Geschönte Noten und Zeugnisse, zu geringe Anforderungen und zu wenig Inhalt. Der ehemalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus (73), rechnet in BILD mit dem deutschen Schulsystem ab.
Kraus deutlich: „Die Schulen betrügen und verwöhnen unsere Kinder mit geschönten Noten und Zeugnissen.“
Kraus’ fünf Thesen, was an deutschen Schulen eklatant falsch läuft:
„Bildung geht nicht ohne Anstrengung“
Kraus’ erster Punkt: „Die Ansprüche wurden in allen Bildungsbereichen gesenkt.“
▶︎ Während der Grundwortschatz Anfang der 90er-Jahre noch 1300 Wörter zum Ende der 4. Klasse umfasst habe, seien es jetzt 700 bis 800. „Das ist lächerlich“, so Kraus. „Das Schreiben von mehreren Zeilen Text ist ‚out‘; die Schüler stöpseln Lückentexte zu oder kreuzen ‚Multiple-Choice‘-Antworten an. Rechtschreibung wird nahezu nicht mehr gewertet.“ Gleichzeitig würden 40 bis 50 Prozent mehr Fehler gemacht.
Weiter kritisiert er: Der Zugang zum Gymnasium ist in den meisten Bundesländern an keinerlei Voraussetzungen mehr gebunden. „Die Noten werden inflationär immer besser.“
Kraus fordert: „Bildung geht nicht ohne Anstrengung, das muss den jungen Leuten wieder vermittelt werden.“ Und: „Der Unterricht muss wieder fordernd und straff werden – mehr Inhalte, mehr konkretes Wissen, mehr Können.“
„Ehrliche Notengebung statt Discount-Bewertungen“
„Die Noten sind zu gut. War früher eine 2,0 im Abitur eine Spitzennote, so ist das heute gerade mal Mittelmaß“, so Kraus.
Seine Forderung: „Wir brauchen wieder eine ehrliche Notengebung statt Discount-Bewertungen. Schüler müssen ehrliche Rückmeldung auf ihre Leistungen bekommen – auch wenn es mal unangenehm ist. Pampern bringt nichts!“
„Bildung beginnt im Elternhaus“
„Drittens: Bildung beginnt im Elternhaus. Eltern müssen mit ihren Kindern reden, lesen, Sport machen, in die Natur gehen. Das kann und muss jedes Elternhaus leisten, unabhängig vom sozialen Status.“
Verpflichtender Deutschtest vor der Einschulung
„Viertens: Schulen sind überfordert von der seit Jahren real praktizierten Zuwanderungspolitik. Es ist nachgewiesen, dass in Klassen mit mehr als 30 Prozent Migrantenanteil das Leistungsniveau signifikant sinkt. Dabei haben viele Schulen gerade in Ballungsgebieten oft mehr als 80 Prozent Migrantenanteil.“
Die Forderung des ehemaligen Gymnasialdirektors: „Vor der Einschulung müssen alle Kinder einen verpflichtenden Deutschtest absolvieren.“
Am Freitag war der Fall einer Grundschule in Ludwigshafen bekannt geworden: Wohl gleich 40 von insgesamt 132 Erstklässlern müssen das Schuljahr wiederholen, die finale Entscheidung fällt im Laufe des Schuljahrs. „Die extrem hohe Zahl ist erschreckend. Im vergangenen Jahr waren es 23 oder 24“, so Rektorin Barbara Mächtle.
Ein Grund für die schlechte Sitzenbleiben-Bilanz: Oft sprechen die Kinder schlecht Deutsch oder kommen aus bildungsfernen Familien, meist waren die Kinder nur kurz oder gar nicht in einem deutschen Kindergarten.
„Viele sagen, die Eltern sollen mal machen, aber die geben meist ihr Bestes. Ich habe Kinder, die waren zwei Jahre auf der Flucht. Da war nicht viel mit Schule“, so Mächtle.
Eklatanter Lehrermangel
Kraus’ fünfte These: „Die Schulminister haben bei der Personalplanung versagt.“
Die Folge: ein eklatanter Lehrermangel in weiten Bereichen, so der ehemalige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes. „Das war absehbar! Wir wissen auf einige Jahre hinaus, wie viele Lehrer in Rente gehen und wann wie viele Schüler eingeschult werden. Die Folgen sind Gift für die Schule und die Schülerschaft: vor allem Kürzungen des Unterrichts, größere Klassen, weniger individuelle Förderung.“
Allerdings: „Das Problem lässt sich auch nicht kurzfristig lösen. Es gibt maximal Übergangslösungen, wie aufgestockte Teilzeitlehrer, Rentner und Quereinsteiger.“
Kraus fasst zusammen: „Wir müssen den Kindern wieder mehr zutrauen – und zumuten, was Anforderungen und Inhalte angeht!“
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