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    "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht" - Stuttgarter Zeitung

    "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht"

    Artikel aus der STUTTGARTER ZEITUNG vom 04.10.2010

    Interview

    Für Thorbjørn Jagland, den Chef des Europarats, ist der Umgang mit Roma und Muslimen Ausdruck tief sitzender Ängste.

    Integrationsdebatte, Roma-Debatte - das Thema Minderheiten und Menschenrechte ist in den Schlagzeilen. Der Europarat, dem 47 Staaten angehören, versteht sich seit seiner Gründung vor 60 Jahren als Hüter der Grundrechte. Sein Generalsekretär, der Norweger Thorbjørn Jagland, sieht Europa in der Krise.

    Herr Jagland, nach der Abschiebung von 8000 Roma hat die EU-Kommission Paris zwei weitere Wochen gegeben, um sein Recht den EU-Vorgaben anzupassen. Hätte dieses Vorgehen nicht sofort ein Vertragsverletzungsverfahren nach sich ziehen müssen?

    Brüssel muss das auf Basis des EU-Rechts entscheiden. Wir als Europarat diskutieren das auf der Basis der Europäischen Menschenrechtskonvention. Und bisher ist noch keine Klage in der Sache bei unserem Straßburger Gerichtshof eingereicht worden. Unser Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg und das Komitee gegen Rassismus und Intoleranz haben sich des Themas aber angenommen und starke Kritik am Vorgehen Frankreichs geübt.

    Sie haben sich dennoch eingeschaltet.

    Mir geht es darum, jetzt eine konstruktive Rolle zu spielen. Es bringt nichts, einzelne Länder - in diesem Fall Frankreich und Italien - an den Pranger zu stellen, denn es handelt sich um eine gesamteuropäische Krise. Das Problem geht uns alle an.

    Inwiefern?

    Die Roma sind mit zwölf Millionen Menschen Europas größte Minderheit. Wie wir mit ihnen umgehen, sagt etwas über unsere Demokratie aus. Ihre schlimme Lage wird nun sichtbar, weil die Grenzen in weiten Teilen Europas offen sind. Die Roma reisen heute mehr, als das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Leider entstehen dabei auch Elendslager, in denen die Menschen unter erbärmlichen Umständen leben. Und es ist einfach nicht tolerierbar, dass wir eine solche menschliche Katastrophe inmitten unseres Kontinents dulden.

    Kann der Europarat helfen, den Streit zu beenden und die Lage der Roma zu verbessern?

    Absolut. Wir haben im Lauf der Jahre viel Fachwissen angesammelt. Wir können die Roma, die sich in einem Land niederlassen, beraten, damit sie für ihre Rechte kämpfen können. Wir wollen Vermittler einsetzen, die den Menschen bei Behördengängen helfen oder ihnen Zugang zu öffentlichen Diensten zu verschaffen, kurzum: sie in die Gesellschaft zu integrieren.

    Das kostet auch Geld. Hoffen Sie, es bei der Regierungskonferenz aller ihrer 47 Mitgliedstaaten zu bekommen, zu der Sie für den 20. Oktober nach Straßburg eingeladen haben?

    Da wird es sicher auch um zusätzliches Geld gehen. Das meiste von dem, was benötigt wird, ist allerdings bei der EU-Kommission schon vorhanden. Es wurde nur nicht abgerufen. Am allerwichtigsten ist jedoch, dass wir konkrete Maßnahmen entscheiden. Und wir sollten das Geld nicht in Projekte stecken, die erwiesenermaßen keine Wirkung hatten. Wir sollten uns auf die Bildung konzentrieren. Wir müssen es schaffen, dass eine kritische Masse von Roma-Kindern die Schule besucht.

    Alles andere ist nebensächlich?

