KRIEGSVERBRECHEN BESTÄTIGT
Zwei wehrlose Karabach-Armenier enthauptet
++ Aserbaidschan droht Armenien mit Besetzung ++ Erdogan Ehrengast bei „Siegesparade“
Die jüngsten Meldungen aus Bergkarabach sind erschütternd!
Einer Recherche des britischen „The Guardian“ zufolge konnten Horror-Videos von Kriegsverbrechen von mutmaßlich aserbaidschanischen Soldaten an armenischen Zivilisten in der Krisenregion Bergkarabach verifiziert werden.
Sie zeigen zwei ältere Bergkarabach-Armenier, die sich nach Ankunft der aserbaidschanischen Armee weigerten, ihre Häuser in Berg-Karabach zu verlassen. Daraufhin sollen sie enthauptet worden sein.
Die Analyse ergab, dass es sich bei den Hinrichtungsopfern um einen 69-Jährigen aus dem Dorf Madatashen und einen 82-Jährigen aus dem Dorf Asych handelt. Frühere Nachbarn haben diese Information bestätigt.
Verbrechen im „Stile des Islamischen Staates“
Kaum zu leugnen: Die offensichtlichen Täter aus den Videos tragen laut der Zeitung Uniformen des aserbaidschanischen Militärs.
Aber: Die Videos, die seit November in Netzwerken und Sozialen Medien kursieren, sind nur ein Bruchteil von Belegen der Misshandlungen gegen Bergkarabach-Armenier.
„Das zeigt, was Armeniern unter der aserbaidschanischen Herrschaft drohen würde. Es sind leider nicht die einzigen Armenier, die von Aserbaidschanern im Stile des Islamischen Staates geköpft wurden“, so Georgi Ambarzumjan, Deutschland-Chef von „AGBU“, der größten internationalen Diaspora-Organisation der Armenier, gegenüber BILD.
Und weiter: „
Bereits 2016 exekutierten und verstümmelten aserbaidschanische Soldaten ein armenisches Ehepaar im Greisenalter. Die Häufigkeit dieser barbarischen Praxis, derer wir nun fast täglich Zeuge werden, deutet auf systematische und geplante Grausamkeiten hin. Der Umstand, dass sich die Täter dabei auch stets filmen lassen und ihr Gesicht nicht verdecken, verdeutlicht, dass sie sich nicht vor einer Verurteilung durch die aserbaidschanische Justiz oder Gesellschaft fürchten müssen.“
Einen Monat nach dem offiziellen Ende der Kämpfe im Südkaukasus hat es wieder Gefechte gegeben. Die bitter verfeindeten Länder Armenien und Aserbaidschan haben sich gegenseitig den Bruch der Waffenruhe in Bergkarabach vorgeworfen.
Am Freitag sei gegen ein Friedensabkommen verstoßen worden, teilte auch das russische Verteidigungsministerium am Sonntag in Moskau mit – ohne allerdings einer Seite die Verantwortung zuzuweisen. An einem Militärposten der Karabach-Armee im Süden der Region sei es zu einer Schießerei gekommen. Russische Friedenstruppen verhinderten nach Angaben aus Moskau eine Eskalation.
„Wie auch der am 27. September begonnene Krieg gegen die 150 000 Armenier in Bergkarabach handelt es sich bei den neuerlichen Angriffen nicht um bloße ‚Gefechte‘, sondern um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Aserbaidschans
mit türkischer Mittäterschaft. Die Türkei hat Berichten zufolge bereits im Sommer syrische Söldner rekrutiert, um sie aufseiten Aserbaidschans Armenier töten zu lassen. 2000 US-Dollar sollen ihnen angeboten worden sein,
weitere 100 US-Dollar pro geköpften Armenier. Der französische Präsident Macron sprach ebenfalls von Dschihadisten“, sagt Ambarzumjan.
Die beiden Ex-Sowjetrepubliken Aserbaidschan und Armenien hatten sich vor gut einem Monat unter Vermittlung Russlands auf die Friedensvereinbarung für Bergkarabach verständigt.
Um die Waffenruhe zu kontrollieren, sind fast 2000 russische Friedenssoldaten vor Ort.
► Armeniens Verteidigungsministerium hatte am Samstag von einem neuen Angriff Aserbaidschans in der Nähe zweier Dörfer gesprochen. Die Karabach-Armee ergreife „angemessene Maßnahmen“, hieß es.
► Das aserbaidschanische Militär warf wiederum dem Nachbarland vor, entgegen der Vereinbarung aus dem Gebiet nicht abgezogen zu sein. Stattdessen seien neue „Kampfpositionen“ bezogen worden. Bei Angriffen habe es vier Tote und zwei Verletzte gegeben.
„Der ‚Guardian‘ und andere Medien haben die armenischen Angaben bereits bestätigt. ‚Beide Seiten‘, wie es häufig in Medienberichten lautet, sollten jedoch nicht als gleichmäßig vertrauenswürdig behandelt werden. Bei Aserbaidschan handelt es sich um ein repressives Regime, wo keine Pressefreiheit herrscht“, so Ambarzumjan.
Und weiter: „Aserbaidschan rangiert laut ‚Reporter ohne Grenzen‘ auf Platz 168 von 180 Staaten. Daher müssen Aussagen insbesondere der aserbaidschanischen Regierung stets in diesem Kontext wiedergegeben werden“, fordert Ambarzumjan.
