Während eines Streits in der Asylbewerberunterkunft an der Weseler Straße war in der Nacht zum 27. Mai ein 38-Jähriger Bewohner durch einen Stich in den Rücken lebensgefährlich verletzt worden. Am Donnerstag stand die Messerstecherin, eine 39 Jahre alte Frau aus dem Libanon, deshalb wegen „Schwerer Körperverletzung“ vor Gericht. Der Staatsanwalt forderte für die Tat drei Jahre und vier Monate Gefängnis. Doch das Schöffengericht beim Amtsgericht Coesfeld sprach die Frau frei.
Der Prozess begann kurios: Denn bevor noch die Beweisaufnahme begonnen hatte, lobte die Angeklagte ihr Opfer. Zeigte einen Ring an ihrer Hand und verkündete stolz: „Sehen Sie, diesen Ring habe ich von ihm. Wir sind heute so gut wie verlobt. Vermutlich werden wir auch heiraten.“
Lungenflügel verletzt - Not-OP

Was den Vorsitzenden Richter aber keineswegs beeindruckte. Geduldig versuchte er, aus dem Zeugen noch einmal das Geschehen dieser unseligen Maiennacht herauszuholen. Vergeblich. „Ich war viel zu besoffen“, spielte dieser nun die Tat seiner „Verlobten“ herunter. „Ich weiß nur noch, dass wir Krach hatten. Mehr nicht. Nur noch, dass ich plötzlich einen Schmerz verspürte und merkte, dass an mir Blut heruntertropfte.“
Blut von einer Klinge, die der Ankläger mit „11 cm Länge und 1,7 cm Breite“ beschrieb und die dem Opfer gut 7 cm tief in den Rücken gestoßen worden war, sodass sogar ein Lungenflügel verletzt wurde. So musste der Schwerverletzte, nach einer Erstversorgung im Krankenwagen, noch in der Nacht im Clemens-Hospital operiert werden.
Davon wusste er nichts mehr. Auch nicht, wo das Messer geblieben war, mit dem er malträtiert worden war. Da halfen auch die detaillierten Zeugenaussagen der drei Polizeibeamten nur wenig, die noch in der Nacht mit der Vernehmung der Beteiligten und der Beweissicherung vor Ort beauftragt worden waren.
Stereo-Anlage durchs Fenster geflogen

Dass es Streit zwischen den Beiden gegeben hatte, ließ sich nicht leugnen. Dass dabei sogar eine Stereo-Anlage durchs Fenster geflogen war, stimmte wohl auch. Von wem aber geworfen, blieb offen. Einzig die Tatsache, dass die Frau den 38-Jährigen - nachdem sie zuvor gemeinsam gebechert hatten – kurz vor Mitternacht aus der Wohnung gewiesen hatte, leugnete niemand.
Zweifel blieben jedoch, ob der Mann tatsächlich schon auf dem Rückzug gewesen war oder ob er nicht doch noch für die Frau hätte gefährlich werden können, sodass deren Griff zum Messer nur eine heftigere Abwehrmaßnahme gewesen sein könnte.
Doch was für den Staatsanwalt klar schien, hielt die Kammer für unwahrscheinlich und kam zu dem überraschenden Freispruch. Und so turtelte das Paar mit zufriedenen Mienen aus dem Gericht.
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