    Man muss irgendwo anfangen. Nehmen Sie die Farbigen in Amerika. Erst als sie anfingen, in die Highschools und an die Unis zu gehen, fingen die Dinge an, sich zu entwickeln. Dann waren sie in Parteien und Unternehmen vertreten - das war ein dynamischer Prozess. Und das muss auch mit den Roma in Europa passieren.

    Hat die Europäische Union das Menschenrechtsthema eventuell vernachlässigt? Viele sehen sie vorrangig noch immer als Wirtschaftsgemeinschaft. Die Grundrechtecharta im Lissabonvertrag ist noch neu.

    Ich mache der EU keine Vorwürfe. Weil sie nämlich viel Geld gegeben hat, das eben nicht abgerufen wurde. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Im Lager von Mitrovica im Kosovo, das von den Vereinten Nationen errichtet wurde, leben die Roma heute in einer hochgradig vergifteten Umgebung. Das ist ein internationaler Skandal. Niemand hat dort geholfen - heute aber lässt die EU Häuser bauen und leistet damit konkrete Hilfe. Und es gab auch in anderen Fällen Geld für Projekte. Es war deren Umsetzung durch die Mitgliedstaaten, die versagt hat.

    Die "Roma-Debatte" ist Teil einer weiter gehenden Diskussion über die teils mangelnde Integration anderer Migranten. Sie wird oft in bisher ungekannter Schärfe geführt.

    Das Zusammenleben in Europa ist bedroht, weil wir noch immer nicht richtig daran gewöhnt sind, dass Menschen von außen zu uns kommen. Ein weiteres Beispiel ist die stärker werdende Diskriminierung von Menschen mit anderer sexueller Orientierung. Auch das ist ein Zeichen dafür, was sich in unseren Gesellschaften abspielt. Es gibt so viele verschiedene Kulturen und Einstellungen. Und das erzeugt viele Ängste und zu einem gewissen Grad auch Rassismus und Xenophobie. Wir müssen deshalb eine Debatte darüber beginnen, wie wir in Zukunft zusammenleben wollen. Wie jetzt können wir nämlich nicht mehr sehr lange weitermachen. Wir haben einen kritischen Punkt erreicht.

    Wie meinen Sie das?

    Wir sehen, dass extreme politische Kräfte vielerorts auf dem Vormarsch sind. Man sieht das in den Niederlanden oder gerade erst in Schweden. Europa muss also darüber reden, wie wir uns gegenseitig akzeptieren und mehr voneinander profitieren können, als das bisher der Fall gewesen ist.

    Im Mittelpunkt dieser neuen Ängste stehen vor allem Muslime, was sich ja auch in der vielerorts ablehnenden Haltung zu einem EU-Beitritt der Türkei spiegelt. In Ihrer Organisation dagegen übernimmt Ankara nun sogar turnusgemäß den Vorsitz.

    Wir vereinen Menschen verschiedener Kulturen und Religionen - das ist der Mehrwert des Europarats. Mitglied ist nicht nur die Türkei, sondern auch Bosnien-Herzegowina. Sarajevo ist Europas internationalste Stadt. Wir arbeiten dafür, sie als Symbol des Multikulturalismus zu erhalten.

    Dieses Symbol ist bedroht - so wie der Multikulturalismus insgesamt bedroht ist?

    Die Kluft zwischen demokratischen und extremen Kräften wächst. Am Terrorismus sieht man das am deutlichsten. Der hat natürlich viele Ursachen, im Grunde aber ist er ein Angriff auf die Demokratie. Es ist ja kein Zufall, dass es in der Türkei besonders viele Angriffe gab. Denn diese Kräfte sehen nichts weniger gern als ein demokratisches muslimisches Land. Das ist für sie die größte Gefahr. Kann nämlich die Türkei beweisen, dass Islam und Demokratie zusammengehen, wird das die größte Bedrohung für diese dunklen Kräfte sein.

    Am Ziel ist die Türkei wohl noch nicht. Aus dem Land sind noch mehr als 10 000 Beschwerden beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig - das bedeutet Platz zwei nach Russland.

