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    AW: Amadeu Antonio Stiftung: Stiftung der Schande

    HUBERTUS KNABE ÜBER GESCHICHTSFÄLSCHUNG

    Wie DDR-Geschichte neu geschrieben und Schüler manipuliert werden
    Die ehemalige Stasi-Informantin Anetta Kahane hat ein fragwürdiges Buch über die DDR herausgegeben. Aus einer Rezension entfernte der Geschichtslehrerverband einen Hinweis auf ihre Vergangenheit. Ein Erfahrungsbericht über Zensur und Selbstzensur bei deutschen Historikern.

    Es war eine mühsame Lektüre, das von Anetta Kahane und drei ihrer Mitstreiter herausgegebene Buch „Nach Auschwitz“ von Anfang bis Ende zu lesen. Nicht nur, weil es auf irritierende Weise unprofessionell war, sondern auch, weil es vor Ideologie nur so triefte. Während wissenschaftliche Texte normalerweise dadurch bestechen, dass sie einen Gegenstand möglichst objektiv und genau ausleuchten, war in diesem Buch über weite Strecken das Gegenteil der Fall.

    An das Buch war ich gekommen, weil mich ein geschätzter Kollege, Professor Uwe Walter, gefragt hatte, ob ich es für die Zeitschrift des Geschichtslehrerverbandes Deutschlands „geschichte für heute“ rezensieren wolle. Die Zeitschrift war mir bis dahin nicht besonders ins Auge gefallen, doch mit ihren über 3.000 Abonnenten ist sie vor allem an deutschen Schulen von Bedeutung. Nach zwei charmanten Erinnerungen machte ich mich also im vergangenen Sommer an die Arbeit und las die 330 Seiten.
    Gleich zu Beginn stolperte ich über die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit des Buches. Der Untertitel lautete nämlich „Plädoyer für einen Paradigmenwandel in der DDR-Zeitgeschichtsforschung“. In ihrer langen Einleitung taten die Herausgeber geradezu so, als müsste die DDR-Forschung neu erfunden werden. Mir stellte sich bald die Frage, warum sich bislang kein ernstzunehmender Historiker für das Buch interessiert hatte, obwohl es bereits 2018 erschienen war.
    Wie ich im Laufe der Lektüre feststellte, lag das vor allem daran, dass der hohe Anspruch von Frau Kahane und ihren Mitherausgebern nicht annähernd eingelöst wurde. Das Buch versammelte nämlich nur eine wilde Mischung von 21 Aufsätzen, von denen die meisten auf früheren Vorträgen fußten. Das Inhaltsverzeichnis reichte von so exotischen Themen wie der Rückkehr des Finnougristen Wolfgang Steinitz nach Deutschland im Jahr 1946 bis zu einer Darstellung der Diskussionen um das immer noch ungebaute Freiheits- und Einheitsdenkmal. Meine Rezension begann deshalb mit dem Satz: Der Berg kreißte und gebar eine Maus.
    Hatte ich vorher schon Zweifel an der Seriosität der Arbeit von Frau Kahane als Chefin der Amadeu Antonio Stiftung, so wurden sie durch dieses Buch bestätigt. In ihrer Einleitung machten die Herausgeber nämlich deutlich, dass sie nicht auf einer ergebnisoffenen Suche nach wissenschaftlichen Erkenntnissen waren, sondern eine politische Mission verfolgten. Der von ihnen geforderte „Paradigmenwechsel in der DDR-Aufarbeitung“ meinte nichts anderes, als der DDR-Geschichte eine neue Deutung zu verleihen.

    Worin dieser Paradigmenwechsel genau bestehen sollte, war allerdings weniger leicht zu erfassen. Der gestelzte Ton der Herausgeber erinnerte mich an Seminararbeiten besonders eifriger Studenten. Nicht zu überlesen war jedoch, dass ihnen „ein eher konservativ grundierter Antikommunismus“ zuwider war. Dazu passte, dass Frau Kahane und ihre Stiftung kurz nach dem Erscheinen des Buches eine Tagung über den „rechten Rand der DDR-Aufarbeitung“ durchführten, bei der Opferverbände und Gedenkstätten zur SED-Diktatur als rechtsextrem diskreditiert wurden.

