Das späte 1:0 gegen Albanien hielt die türkischen Hoffnungen auf eine EM-Qualifikation am Leben. Doch Siegtorschütze Cenk Tosun hatte ganz andere Ereignisse im Sinn. Gemeinsam mit seinen Nationalmannschaftskollegen Metih Demiral (Juventus Turin) und Yusuf Yazici (OSC Lille) salutierte der Angreifer des FC Everton in die Kamera – und zeigte damit seine Solidarität für die türkische Armee, die gerade eine Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien vornimmt.
Das entsprechende Bild postete Tosun, der im Sommer 2018 zusammen mit Mesut Özil und Ilkay Gündogan auf Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan posierte, bei Instagram. „Für unsere Nation, vor allem für jene, die für unser Land ihr Leben riskieren“, schrieb der in Deutschland geborene Tosun dazu als Widmung. Bis Sonntag Mittag likten das über 170.000 Menschen – darunter auch der deutsche Nationalspieler Ilkay Gündogan.
Die Sympathiebekundung der Türken für die Armeeoffensive hat nun den europäischen Fußballverband Uefa auf den Plan gerufen. „Politische Äußerungen sind in den Regularien verboten. Deshalb werden wir dem Verdacht definitiv nachgehen“, sagte der UEFA-Pressechef Philip Townsend.
Demonstrationen in ganz Europa
Der türkische Fußballverband postete sogar ein Foto, auf dem die gesamte Nationalmannschaft den Militärgruß in der Kabine vollzieht, „gewidmet den tapferen Soldaten und Märtyrern“, wie unter dem Bild steht.
Die Türkei sieht in der YPG einen Ableger der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und damit eine Terrororganisation – kooperiert bei ihrer Offensive aber selbst mit einstigen Al-Qaida-Dschihadisten und Islamisten der „Freien Syrischen Armee“. Seit Beginn der Offensive am Mittwoch sind Zehntausende Menschen aus ihrer Heimat geflohen, darunter auch Christen.
Der ehemalige US-Verteidigungsminister und General James Mattis warnte in einem NBC-Interview angesichts der Syrien-Offensive der Türkei vor einem Wiedererstarken des IS.
In mehreren Städten Europas gingen am Samstag aus Protest gegen den türkischen Einmarsch Zehntausende Menschen auf die Straße. Allein in Köln schlossen sich Schätzungen zufolge mehr als 10.000 Menschen einem Protestmarsch an. Rund 4000 Demonstranten waren es in Frankfurt am Main, jeweils etwa 3000 in Hamburg und Hannover. Größere Kundgebungen fanden auch in Berlin, Bremen und Saarbrücken statt.
In Paris demonstrierten ebenfalls Menschen gegen den türkischen Militäreinsatz – dort tritt die türkische Nationalmannschaft am Montag gegen Weltmeister Frankreich an.
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