Autor: Dr. rer. soc. Thomas Tartsch

[Rechtschreibung und Zeichensetzung sind von den Originaltexten übernommen worden]

Die Jihadisierung eines Muslim oder Konvertiten stellt keinen einstufigen Prozess dar.
Wie an anderer Stelle ausgeführt, jihadisieren sich aktuell primär junge „Newborn Muslime“ und Konvertiten vermehrt in einem ersten Schritt durch einen die Gewalt ästhetisierenden und die Psyche brutalisierenden „MTV-Islam“, der mittels Videoclipartig geschnittener visueller Bilddokumente die Taten der Jihadisten an verschiedenen Brennpunkten der Welt heroisiert. Damit wird ein transnationales kollektives Bewusstsein als „Muslim sein“ konstruiert, welches jede aktuelle politische Entwicklung, in die islamische Länder involviert sind, als Angriff auf „den Islam“ wahrnimmt. Auch wenn die Lebenswelt des Aspiranten in der westlichen Welt verortet ist und in der Regel keine familiären oder verwandtschaftlichen Beziehungen zum Ort des Geschehens existieren.
Mit dieser kognitiven emotionalen Brutalisierung und Solidarisierung wird die Bereitschaft gefördert, als Mudschahid (der den Jihad ausübende) in den Jihad zu ziehen.
Den zweiten Schritt zur Jihadisierung stellen „Talentspotter“ in und im Umfeld von Moscheen, islamischen Kulturzentren und salafitischen Islamseminaren dar, die gezielt jüngere Muslime und Konvertiten ansprechen, um sie für jihadistische Netzwerke zu rekrutieren.
Mittels direkten „Face to Face“ Kontakten spiegeln sie nicht nur ein Interesse für die oftmals schwierigen Lebensumstände der Probanden vor, um eine Basis der Vertrautheit und Abhängigkeit zu schaffen, sondern sie indoktrinieren den Einzelnen, der somit Schritt für Schritt fest in eine Gruppe Gleichgesinnter eingebunden wird, u.a. mittels im Internet kursierender Jihadliteratur in deutscher Übersetzung, um diesen auf den „al-Jihad fî sabîl Allah“ zu führen. Die äußerste Anstrengung auf dem Weg Allahs, wo der shahîd (Märtyrer) mit seinem blutgetränkten Hemd direkt Eintritt ins Paradies erhält, da er als einer der shuhada al-ma’raka (Märtyrer in dieser und der nächsten Welt) eine bevorzugte Stellung vor allen anderen „gläubigen Muslimen“ erwirbt, die nicht im gewaltsamen Jihad oder bei einem Selbstmordattentat sterben.
Der dritte Schritt erfolgt durch die militärische Ausbildung in Trainingslagern, die entweder über den Umweg einschlägig bekannter Sprachschulen in Ägypten, oder direkt durch Einreise erreicht werden. Hier erhält der Mudschahid eine „Grundausbildung“ an Handwaffen und eine Einweisung in die Herstellung und den Gebrauch von Sprengmitteln und Explosivkörpern.
Diese relativ billige und oberflächliche Ausbildung reicht für den geplanten Einsatz des im urbanen Gelände vollkommen aus, da ein Angriff auf soft targets mit hohem body count innerhalb hochempfindlicher Infrastrukturen mit dicht gedrängten Menschenmassen keine kostenintensiven militärischen Mittel voraussetzt, um zum Erfolg zu führen. In einem vierten Schritt bildet sich dann in der Heimatregion eine Jihadi-Zelle des „homegrown terrorism“, die heute in jedem westlichen Land existieren.
Eine der wichtigsten Strategien zur Jihadisierung ist dabei die Proklamation des Jihad als „Fard Ayn“ im Sinne einer individuellen und nicht delegierbaren Pflicht für jeden Muslim, die damit die gleiche Bedeutung wie die Ritenausübung der „Fünf Säulen des Islam“ erlangt. Davon zu unterscheiden ist die Rechtsfigur der „Fard Kifaaya“ als „Pflicht der genügenden Anzahl“, die eine kollektive Pflicht der Umma bzw. der jeweiligen islamischen Obrigkeit darstellt, genügend Mudschahidun (die den Jihad ausübenden) für den Jihad zur Verfügung zustellen. Wird dieser Kollektiverpflichtung nicht nachgekommen, verfällt nach herrschender islamischer Lehre die ganze islamische Gemeinschaft dem Unglauben.