    In meiner Rezension versuchte ich die Ausführungen von Frau Kahane und ihren Mitherausgebern so zusammenzufassen: Die DDR erkläre sich nicht in erster Linie aus marxistischer Ideologie und kommunistischer Praxis, sondern aus den Nachwirkungen des NS-Regimes. Wie Österreich und die alte Bundesrepublik müsse man den SED-Staat deshalb als „postnationalsozialistische Gesellschaft“ verstehen. Wenn man die DDR kritisiert, so würde ich heute hinzufügen, darf man dies nicht antikommunistisch, sondern allenfalls antifaschistisch tun.

    Die Behauptung der Herausgeber, dass ein neuer Blick auf die DDR erforderlich sei, wird in dem Buch nicht näher belegt. Schon bei oberflächlicher Betrachtung spricht gegen ihre These, dass sich Ideologie und politische Praxis in den übrigen Ostblockstaaten von denen in der DDR nur wenig unterschieden. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der DDR wurde von den sowjetischen Machthabern und nicht von den Nationalsozialisten geformt.

    Die Herangehensweise der Herausgeber war zudem in sich widersprüchlich. Während sie einerseits auf einer „kritischen Reflexion langer Linien deutscher Geschichte“ bestanden, wird eine Analyse eben solcher Verbindungen zwischen Kommunismus und Nationalsozialismus mehrfach rigoros abgelehnt. Die Totalitarismustheorie, die genau solche „langen Linien“ in den Mittelpunkt rückt, erscheint in dem Buch zuweilen fast wie eine Inkarnation des Bösen.
    In meiner Rezension gab ich den Herausgebern gleichwohl Recht, dass es sich durchaus lohnen kann, die DDR (auch) unter dem Aspekt fortwirkender Verhaltensweisen aus der Zeit vor 1945 zu betrachten. Manche Erscheinungen – zum Beispiel die Uniformen der Nationalen Volksarmee – wiesen tatsächlich starke Bezüge zum Nationalsozialismus auf. Fackelzüge, Fahnenappelle oder Massenaufmärsche erinnerten ebenso an das NS-Regime wie die faktische Zwangsmitgliedschaft in der Jugendorganisation FDJ, der Abschnittsbevollmächtigte im Wohngebiet oder die dominante Rolle der Staatspartei SED. Die Feststellung solcher Kontinuitäten, so schrieb ich weiter, könne allerdings nicht dazu führen, die DDR gleichsam zu einem Produkt Hitlers (statt Stalins) umzumodeln und ihr wichtigstes Wesenselement, den Kommunismus, auszublenden.
    Am Ende meiner Rezension kam ich schließlich auf den biografischen Hintergrund der Herausgeber zu sprechen. Denn dieser könnte deren Absicht, die DDR neu zu deuten, vermutlich erklären. So erwähnte ich, dass Anetta Kahane in der DDR jahrelang als Informantin des Staatssicherheitsdienstes gearbeitet hatte, was sie in ihrem autobiografischen Beitrag in dem Buch allerdings unterschlägt. Ihr Mitherausgeber, Patrice G. Poutrous, so führte ich weiter aus, schildere sich in seinem Beitrag hingegen selbst als einstmals überzeugten hauptamtlichen FDJ-Funktionär.

    Ich erwähnte auch, dass ein weiterer Herausgeber, Enrico Heitzer, der in der Gedenkstätte Sachsenhausen für die Kommunismusopfer zuständig ist, mit seiner Dissertation ins Gerede gekommen wäre, weil er darin die wichtigste antikommunistische Widerstandsorganisation der Nachkriegszeit als nazistisch und terroristisch gebrandmarkt hatte. Schließlich führte ich an, dass der vierte Herausgeber, Martin Jander, vor einiger Zeit seiner Abneigung gegen einen DDR-Opferverband freien Lauf gelassen hätte – „auf dem Niveau der ‚Jungen Welt‘ als früherem Zentralorgan der Freien Deutschen Jugend“, wie es der Chef des Berliner Holocaust-Mahnmals einmal formulierte. Meine Rezension endete deshalb mit der Schlussfolgerung: Für die These der Herausgeber, dass politische Einstellungen und Handlungen auf die Vorgeschichte der Akteure zurückzuführen seien, wären sie selbst ungewollt ein Beispiel.

