Flüchtlinge werden zu Gebäudereinigern ausgebildetStufe für Stufe ins Berufsleben

Die Landesinnung Hessen des Gebäudereiniger-Handwerks und die Philipp-Holzmann-Schule im Westend setzen gemeinsam um, worüber andere reden: Sie bieten aktive Flüchtlingshilfe mit Ausbildung und Arbeitsplatz. Dabei ist Feingefühl gefragt.
Frankfurt. „Es ist eines der erfolgreichsten Projekte überhaupt“, sagt Detlef Stange, Geschäftsführer der Landesinnung Hessen des Gebäudereiniger-Handwerks, nicht ohne Stolz. „Wir sprechen selbst die Betriebe an, Flüchtlinge und Ämter.“ Bereits im zweiten Jahr in Folge wurden je 22 Flüchtlinge an der Philipp-Holzmann-Schule ausgebildet, sie haben Praktika in Firmen gemacht. 17 von ihnen sind in ihre jeweiligen Betriebe per Vertrag übernommen worden.
Kaz Sayed Hadi Kuchai (20) ist seit einem Jahr in Deutschland. Er ist aus Afghanistan geflohen, sprach anfangs kein Deutsch. „Ich habe die Sprache gelernt, die Ausbildung drei Monate in Theorie und drei Monate als Praktikum gemacht, eine Arbeitserlaubnis bekommen und bin jetzt fest angestellt“, erzählt er höflich. Dass das funktioniert hat, ist der engen Zusammenarbeit aus Partnern und ehrenamtlichen Helfern zu verdanken. Und Sara Schmitz. Sie ist Bankangestellte und sagt: „Ich habe mich immer ehrenamtlich eingesetzt und das bleibt auch so.“ Sie besucht Flüchtlinge in ihren Unterkünften, baut Vertrauen auf, hilft bei Behördengängen, bringt ihnen Deutsch bei, bietet Einblicke in die Kultur. Und sie bringt Firmen und Flüchtlinge zusammen. „Wir können uns vor Anfragen kaum retten“, sagt Schmitz.
Er hat die deutsche Sprache wahrlich gut gelernt. Einen solche Formulierung wie die obige bekommen die meisten Migranten selbst nach zwei Jahren noch nicht hin.


„In Kabul ist es furchtbar“


Dabei steht ihr – ebenfalls ehrenamtlich – Lutfallah Frotan (25) zur Seite. Auch er ist aus Afghanistan geflohen, spricht sechs Sprachen fließend. In Kabul arbeitete er als Ingenieur und Pressefotograf, setzte sich für Frauenrechte ein. „Jeden Tag gibt es dort mehrere Selbstmordattentate auf Zivilisten. Es ist furchtbar.“ Jetzt lebt auch er in einem Flüchtlingsheim in Rödelheim, zusammen mit rund 1000 anderen, die sich mit vier bis sechs Personen je ein Zimmer teilen. Frotan und Schmitz sind sich einig: „Die Motivation dieser Leute ist riesig. Fast alle möchten etwas leisten, dem Staat nicht mit Sozialhilfe auf der Tasche liegen.“ Der persönliche Einsatz der beiden ist enorm. Rund um die Uhr sind sie erreichbar, kommunizieren mit den Azubis über „WhatsApp“-Gruppen. „Jetzt sind wir schon etwa 40 Leute in dieser Gruppe, es ist wie bei einer Familie“, freut sich Schmitz.
Die Schule und die Innung setzten sich bei Behörden und Betrieben ein, führten zahllose Telefonate mit Behörden zwecks Arbeitserlaubnis und Genehmigungen aller Art. „Die Ämter sind heftig und unbeweglich“, klagt Stange, der auch Jurist ist. „Für eine Arbeitserlaubnis telefoniere ich manchmal einen halben Tag lang mit sieben oder acht Leuten, da sich niemand zuständig fühlt.“ Die Gebäudereinigungsfirmen seien sehr kooperativ. „Sie brauchen Lehrlinge und zuverlässige Mitarbeiter“, sagt er. Die Erfahrung habe gezeigt, dass die Flüchtlinge penibel arbeiteten. „Sobald sie verstanden haben, dass Reinigung nicht nur Frauensache und Toiletten-Tieftauchen ist, sondern auch Denkmalpflege und dass Reinigungen von Schießständen bei der Polizei ebenso dazugehören wie Herausforderungen an besondere architektonische Formen und immer neue Materialien und wie viele neue Aspekte es jeden Tag zu bedenken gibt, sind sie begeistert. Sie kommen so wirtschaftlich und gesellschaftlich weiter. Sie sind pünktlich, zuverlässig, gewissenhaft und freundlich“, so Stange.
Sie blühen auf dank Arbeit

Die Flüchtlinge Fazal Haji Kuchai (30), Nawabi Mohmmad Zaki (39) und Fahim Rahimi (20) stimmen zu. Auch sie werden in die Praktika-Betriebe übernommen. Einige sind mit ihren Kindern geflüchtet, andere mussten ihre Familien zurücklassen. Sie hatten Geschäfte und Boutiquen in ihrer Heimat, haben als Automechaniker gearbeitet oder studiert. Nicht einmal ihr Führerschein wird in Deutschland anerkannt. Sie blühen auf mit ihrer Arbeit an Glas, Parkett, Teppichen, Treppen und Wänden, lernen Kollegen kennen, eine neue Kultur und eine für sie neue Sprache. Was sie am meisten vermissen? Ihre Familien und Freunde in dem Land, in dem sie geboren wurden.
http://www.fnp.de/lokales/frankfurt/...art675,2522840