Der Film läuft heute 28.04.2011 wieder auf RBB um 23:30 Uhr

Der 90-minütige Dokumentarfilm "Aghet" erzählt von einem der dunkelsten Kapitel des Ersten Weltkriegs: Dem Genozid an den Armeniern, bei dem zwischen 1915 und 1918 bis zu 1,5 Millionen Menschen im Osmanischen Reich ermordet wurden. Dieser Völkermord, der sich am 24. April 2010 zum 95. Mal jährt, wurde von Raphael Lemkin, dem Schöpfer der 1948 von der UN verabschiedeten Anti-Genozid-Konvention, als der erste systematisch ausgeführten Völkermord des 20. Jahrhunderts bezeichnet. Er wird allerdings bis heute von den Verantwortlichen und ihren Nachkommen geleugnet und von der Welt weitgehend verdrängt. Wie konfliktgeladen das Thema des armenischen Völkermords noch immer in der Türkei ist - und für diejenigen, die es kritisch in die Öffentlichkeit tragen, oft sogar lebensgefährlich - zeigen die Ermordung des armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink am 19. Januar 2007 und die Anklagen gegen den Nobelpreisträger Orhan Pamuk. Seit Jahren beschäftigt sich Autor und Regisseur Eric Friedler mit den politischen Motiven, die noch heute stark genug sind, um die historische Tatsache des Armenier-Genozids zu verschweigen und zu unterdrücken. Er sprach mit internationalen Regierungschefs und der intellektuellen Elite der Türkei, befragte Historiker, Zeitzeugen und Wissenschaftler in der Türkei, Deutschland, USA, Frankreich, Syrien und Armenien, aber auch Vertreter der weltweiten armenischen Diaspora wie den Boxer Arthur Abraham, den französischen Minister Patrick Devedjan oder den ehemaligen armenischen Außenminister Rafi Hovannisian. Friedler forschte mit seinem Team in vielen internationalen Archiven und rekonstruierte den Verlauf des Völkermords aus zahlreichen historischen Quellen. Diese Dokumente sind detaillierte Lageberichte deutscher und US-amerikanischer Diplomaten, aber auch Schilderungen schweizer, dänischer und schwedischer Ärzte, Sozialhelfer, Lehrer, Missionare, Korrespondenten und Krankenschwestern, die zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts in der Türkei lebten und ihre Beobachtungen festhielten. In einer minimalistischen Inszenierung verleiht ein hochkarätiges Schauspielerensemble diesen vor langem verstorbenen Zeitzeugen wieder eine Stimme. 95 Jahre nach dem Völkermord sind ihre Aussagen von beklemmender Authentizität noch einmal zu hören, werden bis heute unbesungene Heldinnen und Helden entdeckt, tragische Schicksale und die strikte Systematik eines unfassbaren Verbrechens offenbar. Trotz genereller Einmütigkeit der internationalen Geschichtswissenschaft weigert sich die politische Führung der Türkei weiterhin konstant, den Massenmord an den Armeniern als Genozid anzuerkennen, fordert Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan immer noch Beweise - und die westliche Staatengemeinschaft hält sich zu diesem Thema bedeckt. Dabei wollen sich auch in der Türkei mehr und mehr Menschen ein eigenes Bild von der jüngeren Geschichte ihrer Nation machen. 200.000 Türken gingen nach der Ermordung von Hrant Dink in einer der größten Demonstrationen des Landes auf die Straße. In Solidarität mit Hrant Dink, den Armeniern und dem Verlangen nach Wahrheit... "Aghet" geht der Frage nach, welche Motive hinter der Ablehnung vieler Regierungen stehen, sich klar und deutlich zum Genozid an den Armeniern zu äußern. Warum sie eine Regierung, die sich ganz offiziell der Leugnung eines schrecklichen Weltverbrechens schuldig gemacht hat, nicht energisch in ihre Schranken weisen. Interviews u.a. mit Barack Obama, Ragip Erdogan, Adam Schiff, Robert Menendez, Cem Özdemir, Arthur Abraham "Die Leiden armenischer Männer, Frauen und Kinder, die in den Euphrat geworfen oder auf dem Weg nach Der Zor massakriert wurden, haben den Weg für die Annahme der UN-Genozidkonvention gebahnt."