08.08.2012, 11:54
Muslimische Bürgermeisterin: Ramadan am Ostseestrand

Hatice Kara aus dem Urlaubsort Timmendorfer Strand ist Deutschlands erste muslimische Bürgermeisterin. Sie hasst dieses Etikett - und den Trubel um ihre Person. von Maike Rademaker Timmendorfer Strand

Die Muslime in Deutschland stehen gerade harte Zeiten durch. Seit Anfang Juli ist Ramadan, und das heißt fasten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Und Hatice Kara ist Muslimin. Aber wenn sie nach dem islamischen Fastenmonat gefragt wird, lacht die Juristin los und zeigt auf ihren Kaffee mit Milch. "Ramadan feiere ich höchstens am Wochenende, das ist unter der Woche nicht auszuhalten", sagt sie.
Kein Wunder - Kara hat seit Anfang Juli einen neuen Job. Sie ist Bürgermeisterin in Timmendorfer Strand, dem bundesweit bekannten Urlaubsort, 9000 Einwohner, 1,3 Millionen Übernachtungen im Jahr. Und sie ist in dreifacher Hinsicht etwas Besonderes - sie ist nicht nur die erste Frau, die in Timmendorfer Strand das Bürgermeisteramt bekleidet, das die SPD erstmals seit 30 Jahren wieder für sich beanspruchen kann. Sie ist auch die erste muslimische Bürgermeisterin in Deutschland.


Hatice Kara, Buergermeisterin von Timmendorfer Strand

Doch die 32-jährige Anwältin, ganz im Business-Outfit mit beigefarbenem Hosenanzug, eine silberne Libelle als Halskettchen, kann mit dem Etikett herzlich wenig anfangen. Sie war ein Jahr alt, als ihr Vater die Familie von der Türkei nach Rendsburg holte. Seit 1999 hat sie die deutsche Staatsbürgerschaft, seit 2000 ist sie in der SPD, 2007 fing sie als Rechtsanwältin an und arbeitete als beeidigte Dolmetscherin.
Für Kara hat die Religion keinen großen Stellenwert. "Wie oft hat man denn das Bedürfnis, in die Kirche zu gehen? Bei mir ist das wie bei Steffi oder Markus, die nur zu Weihnachten in die Kirche gehen", sagt sie. "Man wird in eine Religion hineingeboren. Damit hat man seinen Glauben, aber wie intensiv man das auslebt, ist eben unterschiedlich. Ich glaube an Gott, aber ich bete nicht fünfmal am Tag."

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Ansonsten gilt: "Ich muss wohl einfach die Vorreiterrolle annehmen. Und wenn das türkische Kinder anspornt, dann freut mich das natürlich."


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