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Innovation: Flüchtlinge als Fachkräfte
Geflüchteter Syrer will sich als mobiler Bäcker selbstständig machen
Über zwanzig Jahre hat Mahmoud Sbeinati in der Gastronomie gearbeitet, vor allem als Bäcker. Das Geschäft lief gut, doch dann kam der Krieg. Seit etwas mehr als einem Jahr lebt der Syrer in Deutschland. In Gundelfingen will er sich jetzt als mobiler Bäcker selbstständig machen.
Bis dahin gibt es allerdings noch einige Hürden zu überwinden. Beim Gundelfinger Weihnachtsmarkt am Samstag und Sonntag wird Sbeinati am Stand des Arbeitskreises Eine Welt vertreten sein. Mit den Einnahmen will er seiner Frau und seinen beiden Töchtern ermöglichen, zu ihm nach Gundelfingen zu kommen.
Mahmoud Sbeinati hält sich die linke Backe, sein Lachen weicht einem schmerzerfüllten Gesichtsausdruck. Sbeinati lacht viel und gerne, aber heute hat er eine Zahnoperation hinter sich. Das Lachen sollte er sich also verkneifen, aber das fällt ihm schwer.
Bäcker statt Metzger
Sbeinatis Laufbahn als Bäcker begann früh. Er ist zwar erst 30 Jahre alt, trotzdem kann er auf 20 Jahre im Bäckereigewerbe zurückblicken. "Die Schule lag mir einfach nicht", erzählt er. "Also bin ich zu meinem Vater gegangen und habe gesagt: Papa, ich möchte lieber arbeiten." Der Vater war einverstanden. Dieser betrieb zwar selbst eine Metzgerei in der syrischen Hauptstadt Damaskus, aber Sbeinati wollte lieber Bäcker werden. Warum?
Die Schule lag ihm nicht. So wird er auch, da er ja eigentlich keine Schule besuchte, kaum lesen und schreiben können. Eine echte Fachkraft also. Die Buchhaltung für seinen Bäckerladen wird er natürlich auch aus dem Effeff beherrschen und er wird selbstverständlich auch den Nachweis erbringen, diesen Laden führen zu dürfen und die nötigen Unterlagen und Konzepte für die Kreditvergabe bereitstellen.
Na, ja, braucht er vielleicht ja gar nicht. Möglicherweise finanziert ihm das die Arbeitsagentur aus den Versichertengeldern oder er verfügt über illegale Einnahmen. Das wissen die Götter.
"Weil ich am liebsten Gebäck nasche", sagt er lachend. Wieder muss er sich die schmerzende Backe halten. Später arbeitete er auch als Koch in einem Restaurant. Mit 20 Jahren eröffnete Sbeinati ein eigenes Restaurant in Damaskus. Zusammen mit sechs Angestellten bereitete er dort Schawarma und Falafel zu, auch dort backte er Brot. Das Geschäft lief gut, sechs Jahre lang. Er arbeitete bis zu 18 Stunden am Tag, fünf Stunden Schlaf war keine Seltenheit.
Flucht statt Militär
Dafür konnte er sich ein eigenes Haus leisten. Ob dieses Haus heute noch steht, kann er nicht sagen. Denn dann begann der Krieg. Wie alle jungen Männer wollte ihn das Militär einziehen. Sbeinati hatte Angst, seine Frau und seine beiden Töchter dann nie wieder zu sehen. Im Mai des Jahres 2013 floh die kleine Familie nach Jordanien.
Vier Monate lang arbeitete Sbeinati in einem Restaurant in Ägypten, schickte Geld zu seiner Frau und den Kindern. Doch auch hier gab es Proteste, ein wütender Mob zerstörte seinen Arbeitsplatz. "Es gibt dort viel Hass gegen die Syrer", sagt er. Die Menschen dächten, dass die Syrer ihnen die Arbeit wegnähmen. Sbeinati ging zurück nach Jordanien.