    Nachdem ich die Rezension geschrieben hatte, hörte ich lange nichts mehr von dem Text. Erst Mitte Januar erhielt ich kommentarlos ein Heft der Zeitschrift „geschichte für heute“ zugeschickt, das ich zunächst ungeöffnet irgendwo hinlegte. Wenig später erreichte mich jedoch eine Mail von Professor Walter, der mich informierte, dass der letzte Absatz meiner Besprechung, in dem es um Frau Kahane und ihre Mitherausgeber ging, nicht gedruckt worden sei. Tatsächlich klaffte in dem Heft an dieser Stelle eine weiße Lücke.

    Sichtlich empört teilte mir Professor Walter, der bei der Zeitschrift den Rezensionsteil betreute, zudem mit, dass er von der Streichung des Schlusses keine Kenntnis gehabt hätte. In den Druckfahnen des Heftes sei er noch enthalten gewesen. Weiter schrieb er: „Ich würde mich für diesen Eingriff entschuldigen, wenn es sich um ein Versehen oder Fauxpas im Redaktionsprozess handelte, aber die Sache hat natürlich Methode.“ Die Antifa hätte ihren Siegeszug bis in die Redaktion eines biederen Geschichtslehrerverbandsblattes geführt.
    Vergangene Woche wandte ich mich daraufhin an die beiden Chefredakteure, Ralph Erbar und Frank Schweppenstette, und äußerte meine Verwunderung über die Verstümmelung meines Textes. Über die Gründe wollte ich nicht spekulieren – nur dass es nicht am Platz lag, war mir wichtig hervorzuheben, denn die Lücke unter dem Text war unübersehbar. In meiner langen wissenschaftlichen Laufbahn, so schrieb ich den beiden, hätte ich es noch nie erlebt, dass in einen meiner Texte ohne meine Zustimmung derart eingegriffen wurde. Ich forderte die Chefredakteure daher auf, den weggekürzten Absatz in der nächsten Ausgabe nachträglich zu veröffentlichen.
    Herr Erbar und Herr Schweppenstette schrieben mir daraufhin „zur Klärung des Sachverhalts“ Folgendes: Bei der Lektüre der Druckfahnen hätte es in der Redaktion „Diskussionsbedarf“ hinsichtlich des letzten Absatzes gegeben. Während der erste Teil der Rezension den Inhalt des Buches in den Blick nehme und kritisch bespreche, ziele der letzte Absatz direkt auf die Herausgeber des Bandes. „Wir sahen hier Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt. Aus diesem Grund haben wir redaktionell eingegriffen und den letzten Absatz gestrichen.“

    Nun weiß jeder Zeitschriftenredakteur, dass die Veröffentlichung allgemein bekannter Tatsachen keine Verletzung des Persönlichkeitsrechtes darstellt – zumal wenn sie, wie in diesem Fall, durch die Herausgeber selbst bekannt gemacht oder öffentlich eingeräumt wurden. Personen, die selbst die Öffentlichkeit suchen, müssen es nach deutschem Recht hinnehmen, dass ihr Handeln auch öffentlich beschrieben wird, so lange es sich nicht um falsche, herabwürdigende Behauptungen handelt. Zudem lernt man in jedem Grundkurs zur Quellenkunde, dass es zu den zentralen Aufgaben eines Historikers zählt festzustellen, wer mit welcher Motivation einen Text verfasst hat. Warum ich über den geplanten Eingriff nicht informiert wurde, ging aus der Antwort der Chefredakteure ebenfalls nicht hervor.