Prägnant hat dies der 1989 bei einem bis heute ungeklärten Bombenanschlag in Peschawar getötete „Afghanistanheld“ und Muslimbruder Abdallah Yusuf Azzaam in seinem Werk „Die Verteidigung der muslimischen Länder“ definiert, womit global Mudschahidun für den Jihad in Afghanistan gegen die russischen Besatzungstruppen angeworben wurden:
Fard Ayn
Es ist der Fard, welcher eine zu erfüllende zwingende Pflicht für jeden Muslim darstellt, wie Gebet und Fasten.
Fard Kifaaya
Es ist der Fard, der, wenn er von einigen vollzogen, als Pflicht beim Rest entfällt
Azzaam greift hierbei auf die Historie des Frühislam zurück. Mit der Hidschra des Propheten von Mekka nach Yathrib (dem späteren Medina) 622 n.Chr. begann sich der Islam von einer monotheistischen Reformbewegung zu einer Religion in Form einer Glaubens- und Kampfgemeinschaft zu entwickeln, die spätestens mit der Herrschaft des zweiten Kalifen Umar Ibn al-Chattab (634 – 644 n.Chr.) auch expansiv-kriegerisch über die arabische Halbinsel hinaus durch Araber und Osmanen bis 1683 verbreitet wurde.
Die im 7. jahrhundert in Yathrib entstandene al-Umma al-Islamiyya als „Gemeinschaft der Muslime“ wurde durch zwei Mechanismen zusammengehalten, aus denen sich die bisher in Stämme fragmentierten Gemeinschaften zu einer kollektivistisch-homogenisierenden Gesellschaft wandelten, die bis dahin in der arabischen Historie unbekannt war.
Zum einen durch die Herrschaft der nach Max Webers Herrschaftstypologie charismatischen Gestalt des Propheten, die sich nicht nur durch die transzendente Legitimation Allahs auszeichnete, sondern auch durch seine Taten, Aussprüche und Schweigen, welches neben dem Koran als Sunna zur zweiten Säule des Islam werden sollte, die den Grundstock für die nachkoranische und nicht schriftlich fixierte Shari‘a bildeten. Somit stellt der Qur’an die Offenbarung in der Theorie dar, während die Sunna die Transformation der Theorie in die Praxis darstellt. Beides mündet in die Shari‘a als das von Allah den Menschen auferlegte Gesetz, welches diesen in Form des Koran und der Sunna übergeben wurde.
Markant für die Bereitschaft zur Führung des Jihad der „wahren Gläubigen“ als Mudschahidun war dabei neben dem Glaubenseifer die gewaltige Anhäufung von Beute aus den verschiedenen Kriegzügen, die nach einem bestimmten Schlüssel verteilt wurde.[1]
Zum anderen durch die Aggregation von Individuen zu einem Kollektiv, die nicht mehr der tribalen Loyalität verpflichtet waren, sondern ihre Rechte und Pflichten aus der Zugehörigkeit zur Religion herleiteten. Diese Ur-Umma stellte sich beim Tod des Propheten als fragiles Gebilde dar, dessen weitere Entwicklung in eine erste Binnendifferenzierung in Sunniten, Schiiten und Khârijiten mündete, wobei letztere die ersten „islamischen Fundamentalisten“ als Reformbewegung nach westlicher Definition darstellten.
Herausgebildet hatte sich damit seit der medinensischen Stärkephase und der Herrschaft der ersten vier rechtsgeleiteten Kalifen die Gestalt des Mudschahid. Dieser sich auf den „Weg der äußersten Anstrengung Allahs“ (al-Jihad fî sabîl Allah) bewegende Kämpfer besaß die Aufgabe, islamische Herrschaft und die Geltung der Shari’a mittels Jihad zu verbreiten, wenn der „Ruf zum Islam“ (Da’wa) abgelehnt wurde. Oder die Nichtmuslime sich nicht als rechtlich mindere Dhimmi den Muslimen unterordneten, die für ihren minderen Status neben der islamischen Gesellschaft jedes Jahr den Tribut (Dschizja) entrichten mussten. Siehe hierzu Sure 9, Vers 29 im Koran, der den einschlägig bekannten „Bekämpfungsvers“ darstellt.
