Mutter des toten Jussef spricht in B.Z.
08. März 2012 08.31 Uhr, B.Z. Nach dem Bolzplatz-Drama sagt Majda El-A.: "Bin sicher, dass mein Sohn nur schlichten wollte."
Der Mann, der ihm das Messer ins Herz rammte, soll aus Notwehr gehandelt haben. Jussefs Mutter nennt ihn trotzdem den Mörder ihres Sohnes. Majda El-A. ist überzeugt, dass ihr Junge nach dem Bolzplatzstreit nur schlichten wollte.
Am Sonntagabend war der 18-Jährige bei einer Schlägerei in
Neukölln erstochen worden. Erstmals nach den Ereignissen findet die Mutter Kraft, über ihre Trauer und über ihre Wut zu sprechen.
„Er war wirklich ein guter Junge“, sagt Majda El-A. „Er hat in seinem jungen Leben Fehler gemacht, aber
er hat aus ihnen gelernt.“
Jussef arbeitete als Kiezstreife, sollte für Ordnung und Sicherheit sorgen. Eine vom Jobcenter finanzierte Maßnahme. Er engagierte sich außerdem im Jugendbeirat des Quartiersmanagements in der Weißen Siedlung Dammweg. So heißt das Plattenbauviertel an der Sonnenallee.
„Er ging in seiner Aufgabe auf, konnte gut vermitteln. Jussef wollte beweisen, dass nicht alle Araber schlecht sind.“ Auch Majda El-A. engagiert sich. Sie ist eine von 140 Stadtteilmüttern in Neukölln. Die Frauen werden dort aktiv, wo Sozialsysteme versagen, vermitteln zwischen Familien und Ämtern. Und sie ist auch im Elternbeirat des Quartiermanagements.
Die Mutter will helfen, Vorurteile gegen Migranten abzubauen. „Das wollte Jussef auch.“ Majda El-A. ist traurig, dass es in der Öffentlichkeit so aussehen könnte, als wäre ihr Sohn selbst schuld an seinem Tod.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass er am Sonntag schlichten wollte. Dass er dazwischenging, um eine Eskalation zu verhindern. Dass er den Streit friedlich klären wollte.“
Nach der Auseinandersetzung wegen einer Roten Karte auf dem Bolzplatz waren mehrere Jugendliche vor das Haus von Oliver H. (39) in die Fritzi-Massary-Straße gezogen. Sie warfen mit Steinen, hatten Messer und Schlagstöcke dabei. Jussef konnte nicht schlichten, es kam zur Schlägerei. Im Gerangel stach Sven N. (34), ein Kumpel Olivers, mit einem Küchenmesser zu. Aus Notwehr, glaubt die Staatsanwaltschaft.
Sven N. selbst wurde schwer verletzt. Er erlitt zwar keinen Schädelbruch, wie ursprünglich angenommen, aber Rippenbrüche. Er steht unter Polizeischutz, wurde aus Angst vor Rache an einen geheimen Ort gebracht. Auch Oliver H. war seit Sonntag nicht mehr zu Hause.
Am Freitag wird Jussef auf dem islamischen Friedhof am Columbiadamm beerdigt.