    Ob eine Zeitschrift für Geschichtslehrer eine Buchbesprechung vollständig oder um eine wesentliche Passage gekürzt veröffentlicht, ist sicher keine staatsbewegende Angelegenheit. Der Vorgang zeigt aber exemplarisch, wie sich die Spielräume des öffentlichen Diskurses in Deutschland verengen. Statt sich einer möglichen oder eingebildeten Gefahr der Kritik durch gut organisierte Netzwerke auszusetzen, greift man aus vorauseilendem politischem Gehorsam lieber selbst zur Schere und entfernt einen möglicherweise Anstoß erregenden Absatz. Beunruhigender als die Verstümmelung eines Textes durch eine Historikerzeitschrift ist deshalb die Bereitschaft zur Selbstzensur in den Köpfen der Verantwortlichen.
    https://hubertus-knabe.de/ddr-geschichte/
    Alle Texte, die keine Quellenangaben haben, stammen von mir.

  2. #12
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    AW: Amadeu Antonio Stiftung: Stiftung der Schande

    Gestern gab es in der ARD eine Doku über Juden in Deutschland. Es gab auch einen historischen Schlenker über Juden in der DDR. Unter anderem kam auch Anetta Kahane zu Wort. Sie wurde als Bürgerrechtlerin bezeichnet. Es war der blanke Hohn, dass ausgerechnet diese Stasi-Mitarbeiterin sich äußern durfte.
    Alle Texte, die keine Quellenangaben haben, stammen von mir.

  3. #13
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    AW: Amadeu Antonio Stiftung: Stiftung der Schande

    Die Friedliche Revolution 1989/90 und ihre Feinde
    Realitätsferne Geschichtsklitterung durch die Erben der Genossen
    Von Vera Lengsfeld

    Dreißig Jahre nach der »Friedlichen Revolution« und der folgenden Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten beginnt die von der ehemaligen IM Victoria (Inoffizielle Mitarbeiterin der Staatssicherheit der DDR) geleitete Amadeu Antonio Stiftung mit der Umschreibung der Geschichte.

    Den Startschuss dazu gab IM Victoria, die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane, anlässlich des diesjährigen Jahrestages der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten. Die reichlich fließenden staatlichen Subventionen werden dazu benutzt, eine neue Geschichtslegende aufzubauen. Die Friedliche Revolution soll nicht so friedlich gewesen sein, sondern im Keim Rassismus und Gewalt gegen Vertragsarbeiter der DDR in sich getragen haben:

    Kahane in einem Editorial: „Diese Gewalt kam aus dem Bauch der DDR-Gesellschaft, aus der in den 1980er Jahren auch ein veritabler Rechtsextremismus entstanden war. Die DDR hatte sich nicht dem Erbe des Nationalsozialismus gestellt. Und so überwinterten Rassismus und Antisemitismus. Der Bodensatz blieb trotz des erklärten Antifaschismus unangetastet. Und als die Mauer weg war und die staatliche Kontrolle über die öffentliche Meinung verschwunden, brach sich die rassistische Gewalt Bahn. Nazis und einfache Bürger feierten die Einheit – auch verbunden mit Parolen und Gewalt gegen Vertragsarbeiter*innen, schwarze Menschen und BPOCs. Dieses Jahr wird zum ersten Mal öffentlich daran erinnert.“
    Sekundiert wird diese Geschichtsfälschung von der TAZ. Ihr Autor Patrice Poutrus, Historiker, nach eigenen Angaben aktiv in der DDR-Opposition, schreibt:

    „Auf manchen Montagsdemos kam es schon sehr früh zu ausländerfeindlichen Forderungen, insbesondere an Orten, wo Vertragsarbeiter*innen beschäftigt waren. Später, und keineswegs erst auf Forderung der Treuhand, wurden deren Wohnheime geschlossen, Arbeitsverträge aufgelöst, Kopfprämien für Rückreisen gezahlt. Das alles war begleitet von einem zusehends offen feindseligen bis gewalttätigen Klima gegenüber den Vertragsarbeiter*innen. Das Ergebnis war, dass im Vorfeld des Tages der Deutschen Einheit 1990 befürchtet wurde, dass es zu schweren Ausschreitungen gegenüber Ausländer*innen kommen würde.“

    Diese Geschichtsklitterung ist infam.

