Schleierverbot in Bosnien


diestandard.at: Nikab-Trägerin "bedrohte" Abgeordnete





"Unser Nikab, unsere Entscheidung, unser Recht" steht auf den Schildern der Demonstrantinnen, die sich am Montag in Sarajevo gegen das geplante Verschleierungsgesetz versammelt haben.

Parlament verschob Debatte und Abstimmung zum Gesetzesentwurf wegen Anwesenheit einer verschleierten Zuhörerin

Sarajevo - Das bosnische Parlament hat am Mittwoch die Abstimmung über das Schleierverbot in der Öffentlichkeit auf 1. September verschoben, nachdem eine Frau im Nikab als Zuhörerin bei der Debatte erschienen ist.

Die Frau gab sich als Nadja Dizdarevic zu erkennen, die Menschenrechtlerin, die im Vorfeld der Abstimmung die Frauenproteste gegen das geplante Verbot organisiert hat. Sie ist mit einem algerisch-bosnischen Staatsbürger verheiratet, der bis 2008 in Guantanamo gefangen gehalten wurde. Das Verbot der Gesichtsverschleierung würde ein Verbot der Teilnahme am öffentlichen Leben bedeuten, meinte Dizdarevic im Rahmen der Protestaktion im Vorfeld lokalen Medien gegenüber.

Die serbischen Abgeordneten fühlten sich durch die Gegenwart der Frau "bedroht", da sie ihrer Ansicht nach ihre "Identität verstecke". Deshalb wurde die Debatte verschoben.

"Ich bin überrascht, enttäuscht und verletzt, dass meine Anwesenheit ein Problem dargestellt hat", sagte Dizdarevic, die nach der Verschiebung der Schleier-Debatte aufgefordert wurde, das Parlament zu verlassen.


Bis zu sieben Tage Haft

Laut dem Gesetzesentwurf soll in Bosnien-Herzegowina Bekleidung untersagt werden, welche die "Identifikation von Personen" an öffentlichen Orten unmöglich macht. Für Verstöße gegen das Gesetz sind Geldstrafen in Höhe von 50 Euro bzw. ein bis sieben Tage Haft vorgesehen.

Der Gesetzesentwurf ist offenbar gegen jene muslimische Frauen gerichtet, die sich seit dem Bosnien-Krieg in den 90er-Jahren zur Gesichtsverschleierung entschlossen haben. Das ehemalige Jugoslawien hatte sie im Jahr 1950 gesetzlich untersagt.

Im parlamentarischen Menschenrechtsausschuss hat der Gesetzesentwurf auf Antrag der Partei des bosnisch-serbischen Premiers Milorad Dodik nicht die notwendige Unterstützung erhalten.

Nur eine Handvoll Musliminnen in Bosnien tragen Burka oder Nikab. (Reuters/red)