Somit war der Jihad nicht Fard Ayn, wenn er als expansiver Kriegszug geführt wurde. Die islamische Obrigkeit hatte die Aufgabe, genügend Mudschahidun bereitzustellen, womit die Fard Kifaaya erfüllt war. Wurde hingegen das Dar(u) l-Islam als islamisch beherrschtes Land (mithin die Umma selbst) mit Geltung der gesamten Shari’a angegriffen oder besetzt, wandelte sich die Verpflichtung des Jihad zur Fard Ayn.
Azzaam definiert dies in seiner Dichotomie des Jihad:
Offensiver Jihaad
(Hierbei wird der Feind in seinem eigenen Territorium angegriffen.)
[…] Das Kämpfen wird Fad Kifaaya, mit einer Mindestanforderung von ernannten Gläubigen, um die Grenzen zu verteidigen und dem Aussenden einer Armee mindestens einmal im Jahr, um die Feinde Allahs zu terrorisieren.
Defensiver Jihaad
Dieser besteht im Vertreiben der Kuffaar von unserem Land und ist Fard Ayn, eine zwingende Pflicht für alle
Hier setzt die Indoktrination heutiger jihadistischer Propagandisten ein, die den Jihad als Fard Ayn proklamieren.
Als beispielhaft für diese Deutung steht die Schrift von Muhammad Abdassalam Farq „Die nicht erfüllte Pflicht“, mit der dieser den Mord an Anwar as-Sadat am 06.10.1981 durch die jihadistische „al-Jihad“ (eine Abspaltung der al-Dschama’a al-Islamiyya) legitimierte.
Farq (von Beruf Elektroingenieur) war im Gegensatz zur früher entstandenen „gama’at at-takfir wal-hijra“ (Gemeinschaft der in den Unglauben entlassenden und ausziehenden) der Ansicht, man könne nicht durch „takfir“ die Regierung exkommunizieren und dann nach dem Vorbild des Propheten die Hidschra zu vollziehen, um eine isolationistische islamische Gegengesellschaft zu errichten.[2] Vielmehr sollte durch die Ermordung des neuen „Pharao“ as-Sadat eine Massenerhebung erfolgen, was allerdings nach der Ermordung ausblieb.
Dieser Mord verdeutlichte gleichzeitig eines der prägenden Kennzeichen des Islam. Das Fehlen eines Klerus im sunnitischen Islam, der eindeutig festlegt, in welchen Fällen und vom wen der Jihad ausgerufen werden kann.
So wurde auch die Ermordung von as-Sadat durch den blinden Shaikh Umar Abd ar-Rahman (Anführer der al-Dschama’a al-Islamiyya) mittels einer fatwa religiös legitimiert. Denn die führenden Protagonisten des „modernen Islamismus“ seit der Gründung der ägyptischen Muslimbruderschaft im März 1928 entstammten oder entstammen einem säkularen Milieu und sind und waren keine islamischen Gelehrten.
Somit kann jeder Muslim ein Mudschahid werden und den Jihad ausüben, wenn er den Jihad als Fard Ayn ansieht.
Azzaam selbst sah im Fehlen eines Amir keinen Grund, auf den Jihad zu verzichten, da er Fard Ayn darstellt:[3]
Können wir Jihaad kämpfen, während wir keinen Amir haben?
Ja wir kämpfen, und wir haben keinen Amir. Niemand hat gesagt, dass die Abwesenheit einer Gemeinschaft von Muslimen unter einen Amir den Fard des Jihad absagt.
Während Azzaam den Jihad für Afghanistan und Palästina vor dem Hintergrund damaliger politischer Entwicklungen legitimiert, wird die neue Generation indigener „homegrown terrorists“ auf einen globalen Jihad eingeschworen, der auch in jedem westlichen Land geführt wird. Waren es seit 1979 die so genannten „Araberafghanen“ die mit Unterstützung der jeweiligen islamischen Länder in den afghanischen Jihad zogen, und später den Grundstock der ersten al Qaida Generation bildeten, so sehen sich die im Westen entstehenden jihadistischen Zellen der „Europa Afghanen“ als eine neue Generation von Mudschahidun, die nicht mehr in hierarchisch organisierten Gruppen eingebunden sind, sondern eigenständig handeln.
