Anschläge vom 11. September

Pass eines mutmaßlichen Atta-Komplizen gefunden - Von Sophie Mühlmann - 30. 10. 2009

Der Deutsche Said Bahaji ist eine der rätselhaftesten Figuren der Hamburger Terrorzelle um Mohammed Atta. Er wohnte mit den Attentätern unter einem Dach, setzte sich acht Tage vor den Anschlägen am 11. September 2001 nach Pakistan ab. Jetzt fanden pakistanische Soldaten seinen Pass.



Undatierte Fotos zeigen den deutschen Staatsangehörigen Said Bahaji ohne und mit Bart

Der mutmaßliche Terrorist Said Bahaji wird verdächtigt, zu den Verschwörern der „Hamburger Terror-Zelle“ um Mohammed Atta zu gehören. Also jener Gruppe, die die am 11. September 2001 die Anschläge auf das World-Trade-Center in New York verübte. Acht Tage vor den Anschlägen setzte sich Bahaji über die Türkei nach Pakistan ab. Dort soll er sich al-Qaida angeschlossen haben. Jetzt haben pakistanische Soldaten seinen alten grünen Reisepass gefunden, in einem Lehmgehöft in Sherawangi in Südwaziristan.

Nach tagelangen heftigen Gefechten war das Dorf in der vergangenen Woche von den pakistanischen Truppen bei ihrer Großoffensive erobert worden. Das Lehmversteck war offenbar von den pakistanischen Taliban als Kommandozentrale genutzt worden. Neben dem Pass Bahajis fanden die Truppen auch noch Dokumente von weiteren Europäern.

Said Bahaji, heute 34, ist deutscher Staatsbürger. Sein Vater stammt aus Marokko, seine Mutter ist Deutsche. Verheiratet ist er seit 1999 mit einer Türkin namens Nezy, an die er aus Internetcafés in Pakistan in den vergangenen Jahren mehrmals romantische Liebesmails geschickt hatte – bisher der einzige Hinweis, dass Bahaji überhaupt noch lebte und wo er sich versteckt hielt.

Er hatte seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr absolviert, bevor er mit al-Qaida in Kontakt kam. In Hamburg hatte er mit Mohammed Atta und Ramzi Bin al-Shibh, dem Organisator der Terrorattacken vom 11..September, eine Wohnung geteilt.

Bahajis Pass, auf dessen Foto er glatt rasiert in die Kamera blickt, zeigt einen pakistanischen Einreisestempel vom 4..September 2001. Auf dem Visumantrag, der den Behörden vorliegt, trägt er bereits einen dichten Bart. Pakistanische Ermittler hatten seine Route schon kurz nach den Terroranschlägen vor acht Jahren zurückverfolgt, aber in Waziristan seine Spur verloren. Ermittlungen zufolge war er in Begleitung von einem Belgier algerischer Abstammung und einem Mann, der sich als Marokkaner mit französischem Pass ausgab – alle drei sind bei verschiedenen Geheimdiensten wegen ihrer Al-Qaida-Kontakte aktenkundig.

In Karachi teilten sich die drei ein Taxi und stiegen für eine Nacht in einem Hotel namens „Embassy“ ab. All dies ist bekannt, weil nach pakistanischem Gesetz alle Hotels Fotokopien der Reisedokumente ihrer Gäste aufbewahren müssen. Im „Embassy“ muss Bahaji Kontakt zu al-Qaida aufgenommen haben. Bisher gibt es keine klaren Erkenntnisse darüber, ob er Pakistan zwischenzeitlich unter falschem Namen wieder verlassen hat. Offenbar ist er irgendwann im Jahr 2002 nach Waziristan gegangen und beteiligte sich seitdem an den Kämpfen im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet.

Bei der Schlacht um Sherawangi waren in den vergangenen Tagen zahlreiche Taliban-Kämpfer getötet worden, aber viele konnten fliehen. „Wir wissen nicht, ob Bahaji unter den Toten ist“, erklärt ein pakistanischer Soldat, oder ob einer der meistgesuchten Männer der Welt erneut entkommen konnte.

Seit zwei Wochen führt die pakistanische Armee einen blutigen Kampf gegen die Taliban in der Region Südwaziristan, die an Afghanistan grenzt. Inzwischen haben die Taliban das Schlachtfeld auf ganz Pakistan ausgeweitet und überziehen das Land mit Anschlägen. Bei einem Bombenattentat auf dem Marktplatz von Peshawar starben am Mittwoch mindestens 118 Menschen. Bislang hat sich noch niemand zu dem Anschlag bekannt.

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