In Deutschland hält die Debatte um Polizeigewalt und Rassismus an. Der baden-württembergische Innenminister Strobl (CDU) wies Äußerungen der SPD-Vorsitzenden Esken über einen „latenten“ Rassismus in der Polizei zurück. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Maier (SPD), wandte sich ebenfalls gegen eine Pauschalisierung, räumte aber Einzelfälle ein.
Strobl sagte im Deutschlandfunk, in der deutschen Polizei gebe es keinen strukturellen Rassismus. Die Beamten stünden auf dem Boden des Rechtsstaats, verteidigten die Freiheit und träten für die Demokratie ein. Vor diesem Hintergrund stelle die Äußerung der SPD-Vorsitzenden Esken die Polizei unter einen Generalverdacht, der nicht hinzunehmen sei, erklärte der CDU-Politiker.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Maier, sagte den Zeitungen der „Funke-Mediengruppe“, die Integrität der Sicherheitsbehörden strukturell in Frage zu stellen, sei nicht gerechtfertigt. Man wisse von Einzelfällen, denen man mit aller Härte des Rechtsstaats nachgehe. Doch gerade in der jetzigen Zeit müssten Politiker hinter der Arbeit von Polizistinnen und Polizisten stehen, sagte der SPD-Politiker.
Esken hatte von einem latenten Rassismus in den Reihen der Polizei gesprochen und eine unabhängige Beschwerdestelle zur Aufklärung entsprechender Fälle gefordert.
Gewerkschaften werfen Esken Populismus vor
Gewerkschaften der Polizei wandten sich gegen solche Äußerungen. Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Wendt, sagte der Deutschen Presse-Agentur, er sehe in der Polizei erheblich weniger Rassismus als in der Gesamtbevölkerung. Die Organisation habe sich in der Vergangenheit als rechtsstaatliche und demokratische Institution erwiesen, die die Würde des Menschen ins Zentrum ihrer Arbeit stelle.
Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Schilff, erklärte, den Beamten eine rassistische Grundhaltung vorzuwerfen, sei abwegig und trage populistische Züge.
CDU-Generalsekretär Ziemiak sagte der Deutschen Presse-Agentur, nötig sei eine differenzierte Debatte statt Pauschalurteile über die Arbeit der Polizei. Für seine Partei stehe außer Frage, dass Rassismus überall konsequent bekämpft werden müsse und kein Einzelfall zu verharmlosen sei. Man dürfe die Diskussion aus den USA jedoch nicht eins zu eins übertragen. Ziemiak fügt hinzu, er fordere alle demokratische Kräfte auf, für mehr gesellschaftliche Akzeptanz und für Vertrauen in die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten einzutreten.
„Latenter Rassismus“
Esken hatte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe gesagt, auch in Deutschland gebe es latenten Rassismus in den Reihen der Polizei. Die große Mehrheit der Polizeibediensteten stehe solchen Tendenzen aber kritisch gegenüber und leide unter dem potenziellen Vertrauensverlust, der sich daraus ergebe, betonte die SPD-Vorsitzende. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass der polizeiliche Korpsgeist über den Rechten von Bürgerinnen und Bürgern stehe.
Die Grünen sowie die Linkspartei sprachen sich für die Einrichtung eines Polizeibeauftragten des Bundestages aus.
Auch das Antidiskriminierungsgesetz in Berlin steht weiter in der Kritik. Dort müssen Beamte bei entsprechenden Vorwürfen künftig nachweisen, dass sie nicht diskriminiert haben. Anderenfalls drohen Strafzahlungen. Einige Bundesländer wie etwa Bayern kritisieren das neue Gesetz und fürchten negative Auswirkungen auf die Arbeit von Polizei und Behörden.
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