Belgien vor Zerreißprobe
Flanderns Separatisten mit starken Zugewinnen


Bei der Parlamentswahl in Belgien schneiden die Separatisten Flanderns besonders gut ab. Sie wollen erst mehr Autonomie, dann einen unabhängigen eigenen Staat. Belgien könnte vor einer neuen politischen Krise stehen.


Brüssel
Die Separatisten in Flandern haben bei der Parlamentswahl in Belgien ersten Ergebnissen zufolge starke Gewinne erzielt. Die Neu-Flämische Allianz (N-VA) des gegen den Fortbestand des Königreichs kämpfenden Bart De Wever wurde eindeutig die stärkste Partei im Niederländisch sprechenden Flandern. Nach Auszählung von 1350 der insgesamt 6617 Wahlbüros erreichte die N-VA gut 30 Prozent der Stimmen in ganz Belgien und könnte damit auch eine wichtige Rolle in der nationalen Politik spielen.

Allerdings waren im frankophonen Teil des Landes zunächst weniger Wahllokale ausgezählt als im Norden. Die im Französisch sprechenden Süden des Landes tonangebenden Sozialdemokraten des bisherigen Premierministers Elio Di Rupo mussten ersten Teilergebnissen aus der Wallonie zufolge aber Einbußen hinnehmen. Die bisher bedeutungslose kommunistische Partei PTB konnte in einigen wallonischen Wahlkreisen deutliche Gewinne erzielen.
Dem Königreich könnte nun eine politische Zerreißprobe bevorstehen. Es gilt als fraglich, ob die größte politische Kraft Belgiens - die Neu-Flämische Allianz (N-VA) - auch in Zukunft noch durch eine große Koalition der probelgischen Parteien Flanderns und Walloniens von einer Regierungsbeteiligung ferngehalten werden könnte. Nach den Wahlen 2010 hatten diese Parteien erst nach 541 Tagen ein Bündnis von Sozialisten, Christdemokraten und Liberalen beider Landesteile schmieden können.

Spitzenpolitiker der frankophonen Parteien hatten am Vortag der Wahl noch einmal bekräftigt, sie würden mit De Wever nur sprechen, falls das Wahlergebnis dies unumgänglich mache. Der Vorsitzende der N-VA hatte sich in der vergangenen Woche bereiterklärt, auch Regierungschef in Brüssel zu werden, falls dies nötig sei. Zuvor hatte er stets gesagt, er bleibe Bürgermeister in Antwerpen und lege auf eine Regierungsbeteiligung keinen Wert.
In einer belgischen Regierung müssen beide Sprachgruppen des Landes vertreten sein. In Flandern gibt es knapp 4,8 Millionen Wahlberechtigte, in Wallonien nur 2,5 Millionen. Hinzu kommen 583 000 Menschen in Brüssel, 50 000 im deutschsprachigen Ostbelgien und 70 000 Auslandsbelgier.

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