Ganz schön kompliziert: Syrischer Friseur kämpft in Jena um berufliche Existenz



Jena. Friseur Amer Alsarfi kämpft um seine berufliche Existenz. Und so hat der 29-jährige Syrer vorerst einen Etappensieg errungen: Als gelernter Friseur konnte er jetzt einen eigenen Laden in der Lutherstraße 18 eröffnet. – Eine Lokalität mit viel beruflichem Spirit: Von 2006 bis 2011 fand man unter dieser Adresse den Frisier-Salon des Apoldaers Nico Schwanz, der sich als „Mister Model of the World“ und in vielen Rollen des Unterhaltungsfernsehens einen Namen gemacht hat.

„Eigener“ Salon – so richtig stimmt das freilich noch nicht. Alsarfi ist in der Lutherstraße Untermieter bei einem Landsmann, der seinerseits einen Frisiersalon in Weimar betreibt. Und: Amer Alsarfi muss sich mit den deutschen berufsrechtlichen Bestimmungen arrangieren. Zwar hatte er sich von 2005 bis 2007 in Damaskus zum Friseur ausbilden lassen und seither allein diesen Beruf ausgeübt, doch dürfe er das Haarschneiden in Deutschland nur im Beisein eines Friseurmeisters anbieten, solange er nicht selbst den hiesigen Meisterabschluss in der Tasche habe, erläuterte der Syrer. Bei der Handwerkskammer habe er die entsprechenden Papiere eingereicht und müsse – so er aufs Erste die Meister-Prüfung nicht besteht – einen neunmonatigen Meister-Lehrgang absolvieren. Er überbrückt die Zeit, indem ein Meister aus dem Weimarer Salon seines Vermieters immer donnerstags, freitags und samstags in der Lutherstraße 18 anwesend ist. Generell sei eine Termin-Vereinbarung vonnöten. Bart- und kosmetische Pflege darf der Syrer offiziell jetzt schon ohne Anwesenheit eines Meisters offerieren.

Und noch eine Variante lotet Amer Alsarfi aus: Er sucht als Angestellte eine deutsche Friseurmeisterin, die das Frisieren der Frauen – der arabischen insbesondere – übernimmt. Interessentinnen können sich gern im Salon melden, den Amer Alsarfi nach seiner einjährigen Tochter Alma benannt hat. – Nach den harten vergangenen Jahren ist der Syrer zuversichtlich. Schon 2012 sei er nach Libanon geflohen und dort als Friseur tätig gewesen. Dann folgte 2015 via Syrien und Türkei die Flucht nach Deutschland. Im Mittelmeer habe er sogar seine wichtigsten Handwerksutensilien verloren. Doch habe er in Griechenland Ersatz gefunden, und so war Amer Alsarfi – seit 2015 in Jena lebend – schon in der Container-Flüchtlingsunterkunft Am Gries wegen seines Handwerks sehr gefragt.

Wie tickt er: Will er eines Tages nach Damaskus zurückkehren? – Selbst nach einem Sturz des Regimes werde der Wiederaufbau 20 Jahre dauern; gern werde er helfen. Auf seine Existenz in Jena wolle er sich aber auf alle Fälle konzentrieren.

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