Eine Äusserung von Frankreichs Innenminister Brice Hortefeux hat viel Staub aufgewirbelt. Das dazugehörige Video ist schon bei vielen YouTube-Anbietern verschwunden - bei http://www.youtube.com/user/gruenepestnet ist es noch zu sehen.

Es wird behauptet, es sei zensiert worden...

Hortefeux hatte gesagt: "Man braucht immer einen. Wenn es einen gibt, geht's. Erst wenn es viele von ihnen gibt, gibt es Probleme." Aus dem Zusammenhang im Video schlossen viele, er hätte einen jungen Mann nordafrikanischer Abstammung gemeint, der mit Hortefeux für ein Erinnerungsfoto posiert hatte. Später versuchte Hortefeux, diesem Eindruck zu widersprechen. Er sagte, er hätte Personen gemeint, die sich mit ihm zusammen fotografieren lassen wollten...

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Dazu die Süddeutsche: Macht - 15.09.2009 18:30

"Wenn es viele von ihnen gibt, gibt es Probleme"


Frankreichs Innenminister Hortefeux, ein Freund von Präsident Sarkozy, ringt mit Rassismus-Vorwürfen


Paris - "Nicolas Sarkozy gefällt es, dass ich keine Angst habe, Anstoß zu erregen", hat der französische Innenminister Brice Hortefeux einmal geprahlt. Nun ist dem Freund des Präsidenten seine Unbefangenheit zum Verhängnis geworden. Unbedachte Sätze am Rand einer Parteiveranstaltung verfolgen Hortefeux seit Tagen. Selbst Parteifreunde beklagen seine Ungeschicklichkeit. Oppositionspolitiker fordern seinen Rücktritt. Eine Anti-Rassismus-Organisation will ihn wegen Verleumdung verklagen. Dabei beteuert der Minister treuherzig, es sei alles gar nicht so gemeint gewesen.

Anlass des Anstoßes ist ein etwas wirres 52-Sekunden-Video, das die Zeitung Le Monde auf ihrer Internet-Seite veröffentlichte. Es zeigt den rotblonden Innenminister plaudernd im Kreis von Anhängern der Präsidentenpartei UMP. Ein junger Mann nordafrikanischer Abstammung mit dunkelgelocktem Haar posiert mit Hortefeux für ein Erinnerungsfoto. "Das ist Integration", freuen sich die Umstehenden. Eine Frau tätschelt dem Burschen die Wange und lobt: "Er isst Schweinefleisch und trinkt Bier." Das freut den Minister. Er sagt: "Also entspricht er gar nicht dem Prototyp." Dann schwadroniert er: "Man braucht immer einen. Wenn es einen gibt, geht's. Erst wenn es viele von ihnen gibt, gibt es Probleme."





Wenn er doch geschwiegen hätte. Mehr als eine Million Mal wurde das Video im Internet angeschaut. "Schockiert und konsterniert" geben sich die oppositionellen Sozialisten: "Die Franzosen können keinen Minister akzeptieren, der Derartiges sagt." Die Kritiker glauben, Hortefeux habe seine Bemerkungen auf nordafrikanische Immigranten oder deren Nachfahren bezogen und so Einwanderer beleidigt. Sie betonen, der Sarkozy-Vertraute sei schon früher mit unpassenden Bemerkungen aufgefallen. Außerdem habe Hortefeux als Einwanderungsminister eine besonders strenge Abschiebe-Politik verfochten. Alles zusammen bringt ihn nun bei seinen Kritikern in den Hautgout des Rassismus.

Der Innenminister verteidigt sich, seine Bemerkung sei nicht auf Menschen nordafrikanischer Herkunft bezogen gewesen, sondern auf all die Leute, die Fotos mit ihm machen wollten. Das wirkt gewunden. Selbst Sarkozy grummelt, Hortefeux habe sich zu "unbekümmert" verhalten. Fallenlassen dürfte der Präsident seinen Gefolgsmann aber kaum. Hat er ihn doch erst im Juni zum Innenminister aufgewertet. Also bläst die Präsidentenpartei UMP zur Gegenoffensive.

Das Problem sei nicht Hortefeux, sondern das Internet, findet der UMP-Fraktionschef Jean-François Copé. "Wir brauchen eine Debatte über das Internet und die Freiheit." Die Szene mit dem Innenminister sei aus dem Zusammenhang gerissen und dann im Netz verbreitet worden. Wenn das mit Journalismus gleichgesetzt werde, werde dieser Beruf diskreditiert. Das Internet sei eine "Gefahr für die Demokratie" und ein riesiger Raum, "in dem man jedwede Bilder ausstellen und nach allen Richtungen verdrehen kann". Man müsse diskutieren, "welche Rolle wir dem Internet bei der Verbreitung von Informationen lassen".

Ein enger Berater Sarkozys klagt, das Internet schaffe "absolute Transparenz, die der Anfang vom Totalitarismus ist". Andere sprechen von "Hexenjagd" und behaupten, Hortefeux werde ein "stalinistischer Schauprozess" gemacht. Sarkozy selbst hatte vor einiger Zeit gemahnt, das Internet dürfe nicht zum "High-Tech Far West" geraten. "Wie kann man zugleich fordern, dass die Wirtschaft reguliert, das Internet aber nicht reguliert wird?"

Die Zeitung Le Monde, die das Video veröffentlichte, wehrt sich, das Internet sei kein rechtloser Raum. Auch dort würden etwa die Gesetze gegen Verleumdungen und Verfälschungen gelten. Missbrauch gebe es in klassischen Medien genauso wie im Internet. Zudem sei das Video von Hortefeux bei einem öffentlichen Auftritt aufgenommen worden. Die Zeitung argwöhnt, das Internet werde verteufelt, weil es sich an keine Hierarchien halte und unangenehme Wahrheiten aufdecke.

Doch was tut der Minister selbst? Er müht sich, gute Figur zu machen. Am Montagabend traf sich Hortefeux zum feierlichen Fastenbrechen mit Muslimen in Paris. Dabei bedauerte er es, wenn durch das "Tohuwabohu" um seine Worte Menschen verletzt wurden. "Ich möchte meinen Respekt vor allen ausdrücken, die in unserem Lande leben, gleich wie ihre Religion oder ihre Überzeugungen sind." Dann betonte er, der Islam habe seinen Platz im gemeinsamen Haus der Republik. Die versöhnliche Botschaft hat sich sogleich im Internet verbreitet.