Sparpaket

morgenpost.de: Klaus Wowereit sieht soziale Balance gefährdet

Berlins Regierender Bürgermeister hat das Sparpaket der Bundesregierung scharf kritisiert. Die Halbierung der Städtebauförderung werde Probleme verschärfen, sagte der SPD-Politiker. Die Sozialsenatorin sprach von einem Armutsprogramm.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende und Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht im Sparpaket der Bundesregierung einen massiven Eingriff in die soziale Balance von Städten und Gemeinden. Der SPD-Politiker ging am Mittwoch mit der vorgesehenen Halbierung der Städtebauförderung von rund 600 auf 300 Millionen Euro scharf ins Gericht. Diese Kürzung bedeute das Aus für viele Sanierungsvorhaben und Quartiersmanagements, erklärte Wowereit in Berlin.

Aktuell profitierten bundesweit etwa 3400 Stadtviertel von den Programmen der Städtebauförderung. „Diese Kürzungen werden nicht die Besserverdienerquartiere von Frau Merkel und Herrn Westerwelle treffen. Sie werden dort zu spüren sein, wo Menschen auf günstigen Wohnraum angewiesen sind“, kritisierte Wowereit. Getroffen würden Stadtviertel, in denen es auch um die Integration von Zuwanderern gehe.

„Man kann nicht einerseits Defizite in der Integrationspolitik beklagen und andererseits die Problemlagen durch eine solche Entscheidung massiv verschärfen“, sagte der Regierende Bürgermeister. Die Bundesländer würden nicht in der Lage sein, diese Kürzungen auszugleichen.

Auch Berlins Sozialsenatorin Carola Bluhm (Linke) ließ kein gutes Haar an dem Sparpaket. Sie sprach von einem Armutsprogramm. Die geplanten Kürzungen würden die Chancen von Arbeitslosen verschlechtern, auf dem Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen. Die Streichungen bei Heizkostenzuschüssen und Rentenbeiträgen würden die Probleme überdies nur in die Kommunen verschieben.

Die Bundesregierung hatte zuvor am Mittwoch ihr umstrittenes Sparpaket auf den Weg gebracht. Das Gesetz sieht vor allem Einschnitte bei den Sozialleistungen vor. So sollen Zuschüsse für Arbeitslose, Beitragszahlungen des Staates für Hartz-IV-Empfängern zur Rentenversicherung reduziert, das Elterngeld soll moderat gekürzt und für Hartz-IV-Empfänger komplett gestrichen und der Heizkostenzuschuss für Wohngeldempfänger abgeschafft werden. Zudem wird das Fliegen teurer, da eine Luftverkehrsabgabe von je nach Entfernung 8, 25 bis 45 Euro je Passagier erhoben werden soll. Zudem sollen Ausnahmen bei der Ökosteuer für Unternehmen gekappt werden, die besonders viel Energie verbrauchen. Die ebenfalls geplante Abgabe der Atomindustrie von jährlich 2,3 Milliarden Euro wurde vom Kabinett zunächst nur zur Kenntnis genommen. Sie soll erst Ende September mit dem Energiekonzept beschlossen [sic][NEWSBREAK][/NEWSBREAK]

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bezeichnete die Koalitionspläne als Offenbarungseid. „Es ist beschlossene Sache, dass vor allem Rentner, Familien, Arbeitslose und kleine Einkommen für die Sünden der Finanzhaie bluten sollen.“ Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, kritisierte, das Sparpaket sei sozial nicht ausgewogen: „Das fördert die Politikverdrossenheit der Bevölkerung.“

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin erklärte, Schwarz-Gelb kürze im Sozialbereich bis 2014 rund 32,3 Milliarden Euro – bei der Industrie aber nur 18,7 Milliarden Euro. Die Linkspartei warf der Regierung vor, die Umverteilung von unten nach oben zu beschleunigen. Das Sparpaket mit Einsparungen und Mehreinnahmen soll den Bundesetat bis 2014 um insgesamt 82 Milliarden Euro entlasten. Die Koalition will mit ihrem strikten Sparkurs die neue Schuldenbremse im Grundgesetz einhalten. Schäuble sieht die deutsche Wirtschaft in guter Verfassung: „Wir sind die Wachstumslokomotive in Europa.“