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  1. #1
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    Cohn-Bendit über ökonomischen Nationalismus u. EU-Krisenmanagement - SPIEGEL

    Daniel Cohn-Bendit ist ja ein echter Tausendsassa. Er ist nicht nur kinderlieb, wie man selbst sehen kann, nein, er ist auch im wirtschaftlichen Bereich sehr potent, äh kompetent. Im SPIEGEL warnt er vor 'ökonomischem Nationalismus'. Und nicht Griechenland ist schuld an seinen Schulden, sondern die bösen EU-Partner. Den Griechen Sparen nahezulegen ist hochherrschaftlich und kolonialistisches Gehabe. Menno, voll gemein: Franzosen haben die Griechen zum Kauf von Fregatten für zweieinhalb Milliarden Euro erpresst, Deutsche mit vorgehaltener Waffe U-Boote im Wert von einer Milliarde in Griechenland abgesetzt. Wir nutzen die Notlage der Griechen aus! Jetzt sollen die auch noch die von ihnen selbst geschlossenen Verträge einhalten!



    Überhaupt hat nicht Griechenland die Zahlen gefälscht, sondern die anderen haben mit Griechenland gespielt.

    'Wir müssten nicht nur die Finanzabteilungen der internationalen Organisationen mit dem Griechenland-Programm befassen, sondern auch deren Abteilungen für Beschäftigung.'

    Dass Bilderberg mehr Wirtschafts-Regierung will, ist ja bekannt.

    Aber haben wir denn jetzt schon ein Welt-Arbeitsamt?

    'Wir dürfen nicht zurückfallen in die Eigenbrötlerei der Nationalstaaten, wir müssen mehr Europa schaffen.' Wie - mit gegenseitigem Kitzeln?

    Und wozu sollte man Wirtschaftswissenschaftler interviewen, wo Cohn-Bendit doch ein Studium der Soziologie aufgenommen hatte und sich dadurch als deutlich kompetenter qualifiziert hat?

    ***

    Cohn-Bendit über das Krisenmanagement

    spiegel.de: "Sonst ist alles futsch, tschüs Euro"

    Erst im letzten Moment haben die Euro-Staaten Griechenland mit Milliarden gerettet. Ein Debakel, wettert Daniel Cohn-Bendit im SPIEGEL-ONLINE-Interview - und warnt Merkel, Sarkozy und Co. vor "ökonomischem Nationalismus". Sonst sei der gesamte Euro-Raum in akuter Gefahr.

    SPIEGEL ONLINE:
    Proteste, Krawalle, Verletzte, sogar Tote - verstehen Sie, was in Athen passiert?

    Cohn-Bendit:
    Ich verstehe die Verunsicherung der Menschen in Griechenland. Ich verstehe, dass sie den Film, der über sie hinweg läuft, nicht begreifen. Dass bei den Demonstrationen auch Leute mit Molotowcocktails auftauchen und Gewalt säen, ist bedauerlich, aber das gab es und gibt es immer wieder. Die mischen sich unter die Demonstranten und richten oft, wie jetzt in Athen, furchtbare Dinge an. Aber das darf uns doch nicht daran hindern, berechtigte Fragen zu stellen. Zum Beispiel danach, ob die Regierungen, die den Griechen jetzt das knallharte Sparprogramm aufzwingen, überhaupt wissen, was sie damit von den Menschen dort verlangen.

    SPIEGEL ONLINE:

    Mit Verlaub, Monsieur Cohn-Bendit, Europa hat sich immerhin bereit erklärt, den hochverschuldeten Griechen zu helfen. Das heißt, deutsche, französische, italienische Steuerzahler gehen für die Griechen ins Risiko - und die demonstrieren dagegen. Schon seltsam, oder?

