Nachbarländer wollen deutschen Strom blockieren

Deutschland investiert viel Geld in erneuerbare Energien, aber der Netzausbau hinkt hinterher. Die Stromüberschüsse bekommen die Nachbarländer ab. Doch sie haben jetzt genug – und wehren sich. Von Kalina Oroschakoff, Politico

Die Energiewende – in Deutschland als historischer Schritt bejubelt – stößt in den Nachbarländern immer stärker auf Unmut. Denn der Umstieg von Atomkraft auf Wind- und Solarenergie überfordert das deutsche Stromnetz. Und Tschechien, Polen, die Niederlande, Belgien und Frankreich (Link: http://www.welt.de/144345084) haben darunter zu leiden. "Wenn im Norden ein starker Wind weht, bekommen wir ihn ab, dann haben wir den Blackout", sagt Polens Ständiger Vertreter bei der EU.

Um den häufig unerwarteten Stromüberschüssen ein Ende zu bereiten, nehmen die Länder das Problem nun selbst in die Hand. Aus Sorge um die Stabilität seiner eigenen Stromnetze und um Strom exportieren zu können, installiert beispielsweise Tschechien derzeit Blockadevorrichtungen, die 2016 in Gebrauch genommen werden sollen.

Auch Polen arbeitet an sogenannten Phasenschiebern mit dem Ziel, sie noch in diesem Jahr nutzen zu können. Im Westen haben die Niederlande, Belgien und Frankreich unabhängig voneinander ebenfalls solche Leistungstransformatoren installiert. "Wir haben den Deutschen gesagt, entweder ihr baut euer Stromnetz aus, oder wir sperren euch aus", sagte ein EU-Diplomat Journalisten in Brüssel.


Energiesystem wird unberechenbarer

Während die EU-Kommission auf eine Integration des europäischen Energiemarktes dringt, wird derzeit offenbar, welch unerwartete Konsequenzen der Boom erneuerbarer Energien bei anfälliger Infrastruktur und inkonsistenter Zusammenarbeit innerhalb der EU haben kann.

"Als es nur Kohle- und Kernkraftwerke gab, war das Energiesystem sehr berechenbar. Nun wird es immer weniger berechenbar, da mehr und mehr alternative Energiequellen ans Netz gehen. Dies kann zu einer Herausforderung in der Binnenmarktdebatte werden", sagte Joanna Mackowiak Pandera vom deutschen Thinktank Agora Energiewende.

Ein Stromüberfluss entsteht dann, wenn das Stromleitsystem eines Landes nicht mehr ausreicht, um den neu produzierten Strom an seinen Zielort zu bringen. In diesem Fall wird er automatisch über die Stromtrassen anderer Länder geleitet. Der Strom sucht sich seinen Weg.

"Dies verursacht Staus in benachbarten Systemen", sagte Georg Zachman vom Brüsseler Thinktank Bruegel. Was tun? Die Nachbarländer könnten auch ihre eigenen Stromexporte nach Süddeutschland reduzieren, damit für den deutschen Strom Platz ist, erklärt Zachman. Dies würde aber bedeuten, dass die deutsche Energiewende Länder wie Tschechien oder Frankreich in ihren Exporten einschränkt.
Die einfachste Lösung für Deutschland sei es, die Leitungen einfach zu bauen. Das dauert aber lange. Alternativ könnten Betreiber die Windenergieproduktion an sehr windreichen Tagen herunterfahren. Dem steht aber die Politik im Weg. "Es ist ein unangenehmes Problem, das durch eine irrationale Politik verursacht wird, die es Deutschland verbietet, Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energie herunterzufahren", sagt Boltz.
Doch das reicht den Polen nicht. Die Regierung hat sich im vergangenen Jahr per Brief an die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden gewandt, um sie um eine Einschätzung des überschüssigen Stroms aus Deutschland zu bitten. Die Antwort auf dieses Schreiben wird erst im September erwartet.

Im Jahr 2013 hatte die Agentur ein Papier zu ungeplanten Energieüberschüssen veröffentlicht, in dem sie zu dem Schluss kam, dass "solche Ströme in den meisten Fällen eine Gefahr für ein sicheres und effizientes Funktionieren des internationalen Elektrizitätsmarktes darstellen".
http://www.welt.de/wirtschaft/energi...lockieren.html

Ein Armutszeugnis! Und welche/r Politiker/in ist dafür verantwortlich?