Ein Artikel der Extraklasse mit voraussehbaren, überraschenden Details (dies war präzise formuliert).

Für diejenigen, die noch nicht wissen, was Arbeitgebern blüht, die Flüchtlinge beschäftigen: In den Praktikazeiten bekommen sie Flüchtlinge umsonst und die Bundesagentur für Arbeit finanziert diese Praktika aus den Beiträgen der Arbeitslosengeldversicherung. Wird der Flüchtling in ein Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis übernommen, so zahlt die Bundesagentur für Arbeit ebenfalls aus dem Topfe der Arbeitslosengeldversicherung dem Arbeitgeber die Hälfte des Lohnes und weitere integrationsspezifische Leistungen. Zusätzlich erhält der Arbeitgeber bei Ausschreibungen der Öffentlichen Hand gerne den Zuschlag.

Nach dieser langen Exkursion aber nun zum Artikel:

Arbeitgeber aus Jena geschockt: Afghanischer Flüchtling soll abgeschoben werden
In den Flüchtling Wasiri Rezwan hat die Firma Jenaer Feinblech große Hoffnungen gesetzt. Nun soll er innerhalb von 30 Tagen das Land verlassen. Sein Chef, Thomas Bachmann, ist fassungslos, denn der junge Mann wurde mit vergleichsweise großem Bahnhof bei ihm begrüßt.
Jena. Seit anderthalb Jahren unterstützt das Unternehmen den jungen Mann, begleitete ihn beim Sprachkurs, ermöglichte ihm ein Praktikum und seit Herbst eine Berufsausbildung. Nun soll er innerhalb von 30 Tagen das Land verlassen. Sein Chef, Thomas Bachmann, ist fassungslos, denn der junge Mann wurde mit vergleichsweise großem Bahnhof bei ihm begrüßt. Bundesarbeitsagentur-Vorstand Raimund Becker aus Nürnberg und der örtliche CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Weiler schüttelten ihm persönlich die Hand, und die Überschrift in der Zeitung hieß: „Wasiri als Fachkraft von übermorgen.“ Er wurde als Positivbeispiel genannt für die zumeist sehr langwierige .Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt.
Dazwischen kam jetzt der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aus Mannheim. Der Bescheid liegt der Zeitung vor. Die Behörde hat den Asylantrag von Wasiri Rezwan abgelehnt und ihn aufgefordert, innerhalb von 30 Tagen die Bundesrepublik zu verlassen. Sollte er die Ausreisefrist nicht einhalten, erfolge eine Abschiebung nach Afghanistan.
Wir kommen zum Höhepunkt:

Laut Bundesamt fehlt der Verfolgungsgrund
Der junge Mann hatte im Asylverfahren im Wesentlichen vorgetragen, er sei in Gefahr, weil er durch eine andere Familie verfolgt werde. Er habe um die Hand der Tochter angehalten, was das Familienoberhaupt, einen örtlichen Kommandanten, sehr verärgert habe. Das Bundesamt schätzt ein, dass diese Darstellung, keine flüchtlingsrechtlich relevanten Merkmale besitzt, denn es fehle der Verfolgungsgrund.
Die Sorge Rezwans, er könne überall im Land von der Familie gefunden werden, erschien dem Bundesamt nicht nachvollziehbar, da es in Afghanistan keine Meldepflicht gebe. Wasiri Rezwan hatte seinerzeit gegenüber der Zeitung gesagt: „Die Arbeit hier ist sehr gut. Ich freue mich zu arbeiten“. Über seine Flucht hatte er gesagt, dass er in Afghanistan bedroht und auch beschossen worden sei.
Thomas Bachmann spricht von einem Schock, den die Nachricht von der Abschiebung ausgelöst habe. „Ich bitte die Zeitung, diese Entwicklung als Pressemitteilung zu veröffentlichen, damit auch jedes Unternehmen klar erkennen kann, was von den vollmundigen Zusagen der Politik zu halten ist“. sagt der Firmenchef. Er habe gegenüber der Politik immer darauf hingewiesen, dass sich der Aufwand einer Ausbildung nur lohne, wenn für seine Firma - und somit sicher auch für alle anderen Firmen - Planungssicherheit besteht, dass die Menschen dann dauerhaft bleiben können, zumindest aber ihre Ausbildung abschließen und noch ein paar Jahre danach im Unternehmen arbeiten können. „Wir hören tagein, tagaus, dass Fachkräfte in unserem Land .fehlen“. Kümmere sich ein Unternehmen dann, wie er es tue, würde es von den Behörden alleine gelassen, so Bachmann.
In der Rechtsbehelfsbelehrung weist das Bundesamt darauf hin, dass während einer Berufsausbildung keine Abschiebung erfolgen müsse. Daniel Bachmann sieht aber keinen Sinn darin, einen jungen Mann auszubilden, wenn er nach dem Abschluss bündig ausreisen müsse. Er wünscht sich klare Regeln, die der Wirtschaft Planungssicherheit geben.
Die Zeitung versuchte am Rande der Integrationsmesse Immigra, die am Freitag im Volkshaus stattfand, kurzfristig eine Auskunft zu bekommen, auf welchem Wege Wasiri Rezwan und sein Arbeitgeber eine für sie positivere Nachricht erhalten könnten. Die versammelten Fachleute aus den Bereichen Sprachvermittlung, Qualifizierung und Weiterbildung konnten damit aber auch nicht dienen.
http://www.thueringer-allgemeine.de/...den-2020336312