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    Abdou will Kaufmann werden

    Abdou will Kaufmann werden

    Abdou aus Guinea ist als Asylbewerber abgelehnt. Seine Ausbildung möchte der 17-Jährige trotzdem beginnen, er ist ein Musterbeispiel für Integration.
    Hier habe ich mich das erste Mal verschluckt. Es lag wohl an der Kombination "abgelehnter Asylbewerber" und "Musterbeispiel für Integration", wobei dieses ja eigentlich keine Heldentat meint, sondern einfach nur eine Ausbildung, die wahrscheinlich schon deshalb gewollt ist, weil es sich zu Abdou herumgesprochen hat, dass, wer eine Ausbildung beginnt, hier für immer bleiben darf.

    Zur Erinnerung die neueste Regelung der Bundesregierung: Bleiberecht für die drei Ausbildungsjahre, Bleiberecht für ein halbes Jahr Ausbildungssuche + Bleiberecht für verbliebene 1 1/2 Jahre in irgendeinem Job notfalls auch nur mit geringfügigem Verdienst, der dann aufgestockt wird = 5 Jahre, nach denen Abdoul ein unwiderrufliches, rechtlich verbrieftes Daueraufenthaltsrecht in Deutschland zusteht, die Niederlassungserlaubnis.

    Osnabrück Abdourahmane trägt ein weißes Baseballhemd und darüber eine dunkelblaue Kapuzenjacke. „Die hat mir mein Chef geschenkt“, sagt der 17-Jährige stolz. Abdou, wie ihn alle nennen, kam vor gut einem Jahr ohne seine Familie aus Guinea über die Mittelmeerroute nach Deutschland. Seit einigen Wochen arbeitet er als Praktikant im Bekleidungsgeschäft Kuhlmann-Wöstmann im niedersächsischen Ankum nördlich von Osnabrück, er absolviert dort eine sogenannte Einstiegsqualifizierung.


    Auch hier eine kurze Erklärung: Das Bekleidungsgeschäft Kuhlmann-Wöstmann bekommt nicht nur eine gute Presse und vielleicht sogar öffentliche Aufträge und kann mancher Behörde mit Textilien aller Art aushelfen, sondern es bekommt aus den Versicherungsgeldern der Arbeitslosenversicherung den gesamten Verdienst Abdous finanziert plus weitere Integrationshilfen. Ein großes Herz muss sich schon lohnen!

    Nächstes Jahr soll dann seine kaufmännische Ausbildung beginnen. Doch vor wenigen Wochen hat Abdou einen ablehnenden Bescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhalten - mit dem Hinweis, er solle Deutschland innerhalb von 30 Tagen verlassen.
    Es folgt also die Absichtserklärung, Abdou könne, wenn alles so bliebe, nächstes Jahr eine Ausbildung beginnen, also vermutlich im Sommer 2018. Dann ist auch die Finanzierung dieser Ausbildung für das Bekleidungsgeschäft durch die Bundesanstalt für Arbeit gesichert.
    Viellicht kommt aber auch etwas dazwischen und Abdou kann seine Ausbildung nicht beginnen.

    Aber egal, er könne eventuell nächstes Jahr seine Ausbildung beginnen und soll das Land verlassen? Das geht nun gar nicht.

    Das war zunächst ein Schock für den jungen Mann. Mittlerweile hat Abdou wieder ein wenig Mut gefasst. Sein Vormund und die Pflegeeltern haben Klage eingereicht. Entschieden ist darüber noch nicht. Doch immerhin darf er seine bis Sommer laufende Einstiegsqualifizierung abschließen.
    Na, also. Und wir erfahren auch, dass es eine von den Versichertengeldern der Arbeitslosenversicherung finanzierte Einstiegsqualifzierung gibt, die bis zum nächsten Sommer dauern soll.

    Und nun wird gejammert und behauptet, wobei den Behauptungen kaum zu trauen ist, denn die Reform der Bundesregierung, es dürfe jeder bleiben, der eine Ausbildung absolviert, ist nun einmal ganz neu:

    Dieses Glück haben nicht mehr viele Jugendliche, wie Tobias Klaus vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge erklärt: „Was die Integration von jungen alleinreisenden Flüchtlingen angeht, hat sich der Wind in Deutschland gedreht.“ Das gelte vor allem für abgelehnte Asylbewerber mit einer Duldung. „Die politischen Bemühungen, ihnen eine Perspektive zu verschaffen, lassen stark nach.“ Es würden Hürden aufgebaut, offenbar in der Hoffnung, dass möglichst viele freiwillig zurückgingen.

    Aber es ist interessant, zu erfahren, dass es einen Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gibt.


