Gerd Müller war immer skeptisch. In der entscheidenden Bundestagsdebatte über die Aufnahme Griechenlands in die Eurozone antwortete der CSU-Abgeordnete auf den damaligen Finanzminister Hans Eichel (SPD). Das war vor 13 Jahren - und liest sich brandaktuell.
Gibt es ein unscheinbareres Politikerleben als dies? Vor zwanzig Jahren JU-Vorsitzender in Bayern, dann Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Oberallgäu, katholisch, verheiratet, Vater von zwei Kindern, Präsident des Deutschen Heilbäderverbandes, seit acht Jahren Staatssekretär im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Ach ja, am gestrigen Sonntag hatte Gerd Müller, der auch Internationale Agrarpolitik in Dresden unterrichtet, Geburtstag. 58 Jahre ist er geworden.
Doch nicht deswegen hat Müller etwas Aufmerksamkeit verdient, sondern wegen seines Parlamentsbeitrags während der 111. Sitzung des Deutschen Bundestages am 29. Juni 2000. Neun Tage zuvor hatte der Europäische Rat den Beitritt Griechenlands zur Euro-Zone beschlossen.

Und bis heute umranken diese Zeit viele Mythen. Man habe nicht gewusst, wie es um Griechenland steht, heißt es, sei getäuscht, gar reingelegt worden. Inzwischen meint selbst SPD-Chef Sigmar Gabriel, dass die Aufnahme Griechenlands in die Währungsunion – immerhin unter einer rot-grünen Regierung – ein Fehler gewesen sei. Sind erst im Nachhinein alle schlauer als zuvor?
Für die meisten trifft das wohl zu, nicht aber für Müller. Man lese im Protokoll der Sitzung zunächst die Regierungserklärung des Bundesministers der Finanzen, Hans Eichel (SPD): „Griechenland hat auf einem langen und schwierigen Weg einen erfolgreichen Konvergenzprozess hinter sich. Dazu kann man Griechenland nur gratulieren. Ich freue mich, dass Griechenland mit seiner langen Geschichte und seinem großen Beitrag, den es zur europäischen Kultur geleistet hat, Mitglied der Euro-Zone wird.“
Auf Eichel antwortete Müller, der damals außen- und europapolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag war: „Herr Eichel, die Aufnahme Griechenlands in den Eurokreis zum jetzigen Zeitpunkt war ein schwerer Fehler. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.) Die Staatsverschuldung betrug 104 Prozent. Bei der Inflationsbekämpfung wurde manipuliert. Sie haben die Kriterien einfach einmal mit links hinweggeschoben und das Vertrauen in den Euro beschädigt.“
Das war vor 13 Jahren. Wer wissen wollte, konnte wissen. Doch die Euroraum-Erweiterungsideologen hatten sich gegen Sachargumente immunisiert. Obwohl es viel zu spät kommt: Glückwunsch Müller, auch zum Geburtstag!


http://www.tagesspiegel.de/meinung/p...r/8690358.html