    Cohn-Bendit:
    Klar. Aber man muss das im Zusammenhang sehen. Die EU-Partner Griechenlands haben sich lange gewehrt zu helfen. Sie haben gesagt, "Griechenland braucht nichts", "das geht schon wieder". Die haben am Anfang den Ernst der Lage nicht erkannt, haben mit Griechenland gespielt und dadurch den richtigen Zeitpunkt verpasst. Wäre Europa gleich richtig eingestiegen, wäre alles einfacher und billiger gewesen. Richtig ist, dass jetzt verschiedene europäische Länder ins Risiko gehen. Richtig ist, dass sich in Griechenland viel verändern muss. Und Papandreou, der griechische Ministerpräsident, zeigt ja viel Mumm, das Land zu verändern. Die Frage ist, gibt man ihm die Zeit, dafür einen Konsens herzustellen? Reformen, an die sich in Deutschland oder in Frankreich seit Jahren keiner heranwagt, weil ihre Durchsetzung unendlich schwierig ist, sollen die Griechen jetzt in drei Monaten umsetzen. So geht das nicht.

    SPIEGEL ONLINE:
    Wie sollte es statt dessen gehen?

    Cohn-Bendit:
    Wir müssten nicht nur die Finanzabteilungen der internationalen Organisationen mit dem Griechenland-Programm befassen, sondern auch deren Abteilungen für Beschäftigung. Es geht um Menschen, auf die muss man Rücksicht nehmen.

    SPIEGEL ONLINE:
    Nehmen die deutsche Kanzlerin und ihre EU-Kollegen zu wenig Rücksicht?

    Cohn-Bendit:
    Ja, vor allem aus Unkenntnis und Unfähigkeit. Wenn diese Merkels, Sarkozys und wie die alle heißen, selber genau wüssten, was man machen muss, würden die doch in ihren Ländern ganz anders handeln. Dann sähe es da viel besser aus. Aber die sind auch alle hoch verschuldet und schieben notwendige Reformen seit Jahren vor sich her. Aber den Griechen sagen sie hochherrschaftlich: Ihr müsst dies tun und jenes. Das ärgert mich, das ist kolonialistisches Gehabe!

    SPIEGEL ONLINE:
    Aber keiner muss so sehr und so dringend sparen wie die Griechen, die sind nämlich pleite. Und sie leisten sich noch immer teuren Luxus, eine Riesenarmee, modernste milliardenverschlingende Waffentechnik, zum Beispiel.

    Cohn-Bendit:
    Das ist auch so eine Sache, die ich zum Kotzen finde. Wir sagen, die Griechen sollen sparen, aber sowohl die französische wie die deutsche Regierung fordern, dass die Verträge mit der Vorgängerregierung über Waffenkäufe nicht angetastet werden. Die Franzosen haben denen Fregatten für zweieinhalb Milliarden Euro verkauft, dazu Helikopter und Flugzeuge. Die Deutschen haben U-Boote im Wert von einer Milliarde in Griechenland abgesetzt. In den letzten drei Monaten sind Rüstungsgüter für mehrere Milliarden Euro an Griechenland verkauft worden.

    SPIEGEL ONLINE:
    Die Regierung in Athen könnte doch sagen, "sorry, wir haben kein Geld mehr dafür". Wer hätte sie denn daran hindern können?

    Cohn-Bendit:
    Die griechische Regierung hat gebeten, die Rüstungskäufe zu verschieben, zu strecken. Und da haben die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident gesagt: Nein!

    SPIEGEL ONLINE:
    Das wissen Sie?

    Cohn-Bendit:
    Ja, das weiß ich. Die haben Papandreou knallhart gesagt: Du bekommst Hilfe, ja, aber die Verträge über die militärischen Beschaffungen müssen eingehalten werden. Das geht voll in die falsche Richtung.

    SPIEGEL ONLINE:
    Haben Sie noch andere Kreativ-Vorschläge?

