....eines der größten Probleme, daß die deutschen Grünen für sich gerade ausgerechnet in einer Zeit ausgemacht haben, in der das Land gerade durch seine wohl größte Krise seit dem Zweiten Weltkrieg geht: zu wenige Kandidatinnen mit Migrationshintergrund auf den Listen für die kommende Bundestagswahl. Zwar wurde dafür bei den Grünen so ziemlich jede Frau aufgestellt, die beim Ortsverbandstreffen nicht rechtzeitig „nein“ sagen konnte. Die sind in den meisten Fällen aber eben so weiß, wie man es von den Plakaten der Feel-Good-Partei der Besserverdiener seit jeher gewohnt ist. Vor allem in Berlin wird dieser Umstand nun heiß diskutiert und von vielen angeprangert.
Immerhin war der Großvater Gastarbeiter
Der langjährige Landes- und Bundesparlamentarier, Özcan Mutlu, der mit seiner Bewerbung für die Liste auf ein persönliches politisches Comeback gehofft hatte, hat zwar Migrationshintergrund und warb mit diesem auch ganz offen für sich, wurde aber trotzdem nicht gewählt. Über die Gründe kann man natürlich nur spekulieren. Ein entscheidender könnte aber zwischen seinen Beinen liegen. Die Ambitionen des türkischstämmigen Politikers, der bereits im vergangenen Sommer den Widerspruch zwischen dem grünen Vielfaltsanspruch und einer in seinen Augen rein weißen Bundestagsliste kritisiert hatte, scheiterten gleich an zwei Frauen.
Zunächst verlor er die Abstimmung um Platz sechs der Grünen-Kandidatenliste für die Bundestagswahl klar gegen das frühere Mitglied der Piratenpartei,
Sophie Dornheim. Auch diese betrachtete es auf Nachfrage als „Problem“, daß bis zu dem von ihr besetzten Listenplatz nur Weiße kandierten. Sie betonte, daß sie immerhin Nachfahrin eines Großvaters sei, der als Gastarbeiter nach Deutschland kam und außerdem ein dunkelhäutiges Kind habe.
Gegen diese Leistungsbilanz läßt sich natürlich nichts sagen. Zumindest sollte man als Grüner besser nichts dagegen sagen, wenn man in der Partei irgendwann vielleicht doch nochmal was werden will.
Ohne „kritische Männlichkeit“ geht nichts
Auch die zweite Grünen-Kandidatin, gegen die Özcan Mutlu den Kürzeren zog, warb in den sozialen Medien mit ihrem Migrationshintergrund für sich. Die Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung,
Juliana Wimmer, betonte dort ihren „brasilianischen Background“. Da man ihr den aber auf den ersten Blick jetzt nicht so richtig ansieht, kam das bei den Jüngern der Diversität nur so mittelgut an. Ein Twitter-Nutzer schrieb zum Beispiel völlig empört: „Sorry, hätte nicht gedacht, daß es den Grünen jetzt schon reicht, Menschen aufzustellen, die klassische deutsche Namen haben, weiß sind und irgendwie eine Migrationsgeschichte haben.“
Trotz der weiblichen Dominanz auf den aussichtsreichen Listenplätzen war diese einigen Kritikern offenbar immer noch zu männlich. Nicht nur im Netz. Auch auf der Berliner Wahlversammlung. Immer wieder wurden selbst Männer, die für hintere Listenplätze kandidierten, von Delegierten gefragt, inwiefern sie sich denn bisher mit „kritischer Männlichkeit“ auseinandergesetzt hätten. Das identitätspolitische Thema, das bei den meisten Normalbürgern wohl nur fragende Gesichter auslösen würde, ist den Grünen sehr wichtig. Besonders denen in Berlin.
Bluten für den gemeinsamen Schwachsinn
Der Berliner Kreisverband Lichtenberg hat gar eigens eine „AG kritische Männlichkeit“ eingerichtet. Da würde man nur zu gern einmal Mäuschen spielen. In erster Linie, um in Erfahrung zu bringen, ob die Arbeitsgemeinschaft die Vorstufe zur Kastration ist, oder ob man bereits komplett entmannt sein muß, um überhaupt daran teilnehmen zu dürfen.
Was der grüne Identitäre von heute unter einem perfekten Repräsentanten seiner Partei versteht, brachte eine Frage an den Bundestagskandidaten Philip Alexander Hiersemenzel auf den Punkt: „Warum glaubst du, bist du besser als eine junge Frau mit Migrationsgeschichte?“ Die Antwort lautete: „Bin ich nicht. Null. Nada. Das Einzige, was ich anbieten kann, ist meine Expertise und mein Herzblut.“
Damit traf er dann vermutlich bei vielen Delegierten doch den richtigen Nerv. Beweist es doch die neulinksgrüne These, daß auch Männer menstruieren können. Und sei es auch nur durch ein Herz, daß für den alles vereinenden gemeinsamen Schwachsinn blutet.
https://jungefreiheit.de/debatte/kom...unter-gruenen/