    Was Kahane betrifft, könnte sie wissen, dass DDR-Neonazis oft in enger Verbindung mit der Staatssicherheit standen. Besonders nach deren Überfall auf ein Punk-Konzert in der Zionskirche 1987 wurden evangelische Gemeinden gern von staatlicher Seite gewarnt, man könne sie nicht vor einem neonazistischen Überfall schützen, wenn in ihren Räumen eine Veranstaltung der Bürgerrechtsbewegung stattfände. Es gibt zahllose Berichte, dass die Volkspolizei und die Stasi, die rings um die Zionskirche standen, als der Überfall stattfand, den Angreifern freie Hand ließen.

    Besonders geschichtsfälschend ist Kahanes indirekte Behauptung, der angebliche Rassismus und Antisemitismus der Bevölkerung hätte nur mühsam durch „Kontrolle über die öffentliche Meinung“ in Zaum gehalten werden können. Das Gegenteil war der Fall. Antisemitismus in Form von Israelhass wurde von der SED-Propaganda geschürt. Nicht nur das: Das Politbüro hatte vor, die „Protokollstrecke“, das heißt die Verbindung vom Regierungsstädtchen Wandlitz zum ZK-Gebäude, durch den Jüdischen Friedhof Weißensee zu führen. Erst durch die von der Bürgerrechtsbewegung angestoßenen Proteste, die ein internationales Echo fanden, wurde dieses Vorhaben gestoppt.

    Was den angeblichen Rassismus betraf, so muss Kahane in einer anderen DDR gelebt haben als ich. Ausländer waren rar und bewundert. Auch der hässlichste Schweizer wurde sehnsüchtig auf Heiratschancen abgecheckt. Aber nicht nur Schweizer. Eine Freundin meiner Schwägerin, Medizinstudentin, hatte das große Los gezogen und einen Thailänder geheiratet. Sie wurde vielfach beneidet. Erst in Westberlin wurde sie gefragt, wieso ein hübsches und begabtes Mädchen wie sie so einen Ausländer, es fiel manchmal auch ein abwertenderer Ausdruck, geheiratet hätte. Sie hat im Westen den Rassismus kennengelernt, den es in der DDR so nicht gab.

    Was die Vertragsarbeiter betraf, so wurden die von der Bevölkerung isoliert, selbst die aus den sozialistischen Bruderländern. Das erlebte ich in Leipzig als Studentin der ML-Geschichte. Ich war auf Besuch in einem Heim in der Gerberstraße, wo junge Ungarn, die hier ihren Facharbeiter machten, wohnten. Obwohl ich in der Küche „aufgegriffen“ wurde, wo eine Freundin dabei war, mich in die Geheimnisse des in Schmalz eingelegten Paprikahuhns einzuweihen, wurde ich von den Polizisten wie eine Nutte behandelt, der Sektion gemeldet und mit Exmatrikulation bedroht, sollte ich noch einmal bei den Ungarn „erwischt“ werden.

    Vietnamesinnen, die eine Beziehung zu einem Vietnamesen oder Deutschen eingingen und schwanger wurden, mussten sich einer Zwangsabtreibung unterwerfen oder wurden nach Vietnam abgeschoben. Es war die Bürgerrechtsbewegung, die ab Mitte der 80er Jahre immer wieder darauf aufmerksam machte, wie unmenschlich der SED-Staat seine Vertragsarbeiter behandelte.
    Das müsste auch TAZ-Autor Poutrus wissen, der ja dabei gewesen sein will.

    Stattdessen schreibt er gemäß dem Motto meines Lieblingssatirikers Stanisław Jerzy Lec: „Die Geschichte lehrt, wie man sie fälscht.“ Abgesehen davon, dass er keinen einzigen Beweis für seine Behauptung bringt, bei den Montagsdemonstrationen hätte es ausländerfeindliche Parolen gegeben, fährt er fort, man hätte „Wohnheime geschlossen, Arbeitsverträge aufgelöst, Kopfprämien für Rückreisen gezahlt. Das alles war begleitet von einem zusehends offen feindseligen bis gewalttätigen Klima gegenüber den Vertragsarbeiter*innen. Das Ergebnis war, dass im Vorfeld des Tages der Deutschen Einheit 1990 befürchtet wurde, dass es zu schweren Ausschreitungen gegenüber Ausländer*innen kommen würde“.

