Griechenlands Kulturschätze: Fressen für die Geier

Süddeutsche, 05.08.2012
Christiane Schlötzer

"Lassen wir unsere antiken Schätze doch gleich im Boden": Wie sich die Sparmaßnahmen in Griechenland auf die Museen und auf die Archäologie auswirken.

Krisendialog. Sprecher sind: Dimitrios Pandermalis, Chef des Akropolis-Museums in Athen, und eine griechische Journalistin. Journalistin: "Wie viel Geld bräuchten Sie für die Ausgrabungen, Herr Direktor?" - "Viel." - "Wie viel?" - (lächelt): "Werden Sie das Geld für mich finden?"

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Das neue Akropolis-Museum, ein stolzer Bau zu Füßen des heiligen Athener Hügels, wurde jüngst drei Jahre alt. Zu diesem Anlass ließ sein Direktor und Gründervater Dimitrios Pandermalis, der gewöhnlich zurückhaltend formuliert, wissen, was ihn schmerzt. Sitzt das großartige Museum mit seinen unschätzbaren Exponaten doch buchstäblich auf weiteren Schätzen. Ein Museum unter dem Museum mit antiken Funden würde Pandermalis daher gern eröffnen. Das Geld dafür war auch da, nun aber ist es weg. 3,7 Millionen Euro, so Pandermalis, waren nach der Fertigstellung seines Hauses noch übrig für das geplante Untergrundmuseum. Die mussten, so wollte es der Staat, in griechischen Papieren angelegt werden. Dann kam der Schuldenschnitt. "Nun sind es nur noch 700 000 Euro." Die Nöte eines Museumsdirektors, der einen seiner Träume nicht erfüllen kann, mögen angesichts der Dimension der griechischen Krise wie eine Marginalie wirken. Doch sie sind mehr als das.

Denn Pandermalis plagt noch eine größere Sorge für die Zukunft. Die kritische Grenze für sein Museum sind eine Million Besucher pro Jahr. Im dritten Jahr des Bestehens waren es gut 1,15 Millionen, im Jahr zuvor noch 1,3. Andernorts waren die Einbußen größer. Um fast ein Drittel sanken die Ticket-Einnahmen aller staatlichen griechischen Museen und archäologischen Stätten im ersten Vierteljahr 2012, verglichen mit dem Vorjahr.

"Wenn der Flughafen blockiert ist oder die Seeleute streiken, dann ist das schwierig für uns", sagt Pandermalis. Sein Museum muss sich, obwohl staatlich, wie eine private Einrichtung ganz aus Eintrittsgeldern, den Pachten für zwei Cafés und einem Museumsshop finanzieren. Wenn aber immer weniger Touristen kommen, die gut die Hälfte der Besucher ausmachen, dann wird es auch für das attraktivste aller Antiken-Häuser schwierig, den schon aus Sicherheitsgründen nötigen Personalstand zu halten.
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Quelle: http://www.sueddeutsche.de/kultur/gr...eier-1.1431636