2 Baptisten sind vom Vorwurf, das Türkentum beleidigt zu haben, freigesprochen worden.




Turan Topal (links) und Hakan Tastan, hier auf einem Foto von 2007, wurden am 14. Oktober vom Vorwurf der 'Beleidigung des Türkentums' durch die Verbreitung des Christentums freigesprochen, aber nicht ohne eine deftige Geldstrafe wegen eines anderen Vorwurfs.

Die Anklage, den türkischen Staat nach Artikel 301 sowie dessen Bürger nach Artikel 216 durch Verbreitung des Christentums beleidigt zu haben, wurde fallengelassen.

Sie wurden jedoch, weil sie Informationen über Bürger ohne deren Erlaubnis gesammelt hatten (Artikel 135), jeweils zu 7 Monaten Gefängnis oder 4.500 Lira - 2.265 € - verurteilt.

Beide möchten in Berufung gehen, sobald sie das Urteil schriftlich besitzen. Der Berufungsprozess könnte bis zu einem Jahr dauern.

Die Anhörung vor Gericht hätte 5 Minuten lang gedauert, die Richter hätten bereits ihre Entscheidung vorher getroffen. Die Akte war vollständig, es gab keine neuen Beweise oder Zeugenaussagen.

Die Anfangsklage gegen Tastan und Topal stützte sich 2006 auf Telefonate an Behörden, in denen beklagt wurde, dass christliche Missionare illegale Gruppierungen in Schulen bilden wollten und das Türkentum, das Militär und den Islam beleidigen würden.

Im März 2009 veröffentlichte das türkische Justizministerium eine Erklärung, dass die Zustimmung zur Anklageerhebung gegenüber den beiden Männern nach dem umstrittenen Artikel 301 erfolgte, als eine Reaktion auf die 'Original'-Aussage von drei jungen Männern, dass Topal und Tastan missionarische Aktivitäten leiteten mit denen sie zeigen wollten, dass der Islam eine primitive und erfundene Religion sei, deren Ergebnisse der Terrorismus sei, sowie Türken als ein 'verfluchtes Volk' darzustellen.

Zwei der drei Zeugen hatten vor Gericht jedoch erklärt, dass sie Topal und Tastan noch nicht einmal kannten. Der dritte Zeuge erschien nie vor Gericht. Staatsanwälte konnten keine Beweise dafür erbringen, dass die Angeklagten den Islam in solchen Begriffen beschrieben hätten. Gleichzeitig stellte man deren Recht in Frage, offen mit anderen über das Christentum zu sprechen.

In einem anderen Fall im März 2009 wurden Tastan und Topal wegen illegalem Geldsammelns bei Opfererhebungen in der Kirche zu jeweils 600 Lira - 302 € - verurteilt.

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Michael Mannheimer: Systematische Christenverfolgung in der Türkei

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Artikel 301 (Türkisches Strafgesetzbuch)


Wortlaut und Herkunft
„ Art. 301
Herabsetzung der türkischen Nation, des Staats der Republik Türkei, der Institutionen des Staates und seiner Organe(1) Wer die türkische Nation, den Staat der Türkischen Republik, die Große Nationalversammlung der Türkei, die Regierung der Türkischen Republik und die staatlichen Justizorgane öffentlich herabsetzt, wird mit sechs Monaten bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft.(2) Wer die staatlichen Streitkräfte oder Sicherheitskräfte öffentlich herabsetzt, wird gemäß Abs. 1 bestraft.(3) Meinungsäußerungen, die mit der Absicht der Kritik erfolgt sind, stellen keine Straftat dar.(4) Die strafrechtliche Verfolgung wegen dieser Tat hängt von der Ermächtigung des Justizministers ab.[4]
Der türkische Ausdruck „aşağılamak“ kann ins Deutsche mit „Verunglimpfung“, „Beleidigung“, „Erniedrigung“ oder „Herabwürdigung“ übersetzt werden.[5] [...]

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After long legal battle, Christian men found not guilty of 'insulting Turkishness'

Video: Aghet – der türkische Völkermord an den Armeniern