    Cohn-Bendit:
    Aber ja. Ich habe schon vor drei Monaten gesagt: Merkel, Sarkozy, Barroso, ruft Griechen, Türken und Zyprer an einen Tisch. Es ist Zeit für eine Friedensinitiative im östlichen Mittelmeer. Das kleine Griechenland mit 11 Millionen Einwohnern hat 150.000 Soldaten unter Waffen, das ist doch Wahnsinn - Deutschland hat etwa 220.000 Soldaten, glaube ich, bei 80 Millionen Einwohnern. Wenn man das Thema richtig angeht, könnten die Griechen ihren Verteidigungshaushalt um zwei Drittel reduzieren. Aber dazu steht in dem vom Internationalen Währungsfonds und der EU diktierten Milliarden-Sparprogramm kein Wort. Die Merkels und Sarkozys sagen den Griechen: Ihr müsst die Renten kappen, die Löhne senken - aber sie sagen nicht, runter mit den Rüstungsausgaben. Warum? Weil sie, das ist mein Eindruck, immer noch Geld machen wollen auf dem Rücken der Griechen. Wir verdienen doch sogar an den Krediten, die wir ihnen jetzt geben. Wir nehmen billiges Geld auf und reichen es teuer weiter.

    SPIEGEL ONLINE:
    Es hat sich den Griechen doch keiner aufgedrängt. Die bitten um Hilfe, weil sie nicht mehr weiter wissen.

    Cohn-Bendit:
    Und dann nutzen wir die Notlage aus? Was ist das für ein Europa? Sind wir keine Solidargemeinschaft?

    SPIEGEL ONLINE:
    Diese Solidargemeinschaft bekommt womöglich noch eine Menge zu tragen. Schon zeichnet sich ab, dass nach Griechenland auch Portugal und Spanien Finanzierungsprobleme bekommen. Da wird den Menschen, die die Lasten am Ende tragen müssen, angst und bange.

    Cohn-Bendit:
    Dann sage ich, anstatt so einen Quatsch zu erzählen wie Frau Merkel - "wir schmeißen die Griechen raus aus der Euro-Zone", was ja faktisch gar nicht geht, es ist ja blanker Unsinn, dergleichen zu verbreiten - wäre es sinnvoller, einen Europäischen Währungsfonds zu gründen. Dann mobilisieren wir Gelder für diesen Fonds. Es gibt Millionen von Menschen, die ihre Ersparnisse, ihre Lebensversicherungen sicher anlegen wollen. Denen bieten wir eine europäische Anleihe mit dreieinhalb bis vier Prozent Rendite. Das ist viel mehr als man auf dem Markt bekommt und viel sicherer als die Anleihen einzelner Staaten. Und mit diesem Geld bekämpfen wir die Spekulation. Wir zwingen die sogenannten "Märkte", von der Spekulation zur ökonomischen Rationalität zurück zu finden.

    SPIEGEL ONLINE:
    Warum sollte sich ein deutscher Finanzminister darauf einlassen? Er bekommt heute am Markt Geld viel billiger.

    Cohn-Bendit:
    Weil dieser "ökonomische Nationalismus" kurzsichtig ist. Wenn wir so weiter machen, ist irgendwann alles futsch, tschüs Euro. Das müssen alle endlich mal begreifen - und zwar schnell. Wir dürfen nicht zurückfallen in die Eigenbrötlerei der Nationalstaaten, wir müssen mehr Europa schaffen. Das ist unsere Chance im 21. Jahrhundert. Sonst bestehen wir die Auseinandersetzung mit den Chinesen, den Brasilianern, den Indern nicht.

    Das Interview führte Hans-Jürgen Schlamp

    ***


    Spürnase: Kewil

    Wikipedia: Daniel Cohn-Bendit - Kindheit und Jugend

    In Deutschland besuchte Cohn-Bendit ein Internat, die Odenwaldschule im hessischen Ober-Hambach bei Heppenheim, wo er 1965 Abitur machte. In dieser Schule wurde ihm kritisches Bewusstsein und politische Bildung vermittelt; einer seiner Lehrer, der Franzose Ernest Jouhy, war bis zum Ungarnaufstand 1956 Mitglied der Kommunistischen Partei Frankreichs. Der Direktor der Schule beschrieb ihn als progressiv eingestellten, einfallsreichen und ungewöhnlich temperamentvollen Jungen.
    Wikipedia: Daniel Cohn-Bendit - Werke (Auswahl)

    Agitationsmodell für eine Revolution, 1968.

