"'Daham statt Islam' wird es nicht mehr geben"

Die FPÖ will ihre Linie ändern und mehr auf "Positivthemen" setzen - Wie, erklärt Vize-Parteiobmann Norbert Hofer im Interview


Als Freiheitlicher komme man in den Medien fast nur dann vor, wenn man "irgendwas Aufregendes sagt", so der stellvertretende FPÖ-Chef Norbert Hofer. Daher will die Partei in Zukunft versuchen "breiter" zu werden und mehr "Positivthemen" zu bringen: "Man kann nicht nur sagen, dieses und jenes sei schlecht." Man müsse auch Antworten bieten, so Hofer. Die Fragen stellten Saskia Jungnikl und Lukas Kapeller.

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derStandard.at: Herr Hofer, fühlen Sie sich als FPÖ-Politiker verfolgt?

Norbert Hofer: Nein. Ich bin mit der Bevölkerung und mit den Medien immer sehr gut ausgekommen.

derStandard.at: Aber es ist ein Teil der Rolle der FPÖ, dass sie dazu neigt, sich als Opfer darzustellen und zu betonen, dass sie anders behandelt wird als andere Parteien, oder?

Hofer: Das Problem ist, dass wir bei Sachthemen so schwer durchkommen. Wenn du als Freiheitlicher ein Konzept entwickelst, zum Beispiel für ein neues Pflegemodell, dann ist es irrsinnig schwer, in der Zeitung oder im Fernsehen vorzukommen. Wenn du als Freiheitlicher irgendwas ganz Aufregendes sagst, was irgendwie unter der Gürtellinie ist, kommst du sicher vor.

derStandard.at: Sie haben federführend am neuen Parteiprogramm der FPÖ gearbeitet. Steht da drinnen, was eine "soziale Heimatpartei" ist?

Hofer: Es ist immer von zwei Flügeln in der FPÖ die Rede. Das ist nicht richtig. Wir haben in Wirklichkeit drei Standbeine. Das eine ist das freiheitliche Gedankengut. Das heißt: kein Überwachungsstaat, möglichst wenig Reglementierung. Das zweite ist das heimatbezogene, also auch patriotisch, ohne dabei andere Staaten oder Nationen schlechtzureden. Und der dritte Bereich ist das Soziale.

derStandard.at: Und das Soziale ist Ihres? Man hat das Gefühl, Generalsekretär Herbert Kickl und Sie versuchen das sehr zu betonen.

Hofer: Genau. Deswegen habe ich das große Glück, dass ich das Programm machen darf.

derStandard.at: Soll das heißen, dass die FPÖ vorrangig mit dem Ausländerthema verbunden wird, ist gar nicht die Schuld der FPÖ?

Hofer: Die FPÖ muss, was das Ausländerthema anbelangt, auch immer den einzelnen Menschen betrachten. Es gibt Zuwanderer, die sich in Österreich etwas aufbauen wollen und die sind herzlich willkommen. Es gibt Zuwanderer, die das vielleicht nicht wollen. Man darf nicht alle in einen Topf schmeißen.

derStandard.at: In ihrer Werbelinie kommt das nicht so rüber.

Hofer: Das wird sich ändern. Sie werden feststellen, dass im Wien-Wahlkampf die Linie eine andere sein wird als vor einigen Jahren. "Daham statt Islam" wird es nicht mehr geben.

derStandard.at: Heinz-Christian Strache wird in Wien jetzt schon mit Slogans wie "Endlich Gerechtigkeit" und "Endlich Respekt" plakatiert. Will die FPÖ ihren Parteichef als den besseren Sozialdemokraten als Michael Häupl verkaufen?

Hofer: Nein. Wir versuchen nur, Positivthemen zu bringen. In den 80er Jahren ging es darum, eine starre Große Koalition aufzubrechen. Die Zeiten haben sich geändert, du musst Antworten bieten. Man kann nicht nur sagen, dieses und jenes sei schlecht. Deswegen müssen wir bei Kampagnen auch positiv argumentieren können und zeigen, was unsere Werte sind.

derStandard.at: Die FPÖ hat ihre Wahlerfolge seit 2005 aus einer Proteststimmung heraus erreicht. Wie schafft man jetzt den Spagat, dass man die 10 bis 15 Prozent, die man damit bindet, mit der neuen Linie nicht enttäuscht?