    Der Leistungsträger in der Herrenabteilung:

    Unternehmer Michael Kuhlmann plant eigentlich langfristig mit Abdou. „Er könnte Leistungsträger in unserer Herrenabteilung werden.“ Der Juniorchef berichtet von langen, vergeblichen Bemühungen, geeignete junge Männer für diesen Bereich zu finden. Abdourahmane sei offen, lernwillig und immer freundlich.
    Kaum zu glauben, dass sich keine geeigneten jungen Männer für den Bereich Herrenabteilung finden lassen. Anderswo stecken die sich bei der Suche nach solchen Arbeitsstellen die Beine in den Bauch. Hunderte von Bewerbungen trotz passender Schulabschlüsse und geeignetem Aussehen, dazu viele arbeitslose Geeignete mit Berufserfahrung in diesem Bereich.

    Und er spricht schon fast perfekt Deutsch“, sagt Kuhlmann, der den alteingesessenen Familienbetrieb gemeinsam mit seiner Mutter führt: „Mein Chef und meine Chefin sind echt meeegaaa-nett“, erwidert Abdou in breitem Norddeutsch und grinst.
    Das Integrationsgesetz, das eigentlich Betrieben und auch geflüchteten Jugendlichen Sicherheit geben sollte, ist nach Ansicht vieler Experten zu ungenau formuliert. Es lasse den Behörden Interpretationsspielräume, die sie großzügig, aber auch restriktiv auslegen könnten, kritisiert Tobias Klaus. Die sogenannte Ausbildungsduldung etwa ermögliche eine Aussetzung der Abschiebung, wenn der Betreffende einen Ausbildungsvertrag in Aussicht hat. Sie ist jedoch ausgeschlossen, „wenn konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung bevorstehen“.
    So also soll es aussehen. Wenn in einem 3/4 Jahr die Möglichkeit einer Ausbildung besteht, soll bereits ein Bleiberecht erteilt werden. Haftbar gemacht werden kann niemand, wenn die Ausbildung doch nicht angetreten wird. Immerhin kann der Betrieb pleite gehen, sich die Auftragslage ändern, der Flüchtling sich doch als ungeeignet herausstellen, der Flüchtling krank werden, nicht zur Arbeit erscheinen etc. pp.
    Ich stelle mir schon die Flüchtlingshelfer-Kooperativen vor, die sich zusammenschließen und Ausbildungsabsichtserklärungen abgeben, damit ihre Schützlinge im Lande bleiben dürfen. Für immer. Und auf Kosten anderer.

    Wann dies der Fall sei, werde von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich bewertet. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen gelten als eher großzügig. Aus Bayern jedoch seien ihm 50 Fälle bekannt, in denen die Ausbildungsduldung verweigert wurde, sagt Klaus. Der Verband fordert deshalb eine einheitliche Regelung.
    Eine einheitliche Regelung nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens.

    Abdous Pflegeeltern sind stolz auf ihren Schützling. Elisabeth und Norbert Schweer haben den damals 16-Jährigen vor einem Jahr in ihre Familie aufgenommen. Sie hoffen, dass Abdou im Februar den Ausbildungsvertrag unterschreiben kann. Norbert Schweer sagt: „Ich erwarte, dass das, was wir bisher geleistet haben, auch von staatlicher Seite honoriert wird.“
    Wird es doch. Mit einem Pflegegeld von über 1000 Euro anrechnungsfrei und ergänzt um sogenannte einmalige Hilfen wie Kosten für Schule, Mobilität, Anschaffungen und Kleidergeld etc.

    https://www.nwzonline.de/politik/nie...206988046.html
    Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
    Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister

  2. #2
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    AW: Abdou will Kaufmann werden

    Zitat Zitat von Eddie J. Beitrag anzeigen
    Nicht nur Ärzte und Ingenieure, auch Kaufmänner werden uns geschenkt.

    Ich bin schon wieder in starken Euphorismus verfallen.

    Hallelujah !!
    Du weißt doch gar nicht, ob er Kaufmann werden wird. Es existiert im Moment nur eine Bekundung des Könnte-Werdens.

    P.S: Ist der Einzelhandelskaufmann schon gesuchte Fachkraft? Und wenn dies so ist, warum sind dann so viele von ihnen arbeitslos? Im Moment bangen übrigens die verbliebenen Einzelhandelskaufleute von Karstadt, aber auch die der Galeria Kaufhof fürchten um ihre Zukunft.
    Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
    Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister

  3. #3
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    AW: Abdou will Kaufmann werden

    Abdou, wie ihn alle nennen, kam vor gut einem Jahr ohne seine Familie aus Guinea über die Mittelmeerroute nach Deutschland.
    Na, dann kommt die Familie sicher bald nach.
    Alle Texte, die keine Quellenangaben haben, stammen von mir.

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