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Die Bronx Europas

In Brüssels Europaviertel boomt das Verbrechen

Gangster aller Art haben weite Gebiete der belgischen Hauptstadt unter ihre Kontrolle gebracht. Die Polizei schaut mancherorts nur noch zu. Jetzt haben Diebe und Räuber ein Revier entdeckt, das bisher als sicher galt: das Europaviertel.

Die beiden jungen Männer in den Bomberjacken machen keinen Hehl aus ihrem Deal. Eine faustgroße Cellophantüte mit weißgrauem Pulver geht offen von einer Hand in die andere. Zurück kommt ein Bündel Geldscheine. Mitten auf Brüssels Chaussée de Mons stehen Käufer und Verkäufer, plaudern in Seelenruhe übers Geschäft. Die Staatsgewalt müssen sie hier in Anderlecht nicht fürchten. Das Polizeirevier des drittgrößten Brüsseler Stadtteils ist leer: ausgebrannt von den Molotowcocktails, die Randalierer bei einer Straßenschlacht im November hineingeworfen haben. Streifenwagen, die sich noch hertrauen, kündigen sich von Weitem per Sirene an. Denn Überraschungen mögen Anderlechts Ganoven nicht.

Fouad Ahidar hat das am eigenen Leib erlebt. Vor ein paar Tagen führte der sozialdemokratische Lokalpolitiker ein niederländisches Kamerateam durch die "Bronx von Brüssel", wie manche das Viertel nennen. Der 36-Jährige wollte den Besuchern eine Fachhochschule zeigen, die ihren Unterricht in eine sicherere Gegend verlegt hat - nach 25 Überfällen in zwei Monaten. Ahidar entdeckte auf dem Weg zwei mutige Polizisten, die einen Missetäter verhaften wollten. Sekunden später umringten zwei Dutzend Jugendliche die Gendarmen und die TV-Crew, befreiten ihren Kumpan und schlugen auf das Kamerateam ein. Der große, stämmige Ahidar drosch zurück, dann suchten er und die Holländer das Weite. "Diese Jungs", sagt Ahidar traurig, "sind zu den Herrschern über das Viertel geworden;"