Diese wollen das Dar(u) l-Islam sowohl von den ungläubigen eigenen Regierungen, als auch von „Juden und Kreuzfahrern“ durch einen (in ihren Augen) Verteidigungsjihad befreien. Dies stellt aber nur das kurzfristige Ziel dar. Denn es geht auch um die Reanimation der medinensischen Ur-Umma in einer globalen Perspektive als Verwirklichung der Hakimiyyat Allah (unbedingte Souveränität Allahs), womit das Gesetz (Shari’a) im nichtislamischen Dar(u) l-Harb eingeführt werden soll, was auf gewaltsamen oder gewaltlosen Wege geschehen kann, da der Jihad auf vielfältige Weise geführt wird.
So ruft Farq aus einer die Historie in einer theozentristisch-teleologischen Sichtweise verengenden Perspektive die Muslime dazu auf, die unbedingte Souveränität Allahs wiederherzustellen.
Denn das Dar(u) l-Islam befindet sich durch säkular geprägte „ungläubige“ Regierungen in einen Zustand der „Jahiliyya“. Diese Zeit der vorislamischen Barbarei muss mit allen Mitteln beendet werden, was den Jihad als Fard Ayn einschließt. Die theoretische Grundlage der Jahilyyia Ideologie geht hierbei auf Sayyid Qutb (1906 -1966), den führenden und bis heute wirkenden Ideologen der Muslimbruderschaft zurück, der diese in seinem Buch „Ma’alim fi t-tariq“ (Zeichen auf dem Weg) ausführte.
Nach Qutb befinden sich alle existierenden unislamischen Regierungen in diesem Zustand der vorislamischen Barbarei. Und eine Avantgarde der Muslime soll nach dem Vorbild des Propheten und seiner Gefährten der ersten muslimischen Generation (Sahaba) die Hidschra aus den jetzigen Gesellschaften vollziehen, denen takfir erklärt wird, um den Jihad auszuüben. Qutb zieht hierbei primär den Koran zur religiösen Unterfütterung seiner Theorie heran, während Farq oftmals auch die Sunna zitiert.
Farq selbst schreibt dazu:
Der Gesandte Gottes (s) befahl den islamischen Staat anzustreben, das Kalifat wieder herzustellen und Gottes Gesetz auf Erden walten zu lassen. Dies ist Allahs Befehl. Und somit ist jeder Muslim und jede Muslima verpflichtet, sich für die Wiederherstellung der Ordnung mit allen verfügbaren Mitten einzusetzen
Hierzu zählt auch der Jihad, der von Farq explizit als bewaffneter Kampf charakterisiert wird:
Der Gihad, im Sinne des Kampfes auf dem Weg Allahs, stellt die einzige und erfolgreiche Art der Verteidigung und Erhaltung des Islam dar. […] Wir hegen nicht den geringsten Zweifel an der Tatsache, dass die Diktatoren, die die Macht auf Erden haben, ihre Positionen nur unter dem Druck der Gewalt und Waffen aufgeben und nicht anders
In der Einleitung einer anderen Jihadschrift wird die Pflicht zum Jihad als Fard Ayn mit einer Überlegenheitsrhetorik vermischt, die ein globales Dar(u) l-Islam verspricht:
Aller Preis gebührt Allah, Der seinen Dienern den Jihad zur Pflicht gemacht hat, und ihnen die Herrschaft und Überlegenheit über das ungläubige Volk auf Erden versprochen hat
Der Autor nimmer dabei erkennbar Bezug auf Sure 3, Vers 110, die von der „besten Gemeinschaft spricht, die „gebietet was recht ist und verbietet, was unrecht“ ist. Auch hier stellt der Mudschahid den „vorbildlichsten Gläubigen“ dar, der durch den Jihad die Reanimation der medinensischen ur-Umma vorantreibt:
Es ist also ein Pflicht die Leute und die Ummah dazu aufzufordern die Mujahidin zum Vorbild für ihr Leben zu nehmen, damit die Ummah zu ihren alten glorreichen Tagen zurückkehren kann, da der spätere teil der Ummah mit nichts anderem recht geleitet wird, als dem, womit der erste Teil (Sahaba) recht geleitet wurde
Diese kleine Auswahl von Zitaten aus der Jihadliteratur soll eines verdeutlichen:
I. Während der in der globalen Cyber Umma etablierte „MTV-Islam“ der psychischen Brutalisierung und Schaffung einer kollektivistisch-homogenisierenden religiösen sozialen Identität dient, muss diese erste Stufe der Radikalisierung in persönlichen Kontakten in einer zweiten Phase emotionalisiert und vertieft werden.
