Kosovo

spiegel.de: Explosion bei serbischer Kundgebung

Eine Demonstration von Serben in der geteilten Stadt Mitrovica hat ein blutiges Ende gefunden. Mitten in der Menschenmenge detonierte ein Sprengsatz. Ein Mensch kam ums Leben, elf weitere wurden verletzt.

Pristina - Mehrere hundert Menschen hatten sich am Freitag in der geteilten Stadt Mitrovica versammelt. Serben, die gegen die Eröffnung eines Büros der Kosovo-Regierung in der im Norden gelegenen Stadt protestieren wollten. Plötzlich detonierte ein Sprengsatz. Dabei wurde ein Mensch getötet, elf weitere wurden verletzt, berichteten die örtlichen Medien. Bei dem Toten handelte es sich um einen Kinderarzt. Ärzte erklärten, er sei im Krankenhaus seinen Verletzungen an der Brust erlegen. Die Verletzten hätten Wunden durch Granatsplitter erlitten.

Starke Polizeieinheiten und die Nato-Schutztruppe Kfor bezogen in der Stadt Stellung, Militärhubschrauber kreisten über dem Zentrum. Mitrovica wird mehrheitlich von Serben bewohnt.

Die Kosovo-Regierung hat bisher keinen Zugriff auf den Norden des Landes mit der serbischen Mehrheit. In dem neuen Regierungsbüro sollen Personaldokumente und Kfz-Papiere ausgestellt werden. Die dortigen Serben lehnen das ab und wollen weiter ausschließlich Dokumente aus der angrenzenden Republik Serbien nutzen. Sie erkennen die Kosovo-Regierung nicht an. Im gesamten Kosovo stellen die Albaner mit mehr als 90 Prozent die Mehrheit, die Serben die Minderheit.

In Serbien trat inzwischen der nationale Sicherheitsrat zusammen, der von einem "Terrorakt gegen Demonstranten" sprach.

Kosovo hatte sich vor zwei Jahren für unabhängig erklärt. Mehr als 60 Staaten, darunter die große Mehrheit der EU-Länder, die USA, Kanada, Japan, Saudi Arabien und die Türkei, haben diesen jüngsten europäischen Staat bisher anerkannt. Serbien will seine frühere Provinz wieder zurück bekommen und klagt vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag. Nato-Bomben gegen Serbien hatten 1999 den Rückzug des serbischen Militärs und Paramilitärs aus dem Kosovo erzwungen. Sie hatten zuvor schätzungsweise 800.000 Albaner mit brutaler Gewalt vertrieben.

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BLICK, 21.02.2008:

Wird Kosovo der erste islamische EU-Staat?

Obwohl es schwierig aussieht, ist das gut möglich. Da Nicolas Sarkozy und Angela Merkel gegen eine EU-Mitgliedschaft der Türkei sind, ist diese kaum realisierbar. Bis der Kosovo wirtschaftlich und politisch fit für einen EU-Beitritt ist, dürfte es aber über zehn Jahre dauern. Zudem müssen mehrere Staaten ihre Abneigung überwinden.




Gibt es einmal ein Grossalbanien (siehe Karte)?

Das befürchten die Gegner der Unabhängigkeit. Sollte sich der EU-Beitritt des Kosovo nicht konkretisieren und die Situation der Leute nicht verbessern, werden sich grossalbanische Bestrebungen verstärken.


Was für ein Islam wird praktiziert?

Die meisten Kosovo-Albaner sind gemässigt religiös. Es gibt keine Scharia, viele trinken Alkohol. Allerdings finanziert Saudi-Arabien Moscheen und versucht seinen fundamentalistischen Islam zu verbreiten.


Was produziert die Wirtschaft?

Kosovos Wirtschaft ist schwach: Kleinbauern, daneben Bau und Handel. Zur Förderung der Bodenschätze fehlt oft die Infrastruktur. Am wichtigsten sind die Überweisungen durch Gastarbeiter aus dem Ausland. Mit jährlich 720 Mio. Fr. sind sie höher als alle im Kosovo erwirtschafteten Werte! Dazu ist der Kosovo ein Drehpunkt europäischer Kriminalität – von Menschenschmuggel über Waffen- bis Drogenhandel.


Wie gross ist die Exilgemeinde der Kosovaren?

Gegen 400 000 Kosovo-Albaner leben im Ausland. Am meisten – rund 200000 – in der Schweiz. Grosse Gemeinden sind auch in Österreich, Deutschland und den USA.

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Welche Sehenswürdigkeiten besitzt der Kosovo?

Viele Kulturgüter wurden im Krieg zerstört, trotzdem gibts noch wunderbare Moscheen und Klöster. Prizren ist historisch die interessanteste Stadt. In Brezovica im Süden kann man Ski fahren.


Kosovo – die Fakten

Bevölkerung: 2,2 Millionen
Fläche: 10 887 km2 (ein Viertel der Schweiz)
Haupt-Ethnien: 92% Albaner, 6% Serben
Religionen: 90% islamisch, 6% serbisch-orthodox, 2% römisch-katholisch
Sprachen: Albanisch, Serbisch
Währung: Euro
Bruttoinlandprodukt/Kopf: 1550 Fr. (Schweiz: 60008 Fr.)
Arbeitslosigkeit: fast 50%
Anteil Bevölkerung mit weniger als 2 Dollar pro Tag: 37 %