René Zeyer (Basler Zeitung) schreibt:
In Chemnitz wurde vergangenen Montag ein Zeichen gesetzt. Ein Zeichen gegen Rechtsradikale, Neonazis, Flüchtlingsgegner und Ausländerfeinde. Gegen Hetzer, Populisten, gegen Gewalt. Gegen rechte Gewalt. Gegen Hetzjagden, Lynchmobs und Pogrome. Es wurde ein Konzert veranstaltet unter dem Motto «wir sind mehr».
Das fand breite Zustimmung, vom deutschen Bundespräsidenten hinunter bis zu einem Schweizer Korrespondenten, der sich im Vorfeld nicht entblödet hatte, zu behaupten, dass in Chemnitz die deutsche Rechte «die Machtfrage» stelle. Das dem Guten und Besseren verpflichtete neue Justemilieu in Medien und Politik war also auf Betriebstemperatur, nämlich im höchsten Erregungszustand. Es geht um nichts weniger als: «Stoppt die Nazis jetzt.» Wie gut, dass hier nun gegen braune Fäuste, gegen prügelnde Glatzen, gegen primitive Rechtsrocker gezeigt wurde, wie überlegen humanistisches Liedgut sein kann.
Welche Welten liegen hier zu Songtexten wie: «Ich ramm die Messerklinge in die Journalisten-Fresse.» Das ist so widerlich, dass ich es bei einem weiteren Liedzitat bewenden lasse: «Ich fick sie grün und blau, wie mein kunterbuntes Haus. Nicht alles, was man oben reinsteckt, kommt unten wieder raus.» Man muss schon ein militanter Anhänger der künstlerischen Freiheit sein, wenn man solchen Texten nicht mit der erhobenen Faust oder zumindest einer Anzeige begegnet. Wie ist es nur möglich, dass so etwas zum Liedgut von Musikgruppen gehört, die vor über 60’000 Menschen sangen?…
…Wie verblödet kann man beim Versuch, die Wirklichkeit so hinzurücken, wie sie einem passt, eigentlich sein? Ersetzen wir doch nur den Begriff «Hetzjagden auf Ausländer» durch «Hetzjagden auf Rechtsradikale». Wollen wir uns vorstellen, was in den Medien abginge, würde diese Behauptung von konservativen Publizisten aufgestellt und sich als zumindest schwer übertrieben herausstellen? Wollen wir nicht. Während die Medien einmal mehr ihre wichtigsten Assets, Vertrauen und Glaubwürdigkeit, in die Tonne treten, dabei unterstützt von Politikern, die meinen, indem man den Boten köpft, habe man seine Nachricht gekillt, zeigen alle Teilnehmer an dem Solidaritätskonzert und alle, die das uneingeschränkt gut finden, etwas noch viel Schlimmeres: abgründige Heuchelei.
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Alles was von links kommt, ist in Ordnung ganz gleich wie hasserfüllt die Texte sind. Auch die „Toten Hosen“ zeigen sehr viel Verständnis, wenn Gewalt von links ausgeht. In ihrem Lied „Hier kommt Alex“ kann man sich davon überzeugen. Und im Titel „Bonnie und Clyde“ zeigen die „Hosen“ sehr viel Sympathie, wenn es um Polizistenmorde geht. Besorgniserregend ist, dass nun eine völlig durchgedrehte, hysterisch Generation an die Hebel der Macht gekommen ist. Schwachköpfe, die nichts auf die Reihe bekommen aber ein großes Maul haben.