Fall Sarrazin

FAZ: Wulff diktierte der Bundesbank die Bedingungen


Die Einflussnahme des Bundespräsidenten auf die Bundesbank ging in der Affäre um Thilo Sarrazin weiter als bekannt. Die Verhandlungen über die Bedingungen für den Rücktritt von Sarrazin wurden offenbar allein von Vertretern des Bundespräsidenten geführt, heißt es im Umfeld der Bundesbank.

Von Stefan Ruhkamp

14. September 2010

Die Einflussnahme des Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) auf die Bundesbank ging in der Affäre um Thilo Sarrazin weiter als bisher bekannt. Die Verhandlungen über die Bedingungen für den Rücktritt von Sarrazin wurden offenbar allein von Vertretern des Bundespräsidenten geführt. So heißt es im Umfeld der Deutschen Bundesbank.

Am Mittwoch vergangener Woche habe das Bundespräsidialamt Sarrazins Anwalt Stefan Eiden zu einem Gespräch eingeladen. In den Verhandlungen, die um 17:30 Uhr begannen und gegen 21 Uhr endeten, waren außer Eiden mindestens drei Vertreter des Präsidenten anwesend, darunter Lothar Hagebölling, Staatssekretär im Präsidialamt. Die Bundesbank sei gar nicht vertreten gewesen. Sollte diese Darstellung stimmen, würde das den Angaben des Bundespräsidenten widersprechen. Das Bundespräsidialamt hat bislang nur eingeräumt, dass es den freiwilligen Rückzug Sarrazins aus dem Vorstand der Bundesbank eingefädelt und die „Rolle der Mediation“ eingenommen habe.


Selbst der Pressetext soll in wesentlichen Teilen diktiert worden sein

Nach der neuen Darstellung ging die Einflussnahme deutlich weiter. Demnach wurden in der Sitzung am Mittwoch Sarrazins wichtigste Bedingungen akzeptiert, ohne dass ein Vertreter der Bundesbank anwesend gewesen war: die Rücknahme des Vorwurfs, Sarrazin habe Ausländer diskriminiert, die Rücknahme des Antrags auf Entlassung sowie Sarrazins Anspruch auf eine ungekürzte Pension. Selbst der Pressetext, den die Bundesbank am nächsten Tag veröffentlichte, soll in dieser Sitzung in wesentlichen Teilen diktiert worden sein.

In einem zweiten Treffen am nächsten Tag, dem Donnerstag vergangener Woche, sei ein Vertreter der Bundesbank hinzugezogen worden. Dabei sei der Pressetext in einem Punkt geändert worden, nicht aber die anderen Vereinbarungen. Die Bundesbank und das Bundespräsidialamt kommentierten diese Darstellung am Dienstag nicht.

Sarrazin reagiert unterdessen auf den Vorwurf, es sei ihm ums Geld gegangen. Sarrazin hat eine Pension durchgesetzt, die so hoch sein wird, wie sie bei der vollständigen Amtszeit gewesen wäre. Der Unterschied soll 1000 Euro monatlich betragen. Er hätte sich auch auf den Standpunkt stellen können, dass ihm die vollen Vorstandsbezüge bis 2014 zuständen, sagte er der Zeitung Bild. Das wären einige Hunderttausend Euro gewesen. „Aber die habe ich eben nicht verlangt, weil ich nicht als der Wiedeking der Politik gelten will.“ Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Porsche, Wendelin Wiedeking, hatte eine Abfindung von rund 50 Millionen Euro erhalten. Die Vereinbarung mit ihm sei vertraulich gewesen, sagte Sarrazin, und die Vertraulichkeit habe nicht er gebrochen.

Text: F.A.Z.

Bildmaterial: dapd, dpa