Tag der Pressefreiheit: Afrika

tagesschau.de: "Selbstzensur ist schlimmer als Zensur"

Morde in Somalia, Prügel in Simbabwe und Strafverfolgung in Tunesien - die Pressefreiheit hat in weiten Teilen Afrikas enge Grenzen. Journalisten sind gezwungen, ins Exil zu gehen oder sich in die Selbstzensur zu retten, sonst riskieren sie ihre Existenz oder gar ihr Leben.

Von Stefan Ehlert, ARD-Hörfunkstudio Rabat

Vor allem in den Kriegs- und Konfliktgebieten Afrikas leben Journalisten gefährlich. Allein neun Medienvertreter wurden vergangenes Jahr in Somalia getötet. In Nigeria kamen in den vergangenen Wochen drei Journalisten gewaltsam ums Leben. Im kleinen Gambia gibt es kaum noch Pressevertreter - aus Angst vor Verfolgung sind rund 40 von ihnen ins Exil geflohen.

So wie der Tunesier Taoufik Ben Brik, der nach sechs Monaten Haft nach Paris emigrierte. Offiziell wurde er wegen Fahrerflucht und sexueller Belästigung 2009 zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Doch Kritiker - und dazu zählen unter anderem die französische und belgische Regierung - sahen darin nur eine Methode, Ben Brik mundtot zu machen. Er hatte in seinen Texten wiederholt Tunesiens Präsidenten Ben Ali namentlich kritisiert. Vergangene Woche kam der schwer nierenkranke Ben Brik frei.

In Kamerun dagegen starb im April ein inhaftierter Journalist. Er hatte an einer Korruptionsgeschichte gearbeitet. Die Branche reagierte entsetzt auf seinen Tod. Pius Njane, leitender Redakteur der Tageszeitung "Le Messager", warnte: "Die Konsequenz ist doch, dass wir zur Selbstzensur gezwungen werden, und diese Selbstzensur ist schlimmer als die Zensur."


Zensur und willkürliche Strafverfolgung

In vielen Ländern Afrikas gibt es eine bemerkenswert vielfältige Presselandschaft. Das Wirtschaftswachstum und das damit einhergehende Informations- und Unterhaltungsbedürfnis vor allem des Mittelstandes sichern Zeitungshäusern und Radiostationen die Existenz. Doch die Schattenseite sind - von der blanken Gewalt gegen Journalisten ganz abgesehen - scharfe Pressegesetze, ein Missbrauch des Schutzes der Persönlichkeitsrechte mit extrem hohen Entschädigungssummen, Zensur und willkürliche Strafverfolgung.


Anklage wegen Verleumdung und Hochverrat

Der Herausgeber des ugandischen Nachrichtenmagazins "Independent", Andrew Mwenda, wurde innerhalb von drei Monaten elf Mal festgenommen, die Redaktion leer geräumt, seine Redakteure müssen sich teils wöchentlich bei der Polizei vorstellen. Mwenda drohen 105 Jahre Gefängnis, wenn er wegen all der Vorhaltungen von Verleumdung bis Hochverrat verurteilt werden sollte.

Mwenda betont: "Wir haben die Korruption der Regierung ans Licht gebracht. Doch was sie besonders verärgerte war der Folterskandal, den wir aufgedeckt haben: illegale Folterzellen im ganzen Land, da haben sie die Leute eingesperrt und gefoltert." Der Preis für den publizistischen Erfolg war hoch, der "Independent" musste einen Schaden von mehr als 220.000 Dollar verkraften. Die 30 Mitarbeiter hatten plötzlich keine Computer mehr, weil die Polizei sie beschlagnahmt hatte. Zum Glück hatte Mwenda alle wichtigen Dateien ins Ausland gemailt.

Nun fürchtet er um sein Leben, ist misstrauisch geworden: "Wir sagen nicht mehr, wo wir drucken." Die Regierung habe alle Druckereien aufgefordert, das Magazin nicht zu drucken. "Da haben es die Blogger im Internet leichter. Sie brauchen zumindest keine Druckereien oder Sendemasten", so Mwenda.


Mit Blogs die Zensur umgehen

Montassir Sakhi ist der Vorsitzende der marokkanischen Bloggervereinigung. Bislang nutzen erst drei Prozent der Marokkaner das Internet. Er betont aber: "Ich glaube, dass dem Blog eine große Zukunft bevorsteht, denn das ist ein Weg, um die Zensur zu umgehen. Die Zensur ist mächtig bei uns. Das Internet ist ein Mittel vor allem der jungen Leute, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen." Doch Sakhi räumt ein, dass auch im Internet der Pressefreiheit Grenzen gesetzt sind: "Leider hat es der Staat vermocht, einige Blogs zu infiltrieren. Das heißt auch, sie zu zensieren."

Oft genug landen afrikanische Blogger hinter Gittern. Wer es etwa wagt, Marokkos König Mohamed VI. öffentlich zu kritisieren, muss mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen, auch die Blogger. Nach Informationen der Organisation "Reporter ohne Grenzen" sind weltweit mehr als 120 Internetdissidenten in Haft.




Marokkos König Mohammed VI. duldet keine öffentliche Kritik an seiner Person.

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Hier noch einige Anregungen zur Religionsstatistik:


Wikipedia: Somalia - Religion

Die Bevölkerung Somalias gehört zu fast 100% dem sunnitischen Zweig des Islam an. Davon sind etwa 80 % Schafiiten und 20% Hanafiten. Die einzigen Nicht-Muslime in Somalia sind einige hundert Christen, die fast sämtlich ausländischer Herkunft sind.
Wikipedia: Tunesien - Religion

Der Islam ist in Tunesien Staatsreligion; 98% der Bevölkerung bekennen sich zu diesem Glauben. 85% der tunesischen Muslime gehören dem malikitischen Madhhab der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Der Rest sind Hanafiten und Ibaditen. Christentum und Judentum sind in Tunesien kleine Minderheiten, aber das Land ist gegenüber religiösen Minderheiten vergleichsweise tolerant.
Wikipedia: Marokko - Religion

Staatsreligion ist der Islam. Rund 99,8% der Bevölkerung sind Muslime, davon 90% Sunniten malikitischer Richtung.