II. Denn nur dann kann eine Jihadisierung erfolgen, wenn der Einzelne ab einem gewissen Zeitpunkt die Schwelle vom objektivierten Individuum zum subjektivierten Mitglied der Gruppe überschreitet.
III. In dieser Stufe, die die Gruppe durch eine oft selbst gewählte Isolation in sich verstärkt, erfolgt die Genese zum Mudschahid, der bereit ist, für das transzendente Ziel des direkten Eintrittes in das Paradies sein Leben und die Leben ihm vollkommen Unbekannter zu opfern.
IV. Die Gruppe vollzieht hierbei die gleichen Mechanismen im Verhältnis Innen – Außen wie Muhammad seit der Hidschra im 7. Jahrhundert: Abgrenzung durch die Selbstbeschreibung „Gläubige“ und die Benennung der anderen als Residualkategorie „Ungläubige“, worunter heute auch Muslime anderer Glaubensauslebung fallen. Ebenso bezeichnend ist die Aggregation verschiedener Individuen mit unterschiedlicher sozialer und religiöser Sozialisation zu einem religiösen Kollektiv, welches den Jihad führen wird. Das schließt nicht die nach außen vermittelte scheinbare Integration in die Gesellschaft aus, um die Ungläubigen zu täuschen.
V. Diese jihadistischen Netzwerke wollen das Dar(u) l-Islam in einem durch die angeführte Jihadliteratur definierten Jihad als Fard Ayn vom Zustand der Jahiliyya reinigen und die Besetzung des Dar(u) l-Islam durch die „Juden und Kreuzfahrer“ beenden. All diese Zwischenziele dienen einem Endziel: Die globale Geltung von Allahs Gesetz, der Shari’a, in einer reanimierten globalen Ur-Umma, wofür das Dar(u) l-Harb in das Dar(u) l-Islam eingegliedert werden soll.
VI. In einem weiteren Schritt wäre zu prüfen, ob die stattfindenden gruppendynamischen Prozesse noch auf der Grundlage des „Milgram Experimentes“ erklärt werden können. Milgram spricht in Bezug auf das Ergebnis seines Experimentes von einem „Agens-Zustand“: Der Proband wird durch seinen Eintritt in ein Autoritätssystem versetzt, in dem er nicht aufgrund eigener Zielsetzungen handelt, sondern zum Instrument der Wünsche anderer wird.[4]


[1] Siehe Sure 8, Vers 41, wonach 4/5 der Kriegsbeute den Mudschahidun zustehen. Dieser Vers diente auch der so genannten Devşirme (Knabenlese) im Osmanischen Imperium, womit christliche Jungen ihren Familien entrissen und zwangskonvertiert wurden, um diese dann in die Elitetruppe der Janitscharen einzugliedern [2] Die als extrem geltenden „takfiris“ gehen auf den 1977 hingerichteten Landwirtschaftsingenieur und Muslimbruder Schukri Mustafa zurück, der von den Schriften Sayyid Qutbs´s beeinflusst worden war. Ziel der Gruppe war eine radikale Rückkehr zu den Wurzeln des Islams und die Errichtung einer reinen islamischen Gesellschaft in Ägypten; „takfir“: „Entlassung in den Unglauben“
[3] „Amir al-Muminin“: „Befehlshaber der Gläubigen“. Stellt seit dem zweiten rechtsgeleiteten Kalifen Umar Ibn al-Chattab ein Synonym für den Kalifen oder einen sonstigen religiös legitimierten islamischen Herrscher dar
[4] Das 1962 von Stanley Milgramm als erstes durchgeführte Experiment soll testen, wie ausgeprägt die Bereitschaft einer durchschnittlichen Person ist, autoritären Anweisungen Folge zu leisten, auch wenn es gegen deren Gewissen gerichtet ist