3 Jahre SOS MEDITERRANEE e.V. – Beitrag von Kapitän und Gründer Dr. Klaus Vogel Liebe Mitglieder und Unterstützer*innen von SOS MEDITERRANEE!
Heute vor drei Jahren, am 9. Mai 2015, dem Europatag, haben wir in Berlin im „Haus der Kulturen der Welt“ das internationale Netzwerk SOS MEDITERRANEE gegründet – eine zivile Organisation für die Rettung von Menschen im Mittelmeer mit Unterstützer*innen aus ganz Europa. Wir haben alle Kraft darangesetzt, mit einem großen Rettungsschiff ins Mittelmeer zu fahren, um dort die Menschen zu retten, die auf der Flucht vor Armut, Hunger und Gewalt in Seenot sind. Nach einer großartigen Fundraising-Aktion in Deutschland und Frankreich konnten wir am 22. Dezember 2015 den Chartervertrag für die Aquarius unterschreiben. Mit dem ehemaligen Fischereischutzboot sind wir von Sassnitz auf Rügen aufgebrochen und über Bremerhaven, Marseille, Palermo und Lampedusa in das Seegebiet vor der Küste von Libyen gefahren. Seit dem 26. Februar 2016 sind wir dort im Einsatz mit unserem SOS MED-Rettungsteam und dem medizinischen Team – zuerst von „Médécins du Monde“ und seit Mai 2016 in Partnerschaft mit „Ärzte ohne Grenzen“.
Nach 10 Tagen auf hoher See hatten wir am 7. März 2016 unseren ersten Rettungseinsatz: 68 Menschen in einem langen grauen Schlauchboot. Die 58 Männer und 10 Frauen auf dem unsicheren Boot hatten Todesangst. Auf der Flucht durch die Sahara und in Libyen haben sie Schreckliches erlebt. In das Boot sind sie mit Gewalt gezwungen worden. Später erfahren wir, dass beim Einsteigen mehrere der Flüchtenden getötet wurden. Einige von ihnen sind krank, mindestens einer ist verletzt. Alle kommen aus Afrika südlich der Sahara, aus Gambia, Senegal, Mali und Sierra Leone. Sie sind barfuß, hungrig und ohne Besitz. Auf der Aquarius sind sie zum ersten Mal nach langer Zeit in Sicherheit.
Seit diesem ersten Einsatz sind wir mit der Aquarius mehr als zwei Jahre lang ununterbrochen zwischen Lampedusa und Libyen unterwegs.
In mehr als 200 Rettungseinsätzen haben wir mehr als 28.000 Menschen sicher aufgenommen und nach Absprache mit der Rettungsleitstelle in Rom nach Italien gebracht. Inzwischen unterstützen vier Vereine von SOS MEDITERRANEE in Deutschland, Frankreich, Italien und der Schweiz die Rettungsarbeit der Aquarius und berichten fast täglich über die Lage der Flüchtenden im Mittelmeer.
Manchmal sind wir zu spät gekommen und mussten Boote retten, die bereits im Sinken waren. Wir mussten Tote bergen, die auf der Überfahrt gestorben waren, und Ertrunkene aus dem Wasser ziehen. Die Tätigkeit von SOS MEDITERRANEE und der anderen zivilen Rettungsorganisationen ist der verzweifelte Versuch, die Rettung der Flüchtenden im Mittelmeer nach dem Abbruch der italienischen Seenotrettungsoperation „Mare Nostrum“ fortzusetzen.
Es kommen weiterhin Flüchtlingsboote über See. Diese Menschen sind in höchster Lebensgefahr, ihre Lage ist katastrophal. Ihre Rettung ist eine humanitäre Pflicht und duldet keinen Aufschub.
Unsere Forderungen an die europäische und internationale Politik:
- die Rettungsmaßnahmen im zentralen Mittelmeer müssen unterstützt und drastisch erhöht werden. Die Arbeit der zivilen Organisationen ist ein Beitrag um die Todesfälle auf See zu verringern. Eine Lösung aber sind wir nicht.
- die geretteten Personen müssen gemäß internationaler Vorschriften in einen sicheren Hafen gebracht werden. Libyen zählt nicht dazu;
- die Kriminalisierung ziviler Organisationen, deren einziges Ziel das Retten von Menschen auf See ist, muss beendet werden;
- der Schutz und die Wahrung des menschlichen Lebens und der Würde müssen auch auf See Vorrang haben
Die europäische Zivilgesellschaft hat sich in den vergangenen drei Jahren massiv für Flüchtende im Mittelmeer eingesetzt und so den Tod Tausender Menschen verhindert.
Um weiterhin Schutzsuchende im Mittelmeer aus akuter Lebensgefahr zu retten und über ihre Schicksale zu berichten, bitten wir um Ihre nachhaltige Unterstützung. Bleiben sie bei uns – Werden Sie Fördermitglied von SOS MEDITERRANEE.
Ihr Klaus Vogel
Kapitän und Gründer von SOS MEDITERRANEE
Klaus Vogel ist Kapitän und Historiker. Nach dem Ende des italienischen Seenotrettungsprogramms „Mare Nostrum“ gründete er 2015 gemeinsam mit Mitstreiter*innen aus ganz Europa die europäische Seenotrettungsorganisation SOS MEDITERRANEE. Klaus Vogel ist Gründungsvorsitzender des deutschen Vereins.