straffällig sei kaum ein Junge geworden, „und dann ging es meist ums Schwarzfahren“, sagt Alina Terörde.
Und zu allerletzt das letzte Argument als Plädoyer:

Es sei nicht immer alles „heile Welt“, räumt SKF-Geschäftsführer Hermans ein. Doch das gegenwärtige Misstrauen gegenüber jungen Flüchtlingen hält er für völlig übertrieben: „Selbst wenn fünf Prozent volljährig sein sollten, profitieren auch sie von der intensiven Betreuung. Das verursacht vielleicht im Moment mehr Kosten, als wenn sie in einer Flüchtlingsunterkunft sitzen. In der Zukunft nutzt es ihnen und der Gesellschaft gewiss mehr, wenn sie gut integriert werden.
https://www.waz.de/politik/essen-leh...213133389.html