    mit Gabriel Cohn-Bendit: Linksradikalismus - Gewaltkur gegen die Alterskrankheit des Kommunismus. (Originaltitel: Le gauchisme – remède à la maladie sénile du communisme, übersetzt von Wolfgang Brokmeier u. a.) Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1968.
    [...]
    mit Reinhard Mohr: 1968. Die letzte Revolution die noch nichts vom Ozonloch wußte. Wagenbachs Taschenbücherei, Berlin 1988, ISBN 3-8031-2161-2.
    [...]
    mit Olivier Duhamel: Euro für alle. Das Währungs-Wörterbuch. DuMont, Köln 1998, ISBN 3-7701-4589-5

    Wir haben sie so geliebt, die Revolution. Philo, Berlin 2001, ISBN 3-8257-0249-9
    mit Thomas Schmid: Heimat Babylon. Das Wagnis der multikulturellen Demokratie. Hoffmann und Campe, Hamburg 2003, ISBN 3-455-10307-3.
    [...]

  2. #2
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    Up: Cohn-Bendit über ökonomischen Nationalismus u. EU-Krisenmanagement - SPIEGEL

    krone.at: Vorwürfe an Sarkozy

    Rüstungs-Verträge als Bedingung für Griechen-Kredite?

    Der streitbare Europa-Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit sorgt mit einem Störfeuer gegen die Griechenland-Kredite für Aufregung. Laut Cohn-Bendit soll Frankreich, möglicherweise auch Deutschland, seine Zustimmung zu den Hilfskrediten an die Einhaltung von Rüstungsverträgen geknüpft haben. Am Freitagabend geht in Brüssel ein Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschef der Euro-Länder über die Bühne. Mit Deutschland hat am Freitag das letzte Kreditgeberland die Freigabe von Steuergeld an Athen beschlossen.

    [...]

    Griechenland stellt seinem Militär mit fast drei Prozent des BIP eines der größten Armeebudgets weltweit zur Verfügung (Österreich wendet weniger als ein Prozent auf). Im griechischen Sparpaket sind zwar nahezu keine Einsparmaßnahmen in Bezug auf Beschaffungen enthalten. Das Militär ist allerdings, wie alle anderen staatlichen Organisationen, von Gehaltskürzungen und einem unbefristeten Einstellungsstopp betroffen.

    [...]

    Beim Treffen in Brüssel soll es auch Beratungen für schärfere Defizitregeln in der EU und eine europäische Ratingagentur geben. Die Budgetverfahren in den Mitgliedsstaaten müssten angenähert und der europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt gestärkt werden. Auch die "Überwachung von strukturellen Fragen" wie der Wettbewerbsfähigkeit müsse erweitert und "die Wirksamkeit der Empfehlungen zur Wirtschaftspolitik der Europäischen Union" erhöht werden. Für die Zukunft sei darüber hinaus "ein robuster Rahmen" nötig, um ähnliche Krisen wie in Griechenland zu verhindern, lauten die Vorgaben für den Gipfel.


    Streit um geplante Erklärung verzögert Beginn

    Ein Streit um die geplante Abschlusserklärung des Gipfels verzögerte dessen Beginn. Wie es in diplomatischen Kreisen hieß, drängte EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso auf konkretere und dringendere Maßnahmen. Die EU-Kommission sei unzufrieden mit den bisherigen Entwürfen gewesen, hieß es. Strittig sei, welche Lehren die EU aus der Krise in Hinblick auf die geplante Taskforce ziehen soll, und ob auch vom Euro-Gipfel weitere Maßnahmen gegen die Spekulation in die Wege geleitet werden sollen.

  3. #3
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    Nicht verzagen, Cohn-Bendit fragen.