    Es waren keineswegs die Montagsdemonstranten, die dies taten, sondern die DDR-Behörden, die Vertragsarbeiter gewaltsam zur Ausreise zwangen oder in die Illegalität trieben. Es waren die Bürgerrechtler, die dies anprangerten und sich für Bleiberechte der Vertragsarbeiter einsetzten.

    Es kam zu keinerlei ausländerfeindlichen Demonstrationen im Vorfeld der Deutschen Einheit. Poutrus spricht von „Befürchtungen“, um den Giftpfeil dennoch zu setzen. Was spätere Ausschreitungen betraf, wie in Rostock-Lichtenhagen, wurde nie untersucht, wer die Hintermänner waren.

    Zu befürchten ist, dass Anetta Kahane und ihre willigen Helfer in Zukunft verstärkt Steuergelder einsetzen werden, um die Friedliche Revolution zu verunglimpfen.

    Um zu erklären, wie es dazu kommen konnte, muss man in die Zeit vor dem Mauerfall zurückgehen. Für große Teile der westdeutschen Linken war die DDR der bessere deutsche Staat, weil sie ihn nicht aushalten mussten. Aber bis hin zur CDU-Führung hatte die linke Sicht auf den SED-Staat Akzeptanz gewonnen. Auf dem Bremer Parteitag der CDU 1989 sollte den „Geraer Forderungen“ des Partei- und Staatschefs Erich Honecker entsprochen und die DDR als selbstständiger Staat anerkannt werden. Damals war die Parteibasis noch nicht links gewendet und der Antrag von Generalsekretär Heiner Geissler wurde vom Tisch gefegt.

    Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte die Regierung Kohl im Sommer 1989 die DDR als souveränen Staat anerkannt.

    Als die Friedliche Revolution Fahrt aufnahm und die Mauer fiel, gab es neben der SED zahllose Stimmen von westdeutschen Linken, die sich für die SED stark machten und vor der Vereinigung warnten. Es wurde bis in die CDU hinein das Gespenst eines neuen Nationalismus und Rechtsrucks in einem vereinten Deutschland an die Wand gemalt.

    Wie wir wissen, wäre es nicht zur Vereinigung gekommen, wenn die Menschen auf den Straßen der DDR nicht einen unwiderstehlichen politischen Druck entfaltet hätten. Die große Mehrheit wollte keine Demokratisierung der DDR, sondern die Vereinigung ohne Wenn und Aber.

    Bekanntlich haben die Vereinigungsgegner die Schlacht verloren. Sie haben aber nie aufgegeben. Wenn die DDR schon nicht zu retten war, sollte wenigstens die SED zur besseren linken Partei werden. Der Taschenspielertrick des letzten SED-Vorsitzenden Gysi, die Partei einfach umzubenennen, funktionierte. Heute gehört die SED-Linke zu den Demokraten. Ihre totalitäre Vergangenheit wird zunehmend vergessen.

    Schon 1994, nur vier Jahre nach dem schmählichen Ende der DDR, saß die SED-PDS in Sachsen-Anhalt schon wieder am Katzentisch der Regierung. In diesem Jahr hat sie zwar nicht mehr die 5 %-Hürde bei der Bundestagswahl überwunden, bekam aber Schützenhilfe von der SPD, die mit der SED-Linken zwei Landesregierungen bildet, in Mecklenburg-Vorpommern sogar mit einem stärker stasibelasteten Koalitionspartner, als offiziell zugegeben wird. Das Ganze nennt sich dann auch noch „Aufbruch 2030“.

    Wohin dieser Aufbruch gehen soll, kann man schon absehen. Nach dreißig Jahren soll endgültig mit dem Erbe der Friedlichen Revolution aufgeräumt werden.

    Die Geschichte, sagt man, wird von den Siegern geschrieben. Es wird höchste Zeit, klarzustellen, dass es nicht die Kahanes waren, die 1989 gesiegt haben. Sie dürfen auch in der von ihnen angezettelten Konterrevolution nicht gewinnen.

    https://reitschuster.de/post/die-fri...d-ihre-feinde/
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