Linke: Fachkräftemangel in Deutschland überdramatisiert
Der Fachkräftemangel treibt in Deutschland seit Jahren Politik und Wirtschaft um: Wie bekommen wir nur genug qualifizierte Arbeitskräfte? Die Partei "Die Linke" sagt jetzt: Fachkräftemangel gibt’s vielleicht so gar nicht. Die Bundesregierung übertreibt. Grund für den Mangel seien unter Anderem geringe Löhne. Die Industrie- und Handelskammer und die Arbeitsagentur widersprechen.
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DISKUSSIONLinke: Fachkräftemangel in Deutschland überdramatisiert
Der Fachkräftemangel treibt in Deutschland seit Jahren Politik und Wirtschaft um: Wie bekommen wir nur genug qualifizierte Arbeitskräfte? Die Partei "Die Linke" sagt jetzt: Fachkräftemangel gibt’s vielleicht so gar nicht. Die Bundesregierung übertreibt. Grund für den Mangel seien unter Anderem geringe Löhne. Die Industrie- und Handelskammer und die Arbeitsagentur widersprechen.

Kristian Kirpal leitet einen Betrieb für Energietechnik und Anlagenbau in Wermsdorf. Aktuell sucht er zum Beispiel Anlagenmechaniker, Elektrotechniker und Ingenieure, findet aber keine geeigneten. "Das heißt wir können als Unternehmen nicht so wachsen, wie wir uns das vorstellen, weil wir dafür das entsprechende Fachpersonal nicht finden."

IHK: Fachkräftemangel ist real
Und so geht es vielen Betrieben, sagt Kirpal. Er ist Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig. In seinem Kammerbezirk haben inzwischen 50 Prozent der Firmen Stellen, die länger als ein halbes Jahr unbesetzt bleiben. "Daraus ergibt sich die einfache Antwort: Wir haben einen Fachkräftebedarf. Ganz dramatisch ist es im Baugewerbe, bis hin zur Mechatronik und Gastronomie. Überall gibt es Fachkräftebedarf, der gedeckt werden muss."
Linke: Geringe Löhne für Fachkräftemangel verantwortlich
Susanne Ferschl stellt das infrage. Die Vize-Fraktionschefin der Linken im Bundestag hat bei der Bundesregierung nach aktuellen Zahlen zum Fachkräftemangel gefragt. In der Antwort heißt es: In nur sieben von 144 Berufsgruppen gibt es mehr offene Stellen als Jobsuchende. Das bringt Ferschl zu dem Schluss: Es gibt die Fachleute. Der eigentliche Grund, warum die Stellen nicht besetzt werden, sind zu niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen.
IHK-Präsident Kirpal sieht das ganz anders: Die Unternehmen würden den Fachkräften praktisch hinterherlaufen, sagt er. Als Arbeitgeber versuche man immer über Lohnangebote die Arbeit für Fachkräfte interessant zu machen.

Arbeitsagentur: Stellen bleiben immer länger frei
Hermann Leistner von der Leipziger Arbeitsagentur betont: Es gibt zu wenig Fachkräfte – zwar nicht in allen Branchen, aber in vielen. Als Beleg führt er die sogenannte Vakanzzeit an. Also die Zeit, die es im Schnitt braucht, bis eine Stelle neu besetzt ist. Bei Klempnern dauere es 230 Tage eine Stelle neu zu besetzen, bei Altenpflegern 190 Tage. Hinzu komme, dass in vielen Branchen die Vakkanzzeit von Monat zu Monat steige.

Firmen stellen unterqualifiziertes Personal ein
Allerdings sind Statistiken nur bedingt aussagekräftig: Denn erstens müssen die Unternehmen offene Stellen nicht melden. Und zweitens werten manche Unternehmen es oft schon als Mangel, wenn sie nicht die Wahl zwischen zehn oder mehr Bewerbern haben.

Gerade im Handwerk fehle es aber definitiv an Fachkräften, sagt Roland Ermer, der Präsident des Sächsisches Handwerkstags.

Es geht nicht darum, dass wir keine Hände mehr haben. Aber qualifizierte Köpfe zu bekommen, das ist tatsächlich ein Riesenproblem.

Roland Ermer Präsident Sächsischer Handwerkstag
Viele Firmen stellen deshalb offenbar unterqualifiziertes Personal ein. So arbeitet laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung jeder fünfte Arbeitnehmer in Deutschland auf einer Stelle, für die er formal nicht qualifiziert ist.
https://www.mdr.de/nachrichten/wirts...angel-100.html