Der Thread ist 2 Jahre alt und immer noch aktuell. Auch 2014 ist die Auflage vieler Zeitungen und Zeitschriften deutlich gesunken.


Erstaunlich, dass oben auf der Liste der Verlierer ein Springer-Blatt steht. Die Bildzeitung verlor allein im Jahr 2014 830 000 Leser, was bei der auflagenstärksten deutschen Zeitung ein Minus von 6,8% macht. Das zeigt, wie hoch die Auflage noch ist. Sie liegt bei 11,3 Millionen Exemplaren der Tageszeitung.

Hier irrt der Autor. Leser sind nicht gleichzusetzen mit Auflage. Eine gekaufte Zeitung wird von mehreren Personen gelesen. Die Zeitung hat zwar 800000 Leser verloren aber eben "nur" 200000 Zeitungen weniger verkaut. So ist die Schlussfolgerung des Autors, dass die Bild eine Auflage von 11 Millionen hat, schlicht Blödsinn!



Die Bild am Sonntag verlor dagegen nur 0,9% von 9,25 Millionen Exemplaren dieser Wochenzeitung. Im Vergleich verlor die Zeit als Wochenzeitung 1,1%. Die Berliner BZ verlor als typische Kaufzeitung 8,5%, die Hamburger Morgenpost brachte es auf ein Minus von 8,1%. Die Welt verlor satte 11,4% und die kriselnde FAZ, sogar 13,6%.

Somit ist der Leserschwund nicht nur bei Springer feststellbar, sondern auch bei anderen regionalen und überregionalen Tageszeitungen. So hat die Süddeutsche in diesem Jahr immerhin 9,8% ihrer Leser eingebüßt. Alarmierend aber sind die Zahlen der Taz, die annähernd 20% ihrer Leser verlor!

In dem Artikel der Meedia, aus dem ich die Zahlen entnommen habe, wird übrigens nicht von Auflagen und Umsätzen gesprochen, sondern von der „Reichweite“ der Zeitungen. Der Begriff impliziert recht deutlich, worum es geht. Die eigentlichen Kunden, die die Zeitungen finanzieren, sind nicht die Leser, sondern die Werbekunden. Reichweite ist ein typischer Begriff aus der Werbung. Dumm ist nur, dass man sich trotzdem noch an den Lesern orientieren muss, weil die Reichweite eben sinkt, wenn man an diesen vorbei schreibt. Dann sinken über kurz oder lang auch die Werbeeinnahmen. Das Jahr 2014 hat hier offensichtlich der Zeitungswelt nicht gut getan.

Interessant ist, dass ausgerechnet das Handelsblatt, welches in der Wirtschaftssparte unterwegs ist, in dem kürzlich die Deutsche Financial Times aufgeben musste, ein Plus von 2,1% gemacht hat. Ich komme darauf noch zurück.

Auch Abonnenten regionaler Abendzeitungen haben sich dem Negativtrend offensichtlich nicht angeschlossen. Zeitungsgruppe Köln, Augsburger Allgemeine und Münchener Merkur haben zwischen drei und sechs Prozent zugelegt.

Es gibt also nicht nur Verlierer in diesem Jahr, was sich auch an einer Reihe von regionalen Tageszeitungen zeigt, die in der Summe eher ein durchwachsenes Bild von Gewinnen und Verlusten zeigen.

Die Ursachen dieser Krise sind sicherlich komplex und man sollte sich vor billigen Vereinfachungen hüten, die niemandem etwas nützen. Ich bin auch kein Medienexperte, plädiere aber trotzdem dafür auch den Stil und das Verhalten dieser Zeitungen in der großen Krise dieses Jahres zu berücksichtigen. Ich möchte es positiv ausdrücken. Das Handelsblatt hat sich von der üblichen einseitigen Berichterstattung der großen Zeitungen über die Ukraine-Krise häufiger abgehoben und ausgewogen berichtet.

Eine breite Front aber, der von Leserschwund betroffenen Zeitungen musste heftige Leserbriefe kassieren, die sich über die Einseitigkeit und mangelnde Objektivität der Darstellungen in dem West-Ost-Konflikt beschwerten, von den Kommentarseiten der Online-Ausgaben ganz abgesehen.

Der schwere Auflagen-Einbruch der Taz, zeigt allerdings, dass die Zeitung in diesem Jahr einen großen Teil ihrer Leser verprellt hat. Wer die Taz in diesem Jahr gelesen hat, weiß auch, wie außergewöhnlich aggressiv gegen Russland und die Putin-Administration geschrieben wurde. Die kritischen Worte Richtung Westen blieben dagegen aus.

Es könnte sein, dass sich der eine oder andere Leser tatsächlich vom propagandistischen Stil unserer Zeitungen in diesem Konflikt abgestoßen fühlte und die Lektüre schlicht und einfach eingestellt hat.

https://www.freitag.de/autoren/soenk...-das-geschaeft