Neue Mohammed-Biographie: Die negativen Seiten im Fokus

Von Martin Gehlen (Tagesspiegel)
Hans Jansens Mohammed-Biographie konzentriert sich auf die negativen Seiten des Religionsstifters.

Der Religionsstifter Mohammed sorgt immer wieder für Diskussionen. Ein Streitpunkt ist gar die Existenz des Islam-Gründers. Jetzt gibt es eine neue Biographie, die für Zündstoff sorgt. Denn der Niederländer Hans Jansen konzentriert sich auf die negativen Seiten Mohammeds. Wer sich heute wissenschaftlich mit dem Leben des Propheten Mohammed befasst, weckt rasch heftige Gefühle und macht sich angreifbar. Das musste zuletzt der Münsteraner Islam-Professor Muhammad Kalisch erfahren. Muslimische Verbände drängten ihn aus seiner Uni-Stellung mit der Begründung, zwischen seinen Positionen und den Grundsätzen der islamischen Lehre bestehe eine "erhebliche Diskrepanz". Auslöser des Streits: Kalisch hatte die historische Existenz Mohammeds in Zweifel gezogen. Weder könne seine Existenz noch seine Nichtexistenz bewiesen werden, sagte er, er aber tendiere eher zur Nichtexistenz – eine Position, die auch andere westliche Forscher teilen. Den Kern des Konflikts sieht der Angegriffene aber in der Weigerung der islamischen Theologie, die Weichen in Richtung einer historisch-kritischen Forschung zu stellen. Der Islam stehe heute dort, wo die christliche Exegese im 19. Jahrhundert gestanden habe, argumentiert er.

Das Buch Hans Jansen: Mohammed. Eine Biographie
Verlag C. H. Beck, München 2008.
491 Seiten, 24,90 Euro.


Als Vorreiter der historisch-kritischen Exegese ist der christlichen Theologie allerdings längst bewusst geworden, wie zweischneidig dieses Analyse-Instrument ist. Es seziert Glaubensschriften bis hinunter zu Sätzen und Halbsätzen, so dass möglicherweise nur Zweifel und Zynismus übrig bleiben. Forscher greifen vorbei an den über viele Jahrhunderte aufgebauten geschichtlich-religiösen Etagen des dogmatischen Großgebäudes, um in den historischen Fundamenten zu graben. Je mehr Material sie zutage fördern, desto stärker verflüchtigt sich die Glaubensbotschaft der Texte – bis am Ende vielleicht die historische Existenz des Religionsstifters selbst in Zweifel steht
weiter