    Das stimmt, aber die Urteile verändern auch Gesetze. Abertausende Menschen klagen Jahr für Jahr in Straßburg. In Russland etwa haben Tausende von Tschetschenen in der Gefängniszelle auf einem Stück Papier einen Antrag formuliert. Der Gerichtshof hat geurteilt, dass Russland sie entschädigen muss. Moskau zahlt die Strafen. Und wie gesagt, die Rechtslage wird angepasst - nicht nur in Russland oder der Türkei, sondern auch in Frankreich und Deutschland. Nehmen Sie die Auflagen zur Beschleunigung der Gerichtsverfahren oder zur Sicherungsverwahrung. Es ist ein komplexer Prozess, Demokratien an die Prinzipien der Europäischen Menschenrechtskonvention heranzuführen. Aber er ist wichtiger denn je, um das friedliche Zusammenleben in einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft zu ermöglichen.

    Das Gespräch führte Christopher Ziedler.

  2. #2
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    AW: "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht" - Stuttgarter Zeitung

    Und wenn sie es nicht beweisen kann - dann sind die "Dunklen Kräfte" nicht Wilders und Co. sondern die Idioten in Brüsssel und die Führer der Nationalstaaten -hier nur mal Wulff als erschreckendes Beispiel genannt!

  3. #3
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    AW: "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht" - Stuttgarter Zeitung

    Seit Atatürk die "moderne" Türkei schuf, ist der Islam dabei seine alte Stellung zurückzuerobern. 1960 wurde sogar der aus dem Amt geputschte Ministerpräsident Menderes vor Gericht gestellt und ein Jahr später hingerichtet, weil er unter anderem den Islam stärken wollte. Vor 15 Jahren ging dann Erbakan ans Werk und versuchte relativ plump ebenfalls den Islam zum Sieg zu verhelfen. Auch er wurde abgesetzt. Nun agiert Erbakans Schüler Erdogan deutlich schlauer aber mit dem gleichen Ziel. Das alles zeigt, dass sich die Demokratie in der Türkei einem permanenten Abwehrkampf gegen die islamischen Revisionisten stellt. Siegen wird am Schluss Erdogan

  4. #4
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    AW: "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht" - Stuttgarter Zeitung

    Die Kluft zwischen demokratischen und extremen Kräften wächst. Am Terrorismus sieht man das am deutlichsten. Der hat natürlich viele Ursachen, im Grunde aber ist er ein Angriff auf die Demokratie. Es ist ja kein Zufall, dass es in der Türkei besonders viele Angriffe gab. Denn diese Kräfte sehen nichts weniger gern als ein demokratisches muslimisches Land. Das ist für sie die größte Gefahr. Kann nämlich die Türkei beweisen, dass Islam und Demokratie zusammengehen, wird das die größte Bedrohung für diese dunklen Kräfte sein.
    Mit den dunklen Kräften meint er die 'Islamisten', also diejenigen, die den Islam über alles stellen, wie z.B. die OIC. Um diese dunklen Kräfte in die Schranken zu weisen, muss man ihnen mit allen Mitteln entgegentreten, anstatt ihnen stets nachzugeben, aus Angst vor Terroranschlägen und Aufständen. Sie sind es, die hier viele Moscheen bauen und ihre dunkle Ideologie als den einzig wahren Islam verkünden. Sie arbeiten i.d.R. nicht mit Terroranschlägen, sondern mit alltäglichem Terror, Einschüchterung, Unterdrückung...
    Was ich schreibe ist meine Meinung und nicht unbedingt die Wahrheit - Regimekritik - WEFers are evil. Im Zweifel ... für die Freiheit. Das Böse beginnt mit einer Lüge.

    Kalifatslehre. Darum geht es.


