"Unsere Hauptmedien sind in einem jämmerlichen Zustand. Sie manipulieren schamlos. Aber sie glauben, sie seien die Speerspitze der Aufklärung. Wie geht das?"

Sehr interessanter Artikel zur Manipulation der Medien von Albrecht Müller mit vielen Beispielen.
(Albrecht Müller (* 16. Mai 1938 in Heidelberg) ist ein deutscher Volkswirt, Publizist und Politiker (SPD).
Müller war Planungschef im Bundeskanzleramt unter den Bundeskanzlern Willy Brandt und Helmut Schmidt. Weiter war er von 1987 bis 1994 für die SPD Mitglied des Deutschen Bundestages und ist seit 2003 als Autor und Mitherausgeber der NachDenkSeiten tätig.)

In einem ersten Teil (A.) wird am Beispiel einiger Medienprodukte gezeigt, wie einseitig wir über die Vorgänge im Nahen und mittleren Osten unterrichtet werden.

In einem zweiten Teil (B.) versucht Albrecht zu ergründen, mit welchen Methoden es unseren wichtigsten Medien im Zusammenspiel mit den maßgeblichen Politikern gelingt, sich trotz ihres Versagens als großartig und unfehlbar darzustellen.

http://www.nachdenkseiten.de/?p=36291

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Teil B – Wie schaffen es unsere Medien, sich als Qualitätsmedien darzustellen, obwohl sie total versagen? Ein Einordnungs- und Erklärungsversuch.

Durch perfekte Gleichrichtung
In einigermaßen guten Zeiten unserer Demokratie gab es unter den Medien eine beachtliche Breite von gegensätzlichen Meinungen und Grundeinstellungen – der Spiegel unterschied sich wesentlich von der Bild-Zeitung, die Süddeutsche Zeitung wesentlich von der Rheinischen Post, das ZDF Magazin wesentlich von Panorama und von Monitor, die TAZ wesentlich von der FAZ, CDU/CSU wesentlich von der SPD und umgekehrt, die Grünen wesentlich von der FDP usw.

Heute sind die Medien gerade bei der Auseinandersetzung mit Russland und bei Konflikten wie in Syrien eng beieinander. Beispielhaft der Spiegel und die Bild-Zeitung, auch bei der personellen Besetzung austauschbar. Typisch war auch der Auftritt von Sonja Mikisch. Siehe hier. Die einmal als links geltende Journalistin reitet die Attacke gegen die alternativen Medien. Die wirklich kritischen Journalistinnen und Journalisten gibt es nicht mehr, jedenfalls haben sie keine Sendeplätze und keine wichtigen Funktionen in den Printmedien.

Eine einseitige Berichterstattung und Kommentierung der Geschehnisse im Nahen und Mittleren Osten läuft also keine Gefahr mehr, von wichtigen Stimmen in der eigenen Gruppe konterkariert zu werden. Das gilt für Medien wie für Politik und vor allem für den zusammenspielenden Pulk.

Durch penetrante Wiederholung in Anlehnung an George Orwells Feststellung in 1984:
„Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete Lüge glaubten – wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten – dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit.“

So ist es und das macht unseren Alltag aus. Die im Teil A. dokumentierten Medienprodukte spiegeln diese Wirklichkeit wieder. Orwell ist einer unserer wichtigsten Autoren.

Durch Aufteilung in das „dumme Volk“ einerseits und die Wissenden in Politik und Medien andererseits kombiniert mit Angriff nach der Methode Haltet den Dieb.
Die Grundhaltung, wir die Medien und auch die amtierende Politik, personifiziert vor allem durch Frau Merkel, wissen, wo es langzugehen hat, beherrscht die Szene. In vielen Feldern des politischen Lebens zeichnet sich diese Grundhaltung ab: die Journalistinnen und Journalisten wissen einvernehmlich mit der herrschenden Politik und anders als das fehlgeleitete Volk, dass das Renteneintrittsalter zumindest bei 67, wenn nicht sogar besser bei 70 Jahren liegen sollte; sie wussten anders als die normalen Beitragszahler und Rentner, dass der demographische Wandel zur Privatvorsorge zwingt und diese unsere Rettung sei; sie wissen, dass die Agenda 2010 uns gut getan hat; sie wissen, dass es uns allen gut geht; und dass die Einkommens-und Vermögensverteilung immer kritischer und ungerechter wird, das haben sie erst entdeckt, als sie über einen dicken Bestseller (Piketty) nicht mehr hinweg stolpern konnten. Und dass Teile des Volkes immer noch keinen Krieg wollen und nicht einsehen können, wie wichtig militärische Interventionen sind, das zeigt aus der Sicht unserer meinungsführenden Medien und Politiker, wie unwissend das Volk ist.



In diesem Zusammenhang ist die Rolle des Unworts „Lügenpresse“ (2014) und des Wortes des Jahres „Postfaktisch“ (2016) interessant und bedeutsam.

Der Vorwurf von Pegida, die Medien seien eine „Lügenpresse“, wurde von den führenden Medien und der Politik meisterhaft umgedeutet in eine Reinwaschung par excellence. Indem das Wort „Lügenpresse“ zum Unwort erklärt wurde, wurde einer breiteren Öffentlichkeit sogleich vermittelt, dass die Mehrheit der Medien mit Lügen nichts zu tun habe.

Zu behaupten, die Medien würden nur lügen, wäre unangebracht, aber sie betreiben das Geschäft der Verbreitung von Unwahrheiten über weite Strecken und meisterhaft. Dafür stehen die vielen Kampagnen der Meinungsbeeinflussung, die von großen Interessen über die Medien betrieben worden sind. Beispielhaft nenne ich wiederum die Kampagne zum demographischen Wandel mit dem Ziel der Umorientierung der Altersvorsorge auf Privatvorsorge. Oder die Agitation für Privatisierung öffentlicher Einrichtungen und Unternehmen. Oder die Bewunderung für die Austeritätspolitik des deutschen Bundesfinanzministers und seiner Kanzlerin. Oder die unkritische Begleitung der Agenda 2010 und ihre nachträgliche Rechtfertigung. Oder die zustimmende Begleitung des Jugoslawien Krieges 1999. Oder eben das Verschweigen der illegalen Kriege des Westens und der USA vom Iran 1953 bis Syrien 2016.

Unsere Medien sind in vielfältiger Weise in Lügen verstrickt. aber sie können heute mithilfe des Einsatzes der Methode Haltet den Dieb das Charakteristikum Lüge an anderen festmachen – an jenem Volk, das sich über Pegida und andere Protestaktionen zu Wort gemeldet hat.

Das Wort des Jahres „postfaktisch“ ergänzt diese Möglichkeit. Da wird heute von den Medien und der Politik so getan, und übrigens natürlich auch von jenen sogenannten Wissenschaftlern, die das Wort des Jahres ausgesucht haben, als sei die Missachtung von Fakten etwas Neues und am Volk fest zu machen. Ich könnte nun an den gleichen Beispielen wie etwa der Demographie und der Altersvorsorge erläutern, wie ausgeprägt die Missachtung von Fakten in den herrschenden Kreisen von Medien und Politik seit Jahrzehnten ist. NachDenkSeiten Leserinnen und Leser können selbst viele Beispiele dafür bei sich abrufen.