Türkei: Skandal um Armenier-Frage in Aufnahmeprüfungen
Genozid an Armeniern und anderen Christen im Ersten Weltkrieg wird mit "Verrat" und "Verbündung mit dem Feind" gerechtfertigt

21.06.2012


Istanbul, 21.06.2012 (KAP) Skandal bei Aufnahmeprüfungen für die Gymnasien in der Türkei: In den landesweit standardisierten Prüfungen wurden rund eine Million Schüler mit der amtlichen Aussage konfrontiert, dass es sich bei den armenischen und griechischen Minderheiten um Landesverräter handle. Wie die Zeitung "Taraf" (Donnerstag) berichtet, wurden die Schüler unter anderem gefragt, wie das türkische Volk damit umgegangen sei, dass die armenische und griechische Bevölkerung sich im Ersten Weltkrieg mit dem Feind verbündet habe und der türkischen Bevölkerung in den Rücken gefallen sei.

Die Frage wurde laut "Taraf" jetzt öffentlich bekannt, als der Vater einer Schülerin bei einem Gericht in Istanbul Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen das Bildungsministerium gestellt habe. Mit der Dolchstoßlegende vom Verrat der christlichen Bevölkerungsteile wurden in der türkischen Geschichtsschreibung und im schulischen Geschichtsunterricht über Jahrzehnte Massaker an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten im Ersten Weltkrieg gerechtfertigt.

Im Zuge der Demokratisierung und unter dem Druck der öffentlichen Diskussion über die Schuld am Schicksal der Armenier im untergehenden Osmanischen Reich wurde diese Version in jüngster Zeit aus den meisten Schulbüchern getilgt. Bis heute streitet die türkische Regierung jedoch die Verantwortung des Landes für den Völkermord ab, denen nach manchen Schätzungen bis zu 1,5 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Auch die Bezeichnung "Völkermord" wird von der Türkei bis heute zurückgewiesen.







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