  5. #5
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    AW: "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht" - Stuttgarter Zeitung

    Erdogan über "moderater Islam", : „Diese Bezeichnungen sind sehr hässlich, es ist anstößig und eine Beleidigung unserer Religion. Es gibt keinen moderaten oder nicht-moderaten Islam. Islam ist Islam und damit hat es sich.“ Quelle: Milliyet,Turkey, 21.08.2007

    Erdogan: "Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." Quelle: Wikipedia und „Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ Erdogan, Köln, Jan 2008

  6. #6
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    AW: "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht" - Stuttgarter Zeitung

    Zitat Zitat von open-speech Beitrag anzeigen
    [...]
    Für Thorbjørn Jagland, den Chef des Europarats, ist der Umgang mit Roma und Muslimen Ausdruck tief sitzender Ängste.[...]
    Wikipedia: Thorbjørn Jagland

    [...]

    Am 9. Oktober 2009 teilte Jagland im Namen des Komitees zur Vergabe des Friedensnobelpreises mit, den amtierenden US-Präsidenten Barack Obama auszuzeichnen. Die Entscheidung stieß weltweit auf ein geteiltes und gedämpftes Echo.[2] Durch eine Indiskretion wurde bekannt, dass es Jagland und seiner Parteikollegin Sissel Rønbeck erst nach langer Diskussion gelang, die drei anderen Juroren von ihrem Vorschlag zu überzeugen.[3]

    Friedenspreis für einen Kriegsherrn

    [...]
    Der Präsident des Nobel-Komitees, Thorbjorn Jagland, ist ehemaliger Regierungschef Norwegens, Vizepräsident der Sozialistischen Internationale, eifriger Befürworter der „Globalisierung“, also der Vorherrschaft des anglo-amerikanischen Finanzkapitals, sowie des Beitritts Norwegens in EU und NATO. Zugleich ist er Präsident des Oslo Center for Peace and Human Rights und Partner in der National Endowment for Democracy (Nationale Stiftung für Demokratie) und im Council on Foreign Relations (Rat für auswärtige Beziehungen), in der Trilateralen Kommission und der Bilderberg-Gruppe. Erst neulich, am 29. September, ist Thorbjorn Jagland auch Generalsekretär des Europarates geworden. (Interessant ist, daß nach den Statuten der Nobel-Stiftung, ein Mitglied des Nobel-Komitees kein wichtiges politisches Amt exekutiven Charakters zugleich bekleiden darf. Jagland antwortet darauf, die Nobel-Statuten meinten ein Ministeriumsamt, aber nicht den Europarat.) In seiner politischen Vergangenheit war Jagland mehrmals in Korruptionsfällen verwickelt, übrigens zusammen mit seinem Freund und Planungsminister Terje Rod Larsen, der jetzt im Namen der UNO die ewigen Verhandlungen im Mittleren Osten „koordiniert“.

    Im September 2008 hatte Thorbjom Jagland eine Vereinbarung zwischen der National Endowment for Democracy und dem Oslo Center geschlossen, um eine Nebenstiftung in Minneapolis zu gründen, die es der CIA ermöglicht, die norwegische Organisation Oslo Center mittelbar zu finanzieren. (Oslo Center wirkt auf Wunsch Washingtons in Marokko und vor allem in Somalia. Während der jüngsten Wahlen im Iran, unterstützte Oslo Center die Finanzen des Gegenkandidaten und ehemaligen Präsidenten Hatami.) [...]

    ***

    Thorbjørn Jagland war 1996 Gast der Bilderberger, allerdings wird sein Name in der Schreibweise 'Jagland, Torbjorn', noch dazu in einer Grafik-Datei, nicht so leicht gefunden. (OT: Ähnliches gilt auch für 'Gerhard Schroeder'.)

    http://www.scribd.com/doc/21128511/Bilderberg-1996

  7. #7

    AW: "Das Zusammenleben in Europa ist bedroht" - Stuttgarter Zeitung

    Komisch ich habe das Zusammenleben mit einigen Kulturen immer als Bedrohung empfunden, so neu ist das nicht.

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