    Es ist gut jemanden zu wissen, der für jedes Problem eine Lösung parat hat. Vorallem im Nachhinein.
    Aber noch besser ist es einen Deeskalator wie ihn zu haben, der feststellt, dass wir alle Fehler immer bei uns selbst zu suchen haben und nicht mit dem Finger auf andere zeigen sollen. Ob die Griechen es auch realisieren werden, dass es die Schuld der anderen ist, die sie in die momentane Situation gebracht hat?
    Die EU-Partner Griechenlands haben sich lange gewehrt zu helfen. Sie haben gesagt, "Griechenland braucht nichts", "das geht schon wieder".
    Man hätte Griechenland schon vie länger zum Schuldener anderer EU-Staaten machen sollen. Aber eigentlich dürfte das für die Hilfe gedachte Geld gar nicht wieder zurückgefordert werden, denn die Situation der Griechen ist auch die unsrige Schuld. Aber ob das alles den Euro stabiler macht?
    Was ich schreibe ist meine Meinung und nicht unbedingt die Wahrheit - Regimekritik - WEFers are evil. Im Zweifel ... für die Freiheit. Das Böse beginnt mit einer Lüge.

    Kalifatslehre. Darum geht es.


  4. #4
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    AW: Cohn-Bendit über ökonomischen Nationalismus u. EU-Krisenmanagement - SPIEGEL

    Cohn-Bendit hatte 1972 für den Kindergarten der Uni Frankfurt gearbeitet und darüber in dem 1975 erschienenen Buch “Der große Basar” berichtet:

    … Konflikte mit den Eltern blieben nicht aus. Einige Kinder haben ihren Eltern oft beim Vögeln zugesehen. Eines Abends hat ein kleines Mädchen seine Freundin zu Hause besucht und sie gefragt: „Willst du mit mir vögeln? ” Und sie hat vom Bumsen, Vögeln usw. gesprochen. Daraufhin sind die Eltern der Freundin, praktizierende Katholiken, gekommen um sich zu beschweren; sie waren aufs Äußerste schockiert.

    Es ist mir mehrmals passiert, daß einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und angefangen haben, mich zu streicheln. Ich habe je nach den Umständen unterschiedlich reagiert, aber ihr Wunsch stellte mich vor Probleme. Ich habe sie gefragt: „Warum spielt ihr nicht untereinander, warum habt ihr mich ausgewählt und nicht andere Kinder? ” Aber wenn sie darauf bestanden, habe ich sie dennoch gestreichelt. Da hat man mich der ,Perversion’ beschuldigt. Unter Bezug auf den Erlaß gegen „Extremisten im Staatsdienst” gab es eine Anfrage an die Stadtverordnetenversammlung, ob ich von der Stadtverwaltung bezahlt würde. Ich hatte glücklicherweise einen direkten Vertrag mit der Elternvereinigung, sonst wäre ich entlassen worden. Als Extremist hatte ich nicht das Recht, Kinder zu betreuen. Das wäre zu gefährlich. Mit dem Verbot, Unterrichtsfunktionen auszuüben, werden Linksradikale, Kommunisten und manchmal sogar linke Sozialdemokraten getroffen.

    Nach und nach, nach anderthalb Jahren, ist mir die Arbeit im Kindergarten lästig geworden. Lange Zeit hatte ich mich mit den Kindern identifiziert. Aber ab einem bestimmten Punkt haben die Probleme der Kinder angefangen, mich nicht mehr zu interessieren. Diese Kinder kamen aus einem sozialen Milieu, das letzten Endes uninteressant ist. Es war weder ein normaler Kindergarten, noch konnte man weitertreibende Erfahrungen machen. Wenn es wenigstens ausschließlich Kinder aus Wohngemeinschaften gewesen wären, hätte man testen können, was die Zerstörung von Eigentumswünschen, von Individualismus usw. wirklich heißt. Aber hier wurde im Kindergarten versucht, kollektive Erfahrung zu entwickeln, andererseits sind die Kinder jeden Abend in ihre ,Vater-Mutter-Kind’-Familie zu-rückgekehrt. Die meisten waren Einzelkinder, und bei ihnen hieß es: „Das ist mein Zimmer, das sind meine Bücher, dies sind deine Spielsachen.” Das war ziemlich enttäuschend. Aber der Grund, warum ich endgültig aus dem Kindergarten ausgeschieden bin, ist folgender.

