Muslimische Einwanderer haben starke Bindung an EU-Länder

Die Mehrheit der Muslime fühlt sich in den EU-Staaten einer Studie zufolge heimisch. Prekär ist die Lage für die Jungen, die kaum Aufstiegschancen haben.
Die meisten Muslime fühlen sich trotz Anfeindungen in der EU zu Hause. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte (FRA). Demnach haben 76 Prozent der Befragten ein starkes Zugehörigkeitsgefühl zu dem Land, in dem sie leben. Ihr Vertrauen in öffentliche Einrichtungen ist sogar höher als das der Allgemeinbevölkerung.
"Die Ergebnisse unserer Erhebung zeigen, dass es vollkommen lächerlich ist, zu behaupten, Muslime wären in unseren Gesellschaften nicht integriert", sagte FRA-Direktor Michael O'Flaherty. Jeder Fall von Hass und Diskriminierung erschwere aber ihre Einbindung. Ohne Offenheit der Einheimischen bestehe die Gefahr, ganze Bevölkerungsgruppen zu entfremden.
Der FRA-Bericht ist Teil einer Umfrage, die 2016 unter 25.500 Migranten und Angehörigen von Minderheiten in allen 28 EU-Staaten durchgeführt wurde. Bei 10.500 von ihnen handelt es sich um muslimische Zuwanderer, die seit mindestens einem Jahr in der EU in einem privaten Haushalt leben. Sie stammen aus der Türkei, Afrika und Asien. Insgesamt leben in der EU rund 20 Millionen Muslime, fast die Hälfte davon in Frankreich und Deutschland.
Alleine schon in Deutschland leben mehr als nur 10 Millionen Moslems.

Im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage vor zehn Jahren habe sich nichts verändert, bilanziert die EU-Agentur. Zugleich übt die FRA Kritik an den Integrationsbemühungen in der EU. Zwar habe fast jedes Land eine Strategie bei der Integration und erwarte eine deutliche Anpassung an seine Werte. Gerade für junge Zuwanderer würden sich aber kaum echte Möglichkeiten zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bieten. "Das Schaffen eines Zugehörigkeitsgefühls wird das Zusammenleben beflügeln", heißt es in dem FRA-Bericht.
Alltägliche Erfahrung von Diskriminierung

Von den befragten Muslimen gaben 39 Prozent an, aufgrund ihrer Herkunft Diskriminierung, Belästigung oder Gewalt erlebt zu haben. Das gelte vor allem für die Wohnungs- und Arbeitssuche sowie für Arztbesuche. Jeder dritte Befragte sagte, dass er bei der Jobsuche schlechte Erfahrungen gemacht habe.

Opfer von Diskriminierung sind laut Umfrage vor allem Menschen aus Afrika, die es gerade in Deutschland nicht einfach haben. In dieser Gruppe gaben rund 50 Prozent der Befragten an, in letzter Zeit aus rassistischen Gründen schikaniert oder diskriminiert worden zu sein.
Gewalt als Reaktion auf rassistische oder religiöse Beleidigungen lehnen 87 Prozent als "niemals akzeptabel" ab. Allerdings finden elf Prozent Gewalt in diesem Zusammenhang "manchmal" oder "immer" akzeptabel. Unter den Nichtmuslimen ist die Ablehnung von Gewalt aus religiösen Gründen der Erhebung zufolge stärker ausgeprägt.
Auch in der Bewertung moderner Gesellschaften gibt es größere Unterschiede zwischen der allgemeinen Bevölkerung und den muslimischen Einwanderern. So würden 23 Prozent der befragten Muslime nur ungern in der Nachbarschaft von homosexuellen oder bisexuellen Paaren leben. In der allgemeinen Bevölkerung denken 16 Prozent so. Bei der Suche nach dem Ehepartner würde die Hälfte der Muslime auch Nichtmuslime akzeptieren. 17 Prozent schließen so eine Partnerschaft aus. Umgekehrt – so frühere Untersuchungen – wären 30 Prozent der allgemeinen Bevölkerung wenig glücklich über eine Ehe mit einem Muslim oder einer Muslima.
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