Mediziner warten auf Geld für Behandlung von Flüchtlingen
Krankenkassen übernehmen die Kosten, wenn der Arzt bei Schnupfen, Knochenbrüchen oder Diabetes hilft. Bei Flüchtlingen ist das nicht so einfach. Sie werden normalerweise nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzen behandelt. Und dann zahlen nicht die Krankenkassen, sondern die Kommunen oder das Land. Doch oft stottert dieses System.
Einige niedergelassene Ärzte in Thüringen haben offene Rechnungen. Rund 300.000 Euro müssten sie eigentlich von den Kommunen für die Behandlung von Flüchtlingen allein im ersten Quartal 2016 noch bekommen.
Das Problem gibt es ist nicht nur in Thüringen. Auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Sachsen-Anhalt berichtet von solchen Fällen. Ingo Mohn, Sprecher der KV Sachsen, erklärt, dass die Abrechnung meistens an formalen Hürden scheitere.
Zum Beispiel, wenn der Asylsuchende keinen behördlichen Behandlungsschein habe. Denn in den ersten 15 Monaten nach Ankunft gilt: Erst zum Amt, dann zum Arzt – zumindest, wenn es kein Notfall ist.
Bürokratie mit BehandlungsscheinMohn gibt ein Beispiel:
"Auf dem Schein steht, der Patient habe sich bis zum 16. vorzustellen. Er erscheint aber am 17. Die Behandlung ist medizinisch notwendig, sachgerecht, erfolgt aber einen Tag später."
Wegen dieses einen Tages erstattet die Kommune die Kosten nicht. Das sei formal richtig, sagt Mohn.
Im Sinne der Angelegenheit ist es aber unverhältnismäßig, denn niemandem ist ein Schaden entstanden und nachträglich ist zusätzlicher Verfahrensaufwand verursacht worden.
<footer><cite>Ingo Mohn, Sprecher der KV Sachsen</cite></footer>
Es gibt aber auch andere Gründe, warum die Ärzte auf den Kosten für die Behandlung sitzen bleiben:
Wenn Flüchtlinge keine Papiere haben. Oder wenn sie sich am falschen Ort behandeln ließen, sagt Wolf Groneberg vom Sächsischen Landkreistag. "
Die Asylbewerber haben keine Residenzpflicht. Sie haben das Recht, im ganzen Bundesgebiet Verwandte zu besuchen und zu reisen. Sie gehen natürlich dort zum Arzt, wo sie krank werden." Das Problem sei, dass nicht dieser Landkreis für die Kosten zuständig sei, sondern der, bei dem sie gemeldet sind.
Veraltete VerträgeDie Verträge, auf deren Grundlage die KV Sachsen die Behandlung bei den Kommunen abrechne, seien zudem veraltet, sagt Groneberg. Sie stammen aus dem Jahr 1992. Dazwischen gab es zwei Gebietsreformen. Mancher Landkreis von damals existiert heute gar nicht mehr.
Wie viele offene Rechnungen sich in Sachsen aufgestaut haben, ist nicht klar. Groneberg spricht von Einzelfällen: "In größerem Umfang habe ich diese Probleme gar nicht gehört. Wir sind jetzt erst durch den Vertragsentwurf der KV Sachsen darauf aufmerksam gemacht worden, dass das uneinheitlich ausgeübt wurde und da ein Vereinheitlichungsbedarf besteht."
Neuer Vertrag in ArbeitDeshalb arbeiten Ärzte und Landkreise an einem neuen Vertrag. Da könnte zum Beispiel drin stehen, dass die Kommune zahlen muss, in der der Asylsuchende zum Arzt gegangen ist.
Die elektronische Gesundheitskarte für Flüchtlinge ist in Sachsen indes vom Tisch. Das sei technisch zu aufwendig gewesen, begründet Groneberg die Entscheidung. Er sei aber zuversichtlich, dass sich der Landkreistag mit der KV bald auf ein weniger bürokratisches Prozedere einigen werde.