"Wer sind wir?" wollte eine türkische Tageszeitung wissen und gab eine Art Bestandsaufnahme der türkischen Seele in Auftrag. Die Ergebnisse zeigen die Türken der Demokratie zugewandt, Ausländern gegenüber aber misstrauisch. 70 Prozent finden, dass Frauen nur mit Erlaubnis ihrer Männer arbeiten dürfen sollen.
Seit acht Jahren betreibt die islamisch geprägte Regierung der Türkei eine weitreichende Reformpolitik. Unter Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan wurde die Gesetzgebung zu einer riesigen Baustelle, Hunderte Gesetze wurden an EU-Standards angeglichen. Zugleich machte sich die Regierungspartei AKP daran, die islamische Identität der Gesellschaft und deren Ausdrucksmöglichkeiten zu stärken. Über Sinn und Unsinn dieser Doppelstrategie wird viel gestritten, aber einig ist man sich darin, dass das Land in einem tiefen Transformationsprozess steckt.
Um diesen zu messen, führte das Meinungsforschungsinstitut “Konda” im Auftrag der Tageszeitung “Hürriyet” eine Umfrage durch. Unter dem Titel “Wer sind wir?” sollte eine Art Bestandsaufnahme der türkischen Seele entstehen – wo steht das Land heute? Wie lang ist noch der Weg zu einer europäischeren Türkei?
Ziemlich weit, wenn man den Ergebnissen glaubt. Der positivste Wert sind 88 Prozent Zustimmung zu der Aussage: Die Türkei sollte immer und unter allen Umständen demokratisch regiert werden. Zugleich sagten 48 Prozent, die Armee müsse eingreifen “wenn nötig”. Im Klartext, undemokratische Mittel sind zuweilen nötig um die Demokratie zu bewahren. Das ist nun einmal die paradoxe Sichtweise vieler Türken – sie sehen ihre Parteipolitiker nicht unbedingt als vertrauenswürdige Demokraten, weiter