Ein-Zimmer-Wohnung in Gundelfingen
Über die Balkanroute kam Sbeinati im September 2015 nach Deutschland. Per Flugzeug kam er in die Türkei, von dort aus ging es mit dem Boot über das Mittelmeer weiter nach Griechenland. Tausend Euro hat er bei einer Schlepperbande dafür bezahlt. Drei Wochen lang war er insgesamt unterwegs. Von Ellwangen kam er nach Norsingen, wo er in einem Zelt untergebracht war. Seit Dezember lebt er in Gundelfingen, zunächst in der Gemeinschaftsunterkunft, jetzt in einer Ein-Zimmer-Wohnung.
Seit Mai dieses Jahres arbeitet Sbeinati bei der Bäckerei Ritter in Vörstetten – als Aushilfe auf Minijob-Basis. Drei Tage die Woche, Frühschicht. Um im traditionellen Bäckereigewerbe Fuß zu fassen, bräuchte er eine Ausbildung. Und ebenso wie er sich in Syrien mit der Schule schwertat, fällt ihm das Deutschlernen alles andere als leicht. Vom Schulabschluss ganz zu schweigen.
Ein mobiler Verkaufswagen, das ist sein Traum
Die zündende Idee für die Lösung dieses Problems kam ihm, als er in der Freiburger Innenstadt einen mobilen Hot-Dog-Stand entdeckte. "Genau so will ich das auch machen", sagte er sich. Tatkräftige Unterstützung bei der Umsetzung seines Vorhabens bekommt er von den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern Gundelfingens, vom AK Eine Welt des Albert-Schweitzer-Gymnasiums und dem Gundelfinger Flüchtlingshelferkreis. Und von seinen syrischen Freunden Louai Alaga und Yousef Aladie, die er in Ellwangen kennengelernt hat und die jetzt in Ihringen leben. Seither sind die drei unzertrennlich.
Die erste Hürde ist bereits genommen: Sbeinati hat im September eine Reisegewerbekarte beantragt. Diese ermöglicht ihm, dort seine Waren zu verkaufen, wo ihm eine private Genehmigung erteilt wird. Die Bewilligung für diese Karte hat Sbeinati jetzt bekommen, am liebsten möchte er schon im Januar loslegen. Es fehlt ihm aber noch ein Wägelchen, das die Hygienevorschriften erfüllt. Außerdem sucht er einen Platz, wo er seine Waren verkaufen kann, etwa in Freiburg.
Teigkneten mit Showcharakter
Manakisch sind seine Spezialität. Sbeinati beschreibt das als eine Art Crêpe, die meist salzig gegessen wird: etwa mit Thymian und Öl oder mit Salami und Käse. Er serviert sie auf Wunsch aber auch mit Nutella. Den Teig knetet er in Windeseile, das hat gewissen Showcharakter. Seine Mankisch wird Sbeinati am Samstag und am Sonntag auch auf dem Gundelfinger Weihnachtsmarkt anbieten.
Der AK Eine Welt stellt ihm dafür einen Stand beim Optiker Kaltenbacher zur Verfügung, direkt am Rathausplatz. Mit dem Erlös will er seine Frau und Kinder nach Gundelfingen holen, 3000 Euro braucht er für den Flug und die erforderlichen Papiere. Seit mehr als einem Jahr sieht Sbeinati seine Familie nur über den Internet-Telefondienst Skype – das allerdings jeden Tag.
Seine Einnahmen werden sehr offensichtlich nicht auf die staatliche Unterstützung angerechnet. Eine...
Schweinerei!Es ist dem Untertanen untersagt, den Maßstab seiner beschränkten Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.
Gustav von Rochow (1792 - 1847), preußischer Innenminister und Staatsminister
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12.12.2016, 17:48 #2
AW: Innovation: Flüchtlinge als Fachkräfte
Eine mobile Bäckerei kann er nach deutschem Recht nicht betreiben, da er kein Bäckermeister ist. Lediglich einen Backshop dürfte er führen.
Alle Texte, die keine Quellenangaben haben, stammen von mir.
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12.12.2016, 19:08 #3
AW: Innovation: Flüchtlinge als Fachkräfte
Er knetet den Teig.. wäscht er sich dafür wenigstens die Hände? Und natürlich will er seine Familie nach Deutschland holen - die werden hier ja durchgefüttert. Und uns streichen sie alles Mögliche!
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