AFGHANISCHE DROGENPRODUKTION → Der afghanische Drogenschmuggel: Wer ist schuld und was ist zu tun?

Nach den Angaben des Föderalen Dienstes für Drogenkontrolle sterben jedes Jahr in aller Welt durch das afghanische Opium etwa 100.000 Menschen. Das sind doppelt so viele Menschen, wie beim Atombombenabwurf über Hiroshima den Tod fanden. Allein Russland verliert durch das afghanische Heroin jedes Jahr bis zu 30.000 Menschenleben.


Der Drogenschmuggel verläuft aus Afghanistan durch die zentralasiatischen Republiken. Sein wichtigstes Ziel sind Russland und die EU. Für die USA, die jetzt in Afghanistan tonangebend seien, würden die afghanischen Drogen keine solche Bedrohung darstellen, ja mehr noch, sie seien für sie ein Hebel, um auf die Situation in Afghanistan einzuwirken, meint Natalia Charitonowa, eine Zentralasien-Expertin und Koordinatorin des Vereinigten Eurasischen Expertennetzes (Joint Eurasian Expert Network). Konkret sagte sie Folgendes:

„Es muss die gewisse Logik des afghanischen Krieges berücksichtigt werden. Jene, die in Afghanistan kämpfen, werden so oder anders Konsumenten oder Überträger dieser Drogen-Epidemie. Das ist eine Erscheinung, die bereits nicht das erste Jahrzehnt beobachtet wird. Und der Drogenschmuggel - das ist in erster Linie ein Problem für Russland und Europa. Doch er ist auch ein Problem für die zentralasiatischen Republiken. Für die USA ist das wirklich einfach nur ein Hebel zur Einflussnahme auf die Situation in Afghanistan. Denn dieser Drogenschmuggel ist eine Methode, mit deren Hilfe die Feldkommandeure ihre Strukturen finanzieren. Ein Schlag gegen die Drogenproduzenten und die Drogenhändler kann dazu führen, dass die Feldkommandeure aktiver gegen die Koalitionstruppen vorgehen werden. Faktisch ergibt sich demnach, dass der Drogenschmuggel für die USA die Spannung für deren Operationen dort abbaut."

Das Problem hat einen globalen Charakter erlangt, und es muss in gemeinsamen Bemühungen vieler Länder geregelt werden. Als Verbündete Russlands im Kampf gegen die afghanische Drogengefahr könnten die EU, China und ebenso mehrere Länder Zentralasiens auftreten, meint die russische Expertin und fährt fort:

„Was den Kampf gegen den Drogenschmuggel betrifft, so besitzt Russland in Zentralasien zwei Hauptverbündete. Erstens ist das Kasachstan, obwohl es Probleme mit der kasachisch-turkmenischen Grenze gibt, die praktisch transparent ist. Aber dennoch existieren dort entsprechende Strukturen, die sich mit diesem Problem befassen. Kasachstan hat diesbezüglich viele Initiativen geäußert. Bisher wurden aber keinerlei ernsthafte Projekte realisiert. Der zweite Verbündete ist Usbekistan. Islam Karimow ist ein harter Gegner des Drogenschmuggels. Im Fergana-Tal wird das Drogenproblem oft von einer solchen Erscheinung überlagert, wie es der radikale Islamismus ist, wo die Drogen eine Finanzierungsquelle für die Islamisten werden. Karimow tritt deshalb aktiv gegen den Drogenschmuggel ein."

Aber trotzdem, was könnte man in Afghanistan selbst tun? Offenbar scheinen die Amerikaner dieses Land wie ein asiatisches Kolumbien zu betrachten ... „Aber das Problem so zu lösen, wie es die USA in ihren nahegelegenen Regionen tun, klappt in Afghanistan nicht", meint die Expertin überzeugt:

„In Afghanistan muss man verschiedene Varianten und verschiedene Szenarien ausarbeiten, denn hier existieren mannigfaltige traditionelle politische Strukturen. Dabei muss Russland, das diese Frage gemeinsam mit den zentralasiatischen Ländern regeln könnte, klar sein, worüber und mit wem man sich in Afghanistan einigen muss. Eine Basis und die Instrumente hierzu gibt es - das sind die Diaspora und anerkannte Experten, aber leider existieren vorerst kein ernsthaften Ausarbeitungen und ein Verständnis der Details. Es ist aber auch offensichtlich, dass man dieses Problem nicht auf jener Ebene regeln kann, wie es die USA zu tun versuchen, indem sie ihren Mann dort an die Macht bringen und etwas erwarten. Man muss eine viel breitere Koalition oder eine Allianz von Politikern in Afghanistan schaffen, doch bei all dem ist es wichtig zu begreifen, wer dieses Problem zu lösen vermag, und was ihnen dafür geboten wird."

Russland erklärte seine feste Absicht, gegen den Drogenschmuggel aus Afghanistan zu kämpfen. Konkrete Vorschläge hierzu wurden im Mai beim Besuch des Chefs des Föderalen Dienstes für Drogenkontrolle Viktor Iwanow in Brüssel unterbreitet. In Moskau findet am 9. Juni ein internationales Forum zum Thema „Die afghanische Drogenproduktion - eine Herausforderung der Weltgemeinschaft" statt. Natalia Charitonowa wird an diesem Forum teilnehmen und hofft, dass es zur Ausarbeitung eines kollektiven Aktionsplanes zur Lösung dieses ernsthaften Problems beitragen wird.

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