Von Ansgar Lange
Die Wortmeldung Erwin Teufels zum Zustand der CDU kann man dem Sommerloch zuordnen. Auch die aktuelle Diskussion über den Kurs der C-Partei wird so folgenlos bleiben wie die vorherigen. Außerdem spielt Teufel in der CDU keine Rolle mehr, genauso wenig wie seine beiden Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. Allerdings ist es fraglich, ob der Niedergang der CDU wirklich nur daran liegt, daß die Union die Konservativen zum Abschuß freigegeben habe, „als sie sich auf den ‘antifaschistischen Konsens’ der linken Meute einließ und selbst zum ‘Kampf gegen Rechts’ blies, der auf die Zerstörung ihrer Stammwählerschaft zielte“, wie Michael Paulwitz in der Jungen Freiheit schrieb. Diese Sichtweise von Paulwitz halte ich für etwas einseitig.
Vielleicht liegt die Malaise der ehemals stolzen Volkspartei auch daran, daß der Unionsgedanke an sein Ende gelangt ist. Unter dem Dach der CDU finden sich mittlerweile so viele Strömungen, die eigentlich unvereinbar sind. Zu Zeiten von Konrad Adenauer ging es noch darum, Katholiken und Protestanten zusammen in einer Partei zu vereinen. Dieser Ansatz hatte seine historische Berechtigung. Doch Christen gleich welcher Konfession spielen heute in der Union allenfalls noch eine marginale Rolle. Kleine Anzeichen des alten Kulturkampfes zwischen Katholiken und Protestanten flackern allerhöchstens noch auf, wenn die Kanzlerin und Parteivorsitzende sich wieder einmal bemüßigt fühlt, den Papst zu kritisieren.
Eine weitere Amtszeit als Drohung
Die CDU ist keine Programmpartei. Sie ist eine Regierungspartei. Dazu gehört eine gewisse weltanschauliche Beliebigkeit. Dies war schon immer so, fällt aber zur Zeit (siehe Wehrpflicht, „Energiewende“, Absage an alte Wahlversprechen zur Steuerpolitik) besonders auf. Es hat keinen Sinn, seine Hoffnung darauf zu setzen, daß Frau Merkel hieran irgendetwas ändern wird. Die Konservativen in der Partei werden es deshalb als Drohung aufgefaßt haben, daß die Kanzlerin augenscheinlich noch eine weitere Amtszeit anstrebt, gerne auch mit den Grünen oder der SPD, weniger gern mit der FDP. Sollten sich ihre Hoffnungen erfüllen, wird es auf Jahre auch keine nur im Ansatz konservative Politik in Deutschland geben.
Aufschlußreich sind in diesem Zusammenhang die jüngsten Einlassungen von „Wollt-Ihr-den-totalen-Krieg“-Heiner Geißler. In einem Interview mit der Welt sagte der ehemalige Generalsekretär, der mittlerweile Mitglied bei Attac ist, die CDU sei keine konservative Partei. „Die CDU ist eine christlich-demokratische Partei, das ist etwas völlig anderes. Sie hat die geistige Union geschaffen zwischen den konservativen, liberalen und christlich-sozialen Strömungen, die es in der Geschichte gegeben hat“, so der CDU-Politiker.
Nach seinen Worten gehören zum „Markenkern der CDU auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes“ die Verfassung als Leitkultur, das westliche Bündnis, die politische Union Europas, die Beseitigung der Diskriminierung der Frauen in der Arbeitswelt, in den Parteien, Kirchen und Gewerkschaften sowie ein Wirtschaftssystem, „in dem das Kapital den Menschen zu dienen und nicht sie zu beherrschen hat“. Nur die Rechte der Schwulen und Lesben hat Geißler in seiner schönen Aufzählung noch vergessen.
Aufstand oder Resignation
Dies ist nicht meine CDU, sehr geehrter Herr Geißler. Wenn diese Allgemeinheiten das Evangelium der Union darstellen, dann hat die CDU das Recht verwirkt, die Konservativen in diesem Land zu vertreten. Dann müßte es eigentlich völlig normal sein, daß sich eine konservative Partei bildet und diese gegebenenfalls mit der Union koalieren könnte – wie auch Grüne, SPD oder FPD. Doch da wird, und hier hat Michael Paulwitz Recht, der unselige „Antifaschismus“ schon vor sein.
Momentan bleibt nur zu konstatieren, daß die immer Gleichen und letztlich bundespolitisch Machtlosen wie Mike Mohring, Friedrich Merz, Christean Wagner, Jörg Schönbohm und andere den Kurs der Partei kritisieren, während er von den Entscheidern und Mächtigen wie Kauder, Gröhe, Röttgen, von der Leyen, Pofalla etc. verteidigt wird. Keine Frage, wer am Ende als Sieger vom Platz gehen wird. Nur wenn sich diese Damen und Herren zu Tode siegen, gibt es vielleicht bald eine CDU auf dem Niveau der einst ebenso stolzen Volkspartei SPD.
Die Konservativen in der Union haben verschiedene Optionen. Sie können so lange unter dem jetzigen Regime überwintern und auf bessere Zeiten hoffen. Sie können eine neue Partei gründen. Dazu braucht man aber Knete und Köpfe sowie ein Programm. Sie können den Aufstand wagen und versuchen, noch jetzt das Ruder herumzureißen. Oder sie ergeben sich in Resignation. Letzteres wird wohl der Fall sein.


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