Zu viel Religion

Eveline Widmer-Schlumpf ist eine zierliche Person. Sie wirkt fragil und löst in ihrer Umgebung vermutlich Beschützerinstinkte aus. Doch keine Angst, so schnell zerbricht diese Frau nicht.

Sie kann hart und konsequent sein. In diesen Tagen markiert sie mit Bedacht die Hardlinerin. Sie zieht in der Ausländer- und Asylpolitik die Schraube an. Zugleich sucht sie den Kontakt mit den Muslimen unseres Landes und setzt sich regelmässig mit deren Vertretern zusammen, zum «Muslim-Dialog».

Sonntagsblick wollte von der Justizministerin wissen, was sie sich von diesem interkulturellen Dialog verspricht. Ihre Antwort: den Muslimen klarmachen, dass die Schweizer Gesetze für alle gelten.

Was wollen die Muslime? Auf diese Frage von SonntagsBlick mochte die Bundesrätin partout nicht antworten. Das hat uns stutzig gemacht. Unsere Recherchen zeigten schnell, weshalb sie hier schweigt. Die Imame, Mullahs und Muftis wünschen sich Sonderrechte für Muslime, einen eigenen «Rechtsrahmen» für ihre Glaubensgenossen. In diesem Punkt darf die Justizministerin keine Konzessionen machen!

Berechtigte Anliegen der Muslime aber müssen wir ernst nehmen. Es ist verständlich, dass sie ihre Verstorbenen nach eigenen Traditionen bestatten, ihre Gebetshäuser in würdiger Umgebung haben möchten. Dass sie nicht wegen ihrer Herkunft oder ihres Glaubens diskriminiert werden.

Viele Fragen des Muslim-Dialogs drehen sich um religiöse Praktiken. Im Alltag der meisten Muslime allerdings haben sie geringe Bedeutung, weil diese so wenig religiös sind wie wir Christen. Wir führen ein weltliches .Leben. Sie auch. Nur beim Festen und Trauern, bei Taufe, Hochzeit und Beerdigungen schätzen wir religiöse Rituale, die uns Halt geben.

Der Pfarrer im Dorf ist eine Respektsperson. Aber bestimmt er unser Leben? Nein. Ähnlich wird es den Muslimen gehen. Eveline Widmer-Schlumpf muss sich überlegen, wie viel Gewicht im Muslim-Dialog sie den geistlichen Repräsentanten zugesteht und wie viel den weltlichen.

Es ist zu viel Religion im Spiel! Aber das lässt sich korrigieren.

***