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  • 90 Jahre Türkei und alles vergebens?

    Am 29.10.1923 rief Atatürk die Türkische Republik aus. Er beerdigte damit auch offiziell das Osmanische Reich, welches faktisch seit 1918 nur noch nominell existierte.
    Atatürk würde sich im Grab herumdrehen, wüsste er, dass ausgerechnet ein Ministerpräsident einer islamischen Partei den 90ten Geburtstag für die eigene Politik nutzen würde. Geschickt verknüpft Erdogan modern anmutende Entwicklungen mit einer rückwärts gewandten Islamisierungspolitik. So wurde nicht von ungefähr der Tunnel unter dem Bosporus an genau diesem Tag eingeweiht. Mit viel Trara und Propagandagetöse streichelte Erdogan die Seele der Türken. Der Normalbürger glaubt nur zu gerne, dass sein Land auf dem Weg an die Weltspitze ist und erfreut sich an den technischen Errungenschaften, für die zwar Japan verantwortlich ist, aber von den Türken gerne als eigene Leistung in Anspruch genommen wird. Erdogan nutzte die Propagandashow und erlaubte in deren Windschatten den weiblichen Parlamentariern das bisher verbotene Kopftuch tragen zu dürfen. Das ging erstaunlich geräuschlos über die Bühne, Proteste gab es kaum. Erdogan freut sich über seinen Coup und macht den nächsten Schritt. Nun sollen Studenten und Studentinnen voneinander getrennt in Wohnheimen leben. Der erste Schritt zur öffentlichen Geschlechtertrennung ist damit getan. Erdogan hebelt nach und nach die Reformen Atatürks aus. Was Erdogan von Atatürk hält, konnten die erstaunten Türken erst vor einigen Monaten erleben, als in der Alkoholdebatte Erdogan öffentlich im Parlament sagte, dass zwei Alkoholiker für die liberale Gesetzgebung verantwortlich sind. Gemeint waren damit Atatürk und dessen Weggefährte und Nachfolger Ismet Inönü. So etwas hat vor Erdogan noch kein türkischer Politiker zu sagen gewagt. Nach und nach demontiert Erdogan den Staatsgründer und die meisten Türken sehen dem teilnahmslos zu. Erdogan hat aus der Türkei einen Polizeistaat gemacht und er setzt diese Polizei mit zunehmender Skrupellosigkeit gegen Demonstrationen ein, die gegen ihn gerichtet sind. Die Opposition ist schwach und nach jüngsten Umfragen kann Erdogans Partei, die AKP, bei den nächsten Wahlen in 5 Monaten mit rund 54% der Stimmen rechnen. Erdogan sitzt fest im Sattel und da er noch keine 60 ist, kann er durchaus die türkische Politik der nächsten 20 Jahre dominieren. Sein Ziel, eine islamische Türkei, dürfte er dann erreicht haben.
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