Jeden Tag kommen 8000, wollen einen Pass – und am liebsten so schnell es geht nach Deutschland.
Viele der Antragsteller kommen schon morgens um 2 Uhr, um in der Schlange einen vorderen Platz zu bekommen, dann warten sie 12 Stunden, manchmal noch mehr. Die Afghanen haben hier, am Pass-Amt von Kabul, nur ein Ziel: Einen Pass zu bekommen, mit dem sie das Land schnell verlassen können!
Es ist 8 Uhr früh, als wir das Amt besuchen. Polizisten mit Waffen bewachen die verschiedenen Straßen, die zu einer Halle führen, wo die Dokumente ausgegeben werden. Männer auf der einen Seite, Frauen und Kinder auf der anderen. Sie warten alle in der brütenden Hitze Kabuls.
Es herrscht völliges Chaos!
In der Halle brüllt ein Angestellter per Mikrofon einen Namen nach dem anderen, stempelt ab, überprüft die Dokumente.
Faisala (20) sagt zu BILD: „Ich will einen Pass und das Land verlassen! Der Krieg ist grausam und die Taliban töten immer weiter. Wie soll ich hier leben? Am liebsten würde ich so schnell es geht nach Deutschland!“
Mahamdula (22): „Ich bin hier, um meinen Pass zu erneuern, ich habe Angst um mein Leben, die Sicherheitslage ist katastrophal. Ich will erst in die Türkei, dann nach Deutschland.“ Warum nach Deutschland? „Weil Deutschland ein gutes Land ist!“
Vielen, mit denen wir sprechen und die Afghanistan verlassen wollen, fällt als Zielland als erstes Deutschland ein. So viel hat 2021 mit 2015 schon jetzt gemeinsam.
Im Pass-Amt war vor der Taliban-Offensive Normalbetrieb, wenn es besonders voll war, dann kamen 2000. Jetzt sind es 8000 Menschen hier - jeden Tag!
Die Chefin des Pass-Amts erklärt uns: „Viele Afghanen aus den ländlichen Regionen haben keinen Pass, insbesondere in den Dörfern, wo Taliban geherrscht haben oder herrschen. Sie wollen sich jetzt absichern und für den Ernstfall gewappnet sein.“
Allerdings wirken die Afghanen, die auf ihren Pass warten, nicht so, als würden sie noch warten wollen. Tatsächlich gab es in den vergangenen Tagen bereits mehrere Vorfälle an der afghanisch-iranischen und der türkisch-iranischen Grenze. Das ist der Landweg, den viele der Menschen nehmen und für den sie mehrere tausend Euro bezahlen.
Türkische Sicherheitskräfte haben in der letzten Woche fast 1500 Flüchtlinge, die meisten von ihnen Afghanen, nahe der südöstlichen Grenze zum Iran festgenommen, sagten Beamte inmitten der zunehmenden Gewalt in Afghanistan.
Videoaufnahmen haben große Flüchtlingsgruppen im Grenzgebiet gezeigt, obwohl die türkische Regierung sagt, dass es noch keinen Anstieg der Zahl gegeben hat.
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