Zitat:
...
Belegt ist die Existenz von Bordellen, damals auch „Frauenhäuser“ genannt, in der Stadt Hamburg seit 1428. Zu der Zeit gab es acht Bordelle am Kattrepel, einer kleinen Straße in der Nähe des Beginenkonvents. An diesen Frauenhäusern verdiente der Stadtrat mit, da die Buden von der Stadt vermietet wurden. (57)
Etwa sechzig Jahre später wurden die Bordelle in die Neustraße, der heutigen Altstädter Straße, verlegt. Neben der Prostitution am Kattrepel gab es noch eine nicht unbedeutende „freie“ Prostitution, welche in Gasthäusern, Privatquartieren und auf der Straße stattfand. Diese „freien“ Prostituierten stellten eine Konkurrenz für die Bordelle dar, zudem wurde durch sie die eigentlich als Sünde betrachtete Prostitution auf der Straße sichtbar. Aus diesen Gründen wurden Prostituierte seit dem Ende des 15. Jahrhunderts vermehrt diskriminiert. Ziel war es einerseits, die Prostituierten bereits auf der Straße eindeutig von den „ehrbaren Hausfrauen“ unterscheiden zu können und andererseits, die Prostituierten von den Plätzen fernzuhalten, an denen sich viele „ehrbare“ Bürger aufhielten, beispielsweise Kirchplätzen (Vgl. Quelle 8). (58) Seit dem 15. Jahrhundert erließ der Hamburger Stadtrat besondere Kleiderordnungen für „wandelbare“ und auch für „berüchtigte“ Frauen, die sich äußerlich deutlich von den „ehrbaren“ Frauen abheben sollten. „Wandelbare“ Frauen mussten beispielsweise an ihrer Haube ein daumendickes gelbes Band befestigen, welches über die gesamte Haube zu reichen hatte (Vgl. Quelle 9).
Den „berüchtigten Frauen“ waren Schmuck und Zierwerk verboten.
Diese Regelung galt auch für Frauen, die zum Beispiel nach der Geburt eines unehelichen Kindes heirateten. Es war einer Frau also nicht einmal durch eine Heirat möglich, einmal begangene sexuelle Fehltritte wieder gut zu machen.
Einmal im Jahr sollten die Prostituierten durch die Straßen getrieben und eventuell sogar in ein Frauenhaus eingewiesen werden (Vgl. Quelle 8.). (59)
Die Ursachen, die dafür verantwortlich waren, dass eine Frau in die Prostitution geriet, sind nicht im Einzelnen bekannt. Vermutlich trugen materielle Not und ein sozialer Verruf dazu bei, dass eine Frau sich prostituierte, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Die Tatsache, dass Prostituierten das Tragen von Schmuck und Zierwerk „gleich ehrbaren Frauen“ verboten war, lässt darauf schließen, dass sie in Einzelfällen durchaus reich werden konnten. (60)
Quelle 8: Hamburger Bestimmungen für Prostituierte von 1483
“Die gemeinen wandelbaren Frauen betreffend, so will ein Rat denn ernstlich und bestimmt eingehalten haben, daß sie auch keine Kirchhöfe oder Hauptstraßen, wo täglich Bürger und Bürgerinnen, Jungfrauen, Frauen und Männer zur Kirche gehen, bewohnen sollen; man soll ihnen auch in solchen Straßen keine Häuser, Kammern oder Buden noch Keller verhuren (=vermieten); wer das tut, der soll das nach Belieben des Rates büßen.
Eine Frau, die berüchtigt ist, so daß es in den Straßen, Badstuben und Mühlen bekannt ist, die soll keine Zierung wie andere ehrbare Frauen tragen; wenn eine dagegen verstößt, soll man es ihr nehmen lassen zu der Stadt Behuf.
Welche berüchtigte Frau einen Mann zur Ehe nimmt, und will unter dem Schein wie ehrbare Frauen gehen, das soll nicht sein; wenn sie wie die ehrbaren Frauen mit Zierung gehen will, die Zierung soll auch verboten sein.
Einer Magd, die berüchtigt ist, so daß es bekannt ist, soll man die Haube senden, und sie soll danach nicht anders gehen.
Auch begehren die Bürger, daß man einmal jährlich mit dem Banner herumgehe und die gemienen Huren an einen geziemenden Ort bringen.“ (Möglicherweise war hiermit die Zwangseinweisung in das städtische Bordell gemeint. Dort standen die Prostituierten unter Aufsicht des sogenannten Frauenwirts (oder der -wirtin). Die mittelalterlichen Bordelle zahlten Abgaben an die Stadt, so daß der Rat von der Prostitution profitierte. Aus süddeutschen Städten sind Zwangseinweisungen überliefert.)
Rezess von 1483 (Lünig, S. 963).
...