Wahlen in der Türkei

[Realist59]

Es könnte eine schwere Niederlage für Erdogan werden. 54 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen ihre Stimme abzugeben. Obwohl der Staatspräsident per Verfassung zur Neutralität verpflichtet ist, regiert Erdogan einfach weiter als wäre er der Regierungschef. Erdogan möchte ein Präsidialsystem einführen, ähnlich wie in Frankreich oder USA. Dazu benötigt er aber eine deutliche Mehrheit und die will er sich bei dieser Wahl sichern. Da seine Politik inzwischen diktatorische Züge hat, könnte sich Erdogan aber verrechnet haben, denn ihm schlägt ungewohnt starke Ablehnung in weiten Teilen der Bevölkerung entgegen. Erdogan hatte in den letzten Monaten die Islamische Karte gespielt, trat mit dem Koran in der Hand auf und attackierte so vor allem den säkularen Oppositionsführer Kilicdaroglu. Aber erstmals könnte mit der HDP eine kurdischen Partei ins Parlament kommen. Das würde vor allem zu Lasten der Erdogan-Partei AKP gehen. Die rechtsextremistische MHP dürfte laut Umfragen bei ca. 17% liegen und die von Atatürk gegründete CHP ist so stark wie seit 1989 nicht mehr. 30% +X wird ihr zugetraut. Selten war eine Wahl in der Türkei so spannend, vor allem auch, weil sehr viel auf dem Spiel steht. Erdogan ist erst 61 Jahre alt. Er hat noch viel vor.

[holzpope]

Die ersten Hochrechnungen zeigen, dass die Kurdenpartei deutlich über 10% kommt.
Das dürfte Erdogan in Rage bringen.
Mal sehen, was sich dieser Irre dazu einfallen lässt.
Hoffnung für alle anständigen Türken.

[Realist59]

Die AKP hat rund 9% verloren und ist so nicht mehr alleine regierungsfähig. Einer möglichen Koalition war vorher eine klare Absage erteilt worden. Es dürfte schwierig werden. Einzig die rechtsextreme MHP, die rund 16,5% bekam, könnte sich als Partner andienen. Nicht profitiert hat die CHP. Ihr Abschneiden enttäuscht, was aber auch daran liegt, dass viele ihrer Anhänger die Kurdenpartei gewählt haben, nur um Erdogan zu verhindern. Viele Kurden haben sich enttäuscht von Erdogan abgewendet, sehen sich nicht mehr durch die AKP vertreten. Auch die Haltung Erdogans bei der Belagerung der kurdischen Stadt Kobane, hat viele Kurden massiv verärgert. Sollte die AKP keine mehrheitsfähige Regierung zustande bringen, wäre es an der CHP aus den Oppositionsparteien eine parlamentarische Mehrheit zu schmieden.

[Clark]

Erdogan hat sich nicht als Groß-Khan installieren können? Hm, das kann doch eigentlich nur "Wahlbetrug" gewesen sein! Also, schnell die Wahl für ungültig erklären und Neuwahlen ansetzen, damit man ordentlich manipulieren kann. Anschließend sofort alle vermeintlichen "Wahlfälscher" ohne Prozess ins Gefängnis und den Schlüssel wegschmeißen. Dann kann der Khan in seinen Protzpalast einziehen und herrschen!

[Realist59]

10000 freiwillige Helfer haben die Wahlen begleitet und so vor massivem Betrug geschützt. Das Dilemma ist nun, dass die drei Oppositionsparteien nicht miteinander können. Vor allem die MHP und die Kurden hassen sich abgrundtief. Denkbar wäre nur eine Koalition aus CHP und MHP unter Duldung der Kurden.

[Realist59]

Wie abzusehen war, ist keine regierungsfähige Konstellation auf die Beine gestellt worden. Die Gegensätze sind einfach zu groß. Darüber hinaus hat die AKP wohl von Anfang an auf Neuwahlen spekuliert. Die werden nun kommen. Erdogan hat alles getan um die Kurdenpartei (HDP) in Misskredit zu bringen. Die Frage ist, wie die HDP nun abschneiden wird. Kommt sie nicht ins Parlament, ist die Mehrheit für Erdogans AKP gesichert. Die Kämpfe zwischen der Türkei und der PKK haben die Fronten verhärtet. Erdogan hat diesen Konflikt gesucht. Möglich, dass am Ende vor allem die Faschisten (MHP) von den Winkelzügen Erdogans profitieren.

[Realist59]

Heute wird wieder gewählt. Premierminister Ahmet Davutoglu hatte eine Koalition verhindert, wollte für die AKP die absolute Mehrheit erreichen. Das Problem ist nur, dass es auch bei diesem Wahlgang nicht dazu kommen wird. In den wenigen Monaten haben sich in der Türkei Dinge abgespielt, die der AKP zum Nachteil gereichen. Die Bombenanschläge durch türkische IS-Mitglieder, der Kampf gegen die PKK und die unverhältnismäßigen Aktionen gegen Oppositionelle haben die Stimmung angeheizt. Vor allem die Kurden sehen sich von Erdogan getäuscht. Das Kalkül des Präsidenten war, Stimmung gegen die PKK zu machen, um die Nationalisten auf seine Seite zu ziehen. Das nach dem Bombenanschlag in Ankara mit mehr als 100 Toten Erdogan von vielen Türken direkt verantwortlich gemacht wurde, zeigt, wie groß das Misstrauen inzwischen ist. Im Vorfeld der Wahl wurden manipulierte Umfragewerte veröffentlicht, die die AKP mit Stimmengewinnen zeigten. Es dürfte sehr spannend werden, wie die Erdogan-Partei nun abschneidet. Es ist aber davon auszugehen, dass sich gegenüber den Ergebnissen vom Juni nicht sehr viel ändert. Die AKP muss sich einen Koalitionspartner suchen oder die drei Oppositionsparteien raufen sich zusammen um Erdogan Paroli zu bieten.