    Nahe der Universität gab es ein von Türken besetztes Haus. Zehn Familien mit einer unglaublichen Zahl von Kindern. Dreißig oder 40 von diesen Kindern sind in den Kindergarten gekommen, um zu schaukeln und Feuer zu machen. Oh, sie haben ein großes Feuer gemacht, in einem Loch mit altem Papier, das sie in der Universität aufgesammelt hatten. Für die Kinder war das ein großes Fest. Dieses Schauspiel hat offensichtlich auch die Kinder aus der Umgebung angezogen. Diese türkischen Kinder waren zehn oder zwölf Jahre alt. Sie haben alles kaputtgemacht, die anderen waren ihnen egal, sie haben alles gegessen, alles auf die Erde geworfen, die Malstifte zerbrochen. Sie hatten solche Sachen noch nie gesehen, weil sie selber nichts besaßen. Bald hatten sie den Kindergarten vollständig besetzt, und wir waren gezwungen, sie wegzuschicken, weil die Kleineren Angst vor ihnen hatten. Moralisch hatte ich eher die Tendenz, diese türkischen Kinder zu verteidigen, die überall zurückgestoßen wurden, aber ich konnte ihnen nicht erlauben, dazubleiben. An diesem Punkt habe ich mit dem Kindergarten gebrochen. Ich habe mich gefragt — und andere übrigens auch — was es nützt, wenn man in einem solchen Kindergarten arbeitet… (S. 143/144)

  5. #5
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    AW: Cohn-Bendit über ökonomischen Nationalismus u. EU-Krisenmanagement - SPIEGEL

    Zitat Zitat von murktimon Beitrag anzeigen
    ...Diese türkischen Kinder waren zehn oder zwölf Jahre alt. Sie haben alles kaputtgemacht, die anderen waren ihnen egal, sie haben alles gegessen, alles auf die Erde geworfen, die Malstifte zerbrochen. Sie hatten solche Sachen noch nie gesehen, weil sie selber nichts besaßen. Bald hatten sie den Kindergarten vollständig besetzt, und wir waren gezwungen, sie wegzuschicken, weil die Kleineren Angst vor ihnen hatten. Moralisch hatte ich eher die Tendenz, diese türkischen Kinder zu verteidigen, die überall zurückgestoßen wurden, aber ich konnte ihnen nicht erlauben, dazubleiben. An diesem Punkt habe ich mit dem Kindergarten gebrochen. Ich habe mich gefragt — und andere übrigens auch — was es nützt, wenn man in einem solchen Kindergarten arbeitet...

    "...Moralisch hatte ich eher die Tendenz, diese türkischen Kinder zu verteidigen, die überall zurückgestoßen wurden..."

    Gegen wen wollte er diese Kinder verteidigen, die überall zurückgestoßen wurden?

    "...aber ich konnte ihnen nicht erlauben, dazubleiben..."

    Gegen den Beschluss der "Kindergartenführung", in dessen Auftrag er sie wegschicken musste?

    Aber wieso wurden sie überall zurückgestoßen?

    Vielleicht deshalb:

    "...Sie haben alles kaputtgemacht, die anderen waren ihnen egal, sie haben alles gegessen, alles auf die Erde geworfen, die Malstifte zerbrochen..."

    ???

    Ich denke schon. Aber Cohn-Bendit und seinesgleichen denken es sei alleine deshalb:

    "...türkischen Kinder..."

    Weil Cohn-Bendit und seinesgleichen an den allgegenwärtigen Rassismus glauben und ihn immernoch künstlich am leben erhalten, indem jedes Thema auf die Rasse reduziert wird, auch wenn die wahre Ursache der Zurückweisung dieser (egal welche Ethnie) Kinder auf ihr asoziales Verhalten zurückzuführen ist. Er möchte den Kindergartenkindern doch nicht Rassismus unterstellen, oder doch?
    Was ich schreibe ist meine Meinung und nicht unbedingt die Wahrheit - Regimekritik - WEFers are evil. Im Zweifel ... für die Freiheit. Das Böse beginnt mit einer Lüge.

    Kalifatslehre. Darum geht es.


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