Hofer: Indem du nicht nur sagst, was falsch läuft, sondern auch sagst, wie du es machen willst. Das Handbuch freiheitlicher Politik, das wir jetzt herausgegeben haben, geht zum Beispiel viel mehr ins Detail als das Regierungsprogramm. Das ist für eine Oppostionspartei eigentlich ein Risiko, wenn man ganz genau sagt, wie man das umsetzen will. In dem Moment, wo du es sagst, gibt es einen neuen Angriffspunkt.

derStandard.at: Sie bereiten sich auf eine Regierungsbeteiligung vor?

Hofer: Wir müssen immer vorbereitet sein. Wir müssen davon ausgehen, dass unter diesen Voraussetzungen, die wir jetzt haben, die Regierung nicht mehr allzu lange halten wird.

derStandard.at: Die letzten Regierungsbeteiligungen sind der FPÖ ja nicht gut bekommen. Es gibt Stimmen, die sagen, die FPÖ funktioniere nicht als Regierungspartei. Sie lebe vom Protest, von der Opposition, und gewinne dadurch Stimmen.

Hofer: Es gibt viele Beispiele, wo wir im Parlament Anträge einbringen, die nicht populär sind. Es geht darum, allzeit bereit zu sein. Es ist nicht so, dass wir wie die Grünen in eine Regierung drängen. Wir sagen nur, wenn wir Regierungsverantwortung übernehmen würden, haben wir auch die Antworten. Ich will mich aber nicht anbiedern an SPÖ oder ÖVP. Ich bin der Meinung, es war ein Fehler im Jahr 2000 als Juniorpartner in eine Regierung zu gehen. Dass wir damals Schüssel zum Kanzler gemacht haben, war nicht der richtige Weg.

derStandard.at: Ist die FPÖ personell ausreichend aufgestellt für eine etwaige Regierungsbeteiligung?

Hofer: Es ist wesentlich, dass wir Leute bei uns haben, die dazu in der Lage sind. Das war auch der Grund, warum diese "glorreichen Sieben" als Arbeitstitel präsentiert worden sind: weil man das persönliche Profil schärfen muss. Jeder kennt eine Barbara Rosenkranz, einen Martin Graf, den Andreas Mölzer. Wir müssen aber andere Leute in Position bringen.

derStandard.at: Das heißt, es ist nur Zufall, dass mit Rosenkranz, Graf und Mölzer drei eingefleischte Ideologen nicht bei diesen "glorreichen Sieben" dabei sind?

Hofer: Das ist eine Ergänzung. Diese sieben sollen zusätzlich präsentiert werden.

derStandard.at: Das gesunde Wachstum in der FPÖ scheint ja eine schwierige Sache zu sein: Kein Parteichef hat das bisher geschafft. Es gibt am Ende immer Abspaltungen, Splittergruppen, Grabenkämpfe.

Hofer: Das gibt es in jeder Partei. Auf einem Weg, den man beschreitet, gibt es immer Änderungen. Bei uns hat sich ein sehr starker Obmann etabliert und ich erlebe in unserer Partei gerade eine totale Geschlossenheit. Natürlich wird intern diskutiert, aber wenn ein Beschluss gefasst wird, wird der so vertreten.

derStandard.at: Sie sind Burgenländer. Der dortige VP-Chef Steindl hat angedeutet, er könnte sich vorstellen, mit den Blauen zu koalieren. Wie stehen Sie dazu?

Hofer: Nein, das wird nicht passieren. Ich hab mich mit Steindl getroffen und das mit ihm besprochen. Natürlich hätten wir Interesse, einen Machtwechsel im Burgenland herbeizuführen. Unter der Voraussetzung, dass die VP bereit ist das Proporzsystem abzuschaffen, weil das für mich hinderlich ist. SP und VP streiten die ganze Zeit und es geht in der Sache nichts weiter. Wenn Steindl gesagt hätte, er ist bereit das zu ändern, wäre eine Koalition denkbar gewesen. So nicht.

derStandard.at: Soll der Assistenzeinsatz beibehalten werden?

Hofer: Nein. Der ist vollkommen überflüssig. Ich sehe ja manchmal die Soldaten, wie sie da spazieren gehen und sich fadisieren. Bei allem Verständnis für populäre Aussagen: Das, was Niessl hier macht, ist sachlich so unverständlich. Er sagt, die Leute wollen das. Aber ich sage: Wer weiß, was das kostet und was es bringt, will das nicht. (kap, nik, derStandard.at, 21.5.2010)

Zur Person: Norbert Hofer, geboren 1971, ist seit 2005 stellvertretender FP-Chef und stellvertretender Klubobmann der Freiheitlichen Parlamentsfraktion. Er ist für die Themen Umwelt und Energie, Behinderte und Luft- und Raumfahrt zuständig. Hofer lebt in Pinkafeld, ist verheiratet und hat vier Kinder.