Aserbaidschan droht Armenien mit Besetzung
Der aserbaidschanische Despot Ilham Alijew sprach am Samstag bei einem Treffen mit ausländischen Diplomaten, die in dem hasserfüllten Konflikt vermitteln wollen, von „Terrorakten“ durch „armenische Kämpfer oder von den Resten dessen, was sich armenische Armee nennt“.
Und weiter: Alijew wiederholte in diesem Zusammenhang die Drohung gegen Armenien, die er in der vergangenen Woche während der Parade ausgesprochen hatte, mit der Aserbaidschan seinen militärischen Sieg gefeiert hatte:
„Wenn der armenische Faschismus wieder sein Haupt erhebt, werden wir ihn mit eiserner Faust zerschlagen.“ Zuvor hatte Alijew in dem Gespräch darauf hingewiesen, dass Aserbaidschan dazu in der Lage sei, Gebiete in der Republik Armenien zu besetzen, wenngleich es dazu keine Absicht habe.
Aber: „Angesichts der nationalistischen Rhetorik der vergangenen Wochen und dem Angriffskrieg auf Berg-Karabach ist jedoch zu befürchten, dass Aserbaidschan durchaus versuchen wird, weitere Territorien einzunehmen“, so Ambarzumjan.
Siegesparade mit Erdogan
Mit einer riesigen Militärparade hatte Aserbaidschans Präsident Aliyew seine Erfolge im Krieg um Bergkarabach gefeiert.
An seiner Seite ein einflussreicher Gast: der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der extra für die Feierlichkeiten in die Hauptstadt Baku gereist war. Mit Corona-Schutzmasken liefen die Staatschefs am vergangenen Donnerstag über einen roten Teppich, posierten vor den Flaggen ihrer beiden Länder und winkten ins Publikum.
An Pathos und drastischen Worten wurde in der Metropole am Kaspischen Meer nicht gespart. Erdogan sprach von einem „epischen Kampf“ und einem „glorreichen Sieg“ – die Türkei gilt als „Bruderstaat“ des ebenfalls muslimischen Aserbaidschans.
Erdogan prophezeite, der Waffenstillstand „bedeutet nicht, dass der Kampf beendet ist“. Die Türkei werde weiter an der Seite ihrer „aserbaidschanischen Brüder“ stehen. „Heute ist der Tag, an dem die Seelen der Märtyrer von Karabach, Enver Paschas und aller Helden der ganzen türkischen Welt Frieden gefunden haben!“, rief Erdogan.
Enver Pascha war einer der Hauptverantwortlichen für den Völkermord an den Armeniern im Jahre 1915.
Währenddessen werfen viele Armenier ihrer Regierung eine Kapitulation vor. Bei Protesten fordern Demonstranten immer wieder den Rücktritt von Regierungschef Nikol Paschinjan. Auch am Sonntag gab es in der armenischen Hauptstadt Jerewan Proteste.
Armeniens Ministerpräsident unter Druck
Aliyew warnt Armenien wo er nur kann und schickt Drohgebärden gen Jerewan: „Es muss sehr vorsichtig sein und darf keine Militäraktion planen. Dieses Mal würden wir sie vollständig zerstören“, sagte er.
Wegen des von Russland vermittelten Waffenstillstandsabkommens zwischen Armenien und Aserbaidschan steht der armenische Ministerpräsident unter hohem politischem Druck. Nikol Paschinjan weigert sich bislang aber, zurückzutreten und argumentierte, der Pakt sei nötig gewesen, um zu verhindern, dass Aserbaidschan ganz Bergkarabach einnehmen werde.
Doch gelöst ist der Karabach-Konflikt noch lange nicht. Die Region steht vor allem vor der gewaltigen Aufgabe, wie christliche Karabach-Armenier und die nach Jahrzehnten in ihre alte Heimat zurückkehrenden muslimischen Aserbaidschaner nun friedlich zusammenleben sollen.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte bei einem Besuch in der Region unlängst erklärt, dass es nach Jahrzehnten der Feindschaft vor allem auch auf die ethnische und konfessionelle Aussöhnung ankomme.
„Aserbaidschan und Türkei haben auf der schändlichen Siegesparade in Baku daraus keinen Hehl gemacht, dass sie den Angriffskrieg gestartet und nun sogar die armenische Hauptstadt Jerewan im Visier haben. Dies beweist einmal mehr, was Armenier wochenlang sagten: Es ging Baku und Ankara nie um Völkerrecht, sondern schlicht um Territorium und Expansion“, so Ambarzumjan.
Und weiter: „Sie testen aus, wie weit sie gehen können, ohne dass Europa oder die USA etwas dagegen unternehmen: Angriffskrieg, Kriegsverbrechen, Enthauptungen, ethnische Säuberungen, Drohungen mit Fortsetzungen des Völkermords von 1915. Bisher geht die Rechnung auf. Das Auswärtige Amt schweigt und die Bundeskanzlerin möchte den Krieg im Kaukasus aussitzen. Dabei wurde in der historischen Armenier-Resolution anlässlich der Anerkennung des Genozids an den Armeniern im Jahre 2016 noch davon gesprochen, 'wachsam zu bleiben und zu verhindern, dass Hass und Vernichtung immer wieder Menschen und Völker bedrohen.' Dieses Versprechen hat Deutschland bisher nicht eingehalten.“
https://www.bild.de/